Schwarzkittel
Spinner.«
Wir verließen den Schuppen und gingen in das Haupthaus. Eine schmale Treppe führte uns in den Keller. Jacques schloss eine Stahltür auf und schaltete das Licht an. Der Raum war gerammelt voll mit seinen unzähligen Erfindungen.
»Schau mal da unten auf dem Regal«, Jacques deutete in die entsprechende Richtung. »Die habe ich kürzlich beim Aufräumen gefunden. Ganz recht, die Cola-dose meine ich.«
Ich nahm die Büchse in die Hand und bemerkte sofort das hohe Gewicht, obwohl der Metallverschluss fehlte und sie daher leer sein müsste.
»Na, fällt es dir wieder ein?«
In diesem Moment fiel bei mir der Groschen. Die Coladose war ein Spickzettel, den ich während mei ner Schulzeit zusammen mit Jacques gebaut hatte. Ich drehte sie um und schaute mir das längst verschollen geglaubte Exemplar an. Die Unterseite hatten wir entfernt, um die Technik unterbringen zu können. In die Dose hatten wir auf halber Höhe ein Stück Holz waagerecht zwischen die Außenwände geklemmt. Darauf war im rechten Winkel zu dem Holzstück eine Schraube befestigt, deren Kopf sich einen Millimeter unter der Innenseite auf halber Höhe der Dose befand, diese also gerade so nicht berührte. Auf der Unterseite des Holzstückes war eine Batterie, auf der Oberseite ein kleines Glühlämpchen befestigt. Das Ganze war so verdrahtet, dass ein leichter Druck auf die Außenseite der Dose genügte, um über den Schraubenkopf einen Kontakt herzustellen und den Stromkreislauf zu schließen. Dadurch leuchtete das Lämpchen im Innern der Dose auf. Auf der Innenwand der Büchse wurde zum Schluss der Spickzettel befestigt.
So hatte ich bei den Klassenarbeiten ganz entspannt auf meinem Platz gesessen, immer die unauffällige Dose in Griffnähe. Wie zufällig hatte ich sie im Bedarfsfall leicht gedrückt und durch die Trinköffnung die Lösung im hell erleuchteten Innern ablesen können. Das ging über ein Schuljahr lang gut. Einmal hatte sogar ein Lehrer die Dose hochgehoben, weil er darunter einen Spickzettel vermutete. Doch er hatte nichts bemerkt.
»Das waren noch Zeiten«, sagte ich mehr zu mir selbst.
Jacques lachte. »Das war doch ein sehr anschaulicher Physiknachhilfeunterricht gewesen, oder nicht?«
»Ich weiß, von dir habe ich damals viel gelernt.«
»Deine Eltern waren früher allerdings nicht immer dieser Meinung. Sie hatten ständig Angst, wir würden eines Tages den ganzen Straßenzug in die Luft sprengen.«
Ich nickte. »Weißt du noch, wie die ganze Nachbarschaft in Panik geriet, nur weil eine kleine blaue Wolke aus deinem Labor entwich?«
»Oh ja, mein Indigoexperiment ging damals ziemlich in die Hose. Na egal, komm mal rüber, hier steht das Gerät.«
Bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich zwar aus früheren Gesprächen, dass mein Freund diese IS-Kanone erfunden hatte, doch ich hatte sie bisher weder gesehen, noch hatte ich eine Ahnung, wie sie aussehen könnte. Allein die spektakuläre Wirkung hatte er mir erklärt. So, wie sie jetzt vor mir stand, hätte ich sie mir aber auf keinen Fall vorgestellt. Die Kanone war ein schwarzer Metallwürfel mit ungefähr 50 Zentimeter Kantenlänge. Auf jeder Seite war eine lautsprecherähnliche Einbuchtung zu erkennen. Daneben schauten zahlreiche kleine chrombeschlagene Röhren etwa einen Zentimeter weit aus dem Gehäuse heraus, die mich stark an die Enden von Trinkhalmen erinnerten.
»Das ist diese sagenhafte Waffe, die angeblich niemand vor dir gebaut hat?«
»So ist es, Reiner. Mit dem Ding kannst du zwar nicht die Welt erobern, innerhalb ihres Einsatzgebietes ist sie dennoch unschlagbar.«
»Und wie schaltet man diesen Würfel ein?«
»Auf keinen Fall hier unten im Keller. Eingeschaltet wird sie über eine Fernbedienung. Man sollte es tun lichst vermeiden, im aktiven Zustand in ihre Nähe zu kommen.«
»Wie weit sollte ich mich denn auf jeden Fall entfernen?«
»Nicht allzu weit. Es gibt nämlich ein kleines Problem mit dem Maschinchen, und zwar den exorbitanten Stromverbrauch. Zwei Drittel des Würfels bestehen ausschließlich aus Akkus, was die Leistung leider stark vermindert. Ich empfehle dir aber, nicht näher als zehn Meter an dieses Gerät ranzugehen. Überhaupt sollte sich niemand im Umkreis von zehn Metern aufhalten. Wie gesagt, innerhalb dieser Entfernung kann ich für nichts garantieren.«
»Ab dieser Grenze ist es dann harmlos?«, fragte ich etwas ernüchtert.
»Nein, ganz und gar nicht. Mithilfe dieser Dinger hier sollte es aber einigermaßen auszuhalten
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