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Schwarzlicht (German Edition)

Schwarzlicht (German Edition)

Titel: Schwarzlicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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festhalten?»
    Schweigen im Raum.
    «Aber …», setzte Vincent zum Widerspruch an.
    «Es ist niemandem gedient, wenn alle Welt über Walter Castorp spekuliert. Der Mann kandidiert ohnehin nicht mehr.»
    «Sie meinen, es wäre Ihrer Partei und Innenminister Driesbach nicht gedient.»
    «Herr Veih!», mahnte Thann.
    «Ohne mich», beharrte Vincent.
    Schindhelm blickte seinen Sprecher an.
    «Um ehrlich zu sein», begann Braun, «ich fürchte, die Medien würden daraus den nächsten Skandal stricken, sobald herauskommt, dass wir ihnen nicht die ganze Wahrheit erzählt haben.»
    «Würde es herauskommen?»
    «Früher oder später.»
    Kilian sagte: «Ich plädiere ebenfalls dafür, der Öffentlichkeit reinen Wein einzuschenken.»
    Schindhelm schnaufte und griff sich an den Krawattenknoten. «Können wir wenigstens das M-Wort vermeiden?»
    «Was halten Sie von ‹Verdacht auf Fremdverschulden›? Das wäre sozusagen der Oberbegriff von Mord, Totschlag und Körperverletzung mit Todesfolge.»
    «Darunter geht es wirklich nicht?»
    Kilian blickte Vincent an.
    Vincent schüttelte den Kopf.
    Wieder war es still. Pressesprecher Braun sah auf die Uhr. «Wir sollten allmählich.»
    Alle standen auf, Schindhelm wandte sich dem Inspektionsleiter zu. «Sie sitzen nicht mit auf dem Podium. Ich kann mir den Auftritt nicht nehmen lassen, und fünf Beamte reichen völlig aus, um die Geier zu füttern.»
    «Natürlich», antwortete Thann und kniff die Lippen zusammen. Vincent musste daran denken, dass dieser Idiot Anna Winkler gegen ihn aufgehetzt hatte.
    Engel öffnete einen Schrank, nahm ein Sakko vom Bügel und zog es sich über.
    Der Polizeipräsident legte die Hand auf die Türklinke. «Scheißtag», brummte er. «Muss denn immer alles zugleich auf einen hereinprasseln?»

    Am Eingang stauten sich die Journalisten. Längst nicht alle fanden einen Sitzplatz, obwohl sämtliche Tische entfernt worden waren und der Saal mit Stühlen restlos vollgestellt war. Einen solchen Andrang hatte Vincent hier noch nie erlebt.
    Schindhelm bahnte sich den Weg durch den Mittelgang. Vincent, Engel, Kilian und der Pressesprecher folgten. Sie nahmen Platz, Vincent eingekeilt zwischen dem Präsidenten und dem Kripochef.
    In den Reihen vor ihm entdeckte er den Reporter, der ihn gestern auf der Baustelle angesprochen hatte. Daneben weitere Journalisten, mit denen er in anderen Fällen zu tun gehabt hatte – nicht immer war sein Verhältnis zu den Medien reibungslos gewesen.
    Vincent spürte, wie ihn die Nervosität überkam. Ein Auftritt in vorderster Reihe war neu für ihn, bisher hatte das Ela Bach übernommen.
    Kripochef Engel neigte seinen Kopf und zwinkerte: «Das ist Ihre Show, Herr Veih.»
    Erste Blitzlichter. Auch die Praktikantin des Pressesprechers fotografierte – für die interne Dokumentation. Es ging los, Tonleute reckten ihre Mikros zu den Saallautsprechern, rote Lämpchen erglommen an den Fernsehkameras, Live-Übertragung auf mehreren Sendern in die Wohnzimmer der Republik.
    «Mein Gott, Veih, enttäuschen Sie uns nicht», murmelte Schindhelm. «Machen Sie diesen Randalierer vergessen, den alle jetzt als Märtyrer hinstellen.» Er befingerte noch einmal seine Krawatte. «Möge uns der tote Landesvater beistehen.»
    Markus Braun drückte den Knopf an seinem Tischmikro, tippte zum Test gegen die Membran, begrüßte die Medienvertreter und stellte die Beamten auf dem Podium vor. Vincent hörte seinen Namen, sein Herz pochte noch heftiger.
    Ihm ging durch den Kopf, wer jetzt wahrscheinlich vor dem Fernseher saß: Simone Castorp, die Witwe. Carmen Markowitz, die letzte Geliebte. Baulöwe Hartmut Osterkamp. Der Innenminister. Die Spitzenkandidatin der Opposition. Allerlei Wahlkampfstrategen, Abgeordnete und ihre Helfer.
    Und dieser Brennecke, der aus Berlin angerufen hatte.
    Womöglich sogar die Kanzlerin.
    Einige Leute haben mehr zu befürchten als ich, dachte Vincent und fühlte sich plötzlich ganz entspannt.

25

    «Gut gemacht», lobte Braun, der Pressesprecher, als alle aufbrachen.
    Vincent schaltete sein Handy wieder ein. Die Journalisten stauten sich am Ausgang des Saals, auf dem Podium steckten Kripochef Engel und Polizeipräsident Schindhelm die Köpfe zusammen.
    Vincents Handy, Felix May war dran.
    «Wir haben Castorps Waffenbesitzkarte. Darin ist eine Ceska eingetragen, eine CZ-75. Passt zu dem Geschoss, das ihr gefunden habt.»
    «Was ist eigentlich mit Castorps Handy?»
    «Eine ellenlange Anrufliste. Seine Frau, die Staatskanzlei,

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