Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi
uns also fragen, was will der Mörder des
Journalisten uns damit sagen?« Soweit der Psychologe. Und damit zurück ins
Studio.‹
Berenike bemerkte, dass ihr die Tasse aus der Hand gerutscht
war. Weiße Scherben auf dem schwarz-roten Kachelboden …
9
Goldspitz Darjeeling
Nichts deutete auf einen unerfreulichen Tag hin.
Der Literatursalon wurde nach Tagen endlich von der Polizei freigegeben.
Berenike kaufte das stärkste Desinfektionsmittel, das es im örtlichen
Supermarkt gab, und stürmte den Tatort. Delirium, Schwindel. Jeder Tisch wurde
geschrubbt, minutenlang.
Ein Grüppchen Gäste, ausgerechnet jetzt. Berenike fühlte sich
leicht taumelig, als sie nach nebenan marschierte und bediente. Zum Glück
Routine, hoffentlich bemerkte niemand etwas. Zurück im Literatursalon spürte
sie den Tod, der in der Luft hing, eine schwarze grausame Wolke. Sie fragte
sich zum wiederholten Mal, ob Rabenstein noch etwas mitbekommen hatte. Er hatte
womöglich um Hilfe gerufen, und sie war mit schuld an seinem Tod, weil sie ihn
nicht gehört hatte. Kaum waren die Gäste gegangen, war es mit der Ruhe
neuerlich vorbei. Inspektor Kain, die Tür klingelte unpassend fröhlich, als er
eintrat. Sein Blick – undefinierbar. »Fräulein – Berenike. Guten Tag.
Ich – es tut mir leid.«
»Kommen Sie herein!« Berenike wischte sich die nassen Hände
an der grünen Hose ihres Salwar Kameez ab. Die gelbe Tunika reichte weit über
die Hüften.
»Die Pflicht – es ist meine Pflicht! Mein Kollege wird
gleich – ah, da ist er ja, der Gerbl.«
»Meine Herren, welchen Tee darf ich Ihnen heute anbieten?«
»Ich muss Ihnen mitteilen, dass wir … «
»Empfehlen könnt ich Ihnen einen sensationellen Darjeeling.«
»Fräulein Berenike, wir haben Hinweise.«
»Die zweite Ernte soll die beste …«
»Auf Gift, wie auch immer es Rabenstein eingeflößt wurde.«
»Er soll wie Champagner – wie bitte?« Zu stark roch das
Putzmittel. Chemiekeulen, sie hätte darauf verzichten sollen.
»Man tippt auf ein Pflanzengift. Die toxikologische
Untersuchung …«
Niedersetzen. Polizistenaugen, von oben herab, sie mochte
Kains Blick nicht. Nicht mehr. Und auch Gerbl wandte den Blick nicht von ihr.
»Mit der genaueren Untersuchung wird es noch dauern, die
Gerichtsmedizin ist gerade überlastet.«
Gift. Das war das Ende. Was für eine hinterlistige Attacke.
Nicht zu ahnen, nicht zu schmecken, nicht zu riechen. »Ich – Ragnhild hat
an dem Abend in der Küche geherrscht.«
»Das haben Sie uns schon berichtet.«
»Ich habe die Gäste begrüßt. Das können alle bezeugen.«
»Natürlich, Fräulein Berenike. Niemand unterstellt
Ihnen – Ich trau Ihnen eh keinen Mord zu. Wir haben in Ihrer Küche
keinerlei Spuren von … ähm …«, er zog Gerbls Notizblock ein wenig zu
sich und blätterte darin herum, »von Akonitin festgestellt.« Eine kleine Falte
zwischen den Augenbrauen, wahrscheinlich brauchte er eine Lesebrille.
»Akonitin, das ist ein Alkaloid. Wir haben zu Ihrem Glück nichts davon in Ihrem
Geschirr gefunden; aber bitte bleiben Sie trotzdem im Ort und verreisen Sie
nicht, Fräulein Berenike. Ich – muss das sagen.« Damit gingen sie wieder,
die zwei Ordnungshüter, blau gekleidete Gestalten im einsetzenden Regen. Kain
rannte hopsend zu seinem Wagen, Gerbl abgeklärt hinterher.
Damn it, jetzt war es offiziell. Berenikes Gedanken
überschlugen sich. Akonitin, das war doch – ihr Blick flog zum
Bücherregal. Verdammt, jetzt hätte sie das Giftpflanzenbuch gebraucht! Dieses
Gift war ein Bestandteil von … wie hieß das Kraut, Eisenhut?
Sie wischte gedankenverloren mit einem Finger über den Tisch.
Sie wollte zu Madame Montego, aber die alte Frau konnte ihr ja doch nicht
helfen. Sie wusste noch nicht einmal, was ihre letzte Weissagung bedeutete.
Nun, dann trank sie eben allein ihren Darjeeling. Müde
angelte sie sich die wöchentlich erscheinende Ausseerland-Zeitung, die sie
ebenso wie den Salzkammergut-Kurier abonniert hatte. Ein Flyer für einen
Kongress über Ethno-Therapie rutschte zwischen den Seiten hervor. Sie hatte
sich als Teilnehmerin registrieren wollen, aber zu spät.
Sie konzentrierte sich auf den blumigen Duft des
Darjeelings. Er wirkte aufheiternd, trotz aller Bitterkeit. Du fühlst, was du
fühlst, memorierte sie eine Zen-Regel. Du denkst, was du denkst. Und? Das
machte auch nicht ruhiger. Sie sprang auf und legte eine CD ein. Entspannendes
aus den
Weitere Kostenlose Bücher