Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi
hatte Horsts Lächeln
falsch eingeschätzt, sein Zwinkern, sein vorgebliches Interesse gestern Abend.
Gestern Abend. Sie kniff die Augen zusammen, konzentrierte
sich auf den Mann gegenüber. Diesen beinahe Unbekannten.
»Sie wollen zahlen?«, die Kellnerin hatte sich ihrem Tisch
genähert.
»Später.« Eine raue Hand legte sich auf Bereikes. Eine große
Hand. »Bitte, Berenike. Bleib noch. Ich …«
»Sehr wohl.« Die Kellnerin wandte sich ab.
»Also?«
»Was also?« Ein Glitzern in Horsts Augen, ein erstes heute.
Er schien langsam munter zu werden.
»Was hast du herausgefunden?«
»Ach so – Rabenstein wollte Pressesprecher werden. In
der Nationalen Bewegung.«
»Ja, darüber haben wir gestern …«
»Ja, aber pass auf: undercover. Er hat undercover
recherchieren wollen. Meinem – Bekannten ist gleich alles komisch
vorgekommen. An Rabenstein.«
»Und was wollte er recherchieren?«
»Wenn man das so genau wüsste.«
»Mehr hast du nicht?«
Horst zuckte die Achseln. Sein Lächeln, es war nett. Aber sie
wollte gehen. Wenn ihr Kopf nicht bald auf dem Polster zu liegen kam …
»Warte, Berenike, magst du mit mir anstoßen?« Horst winkte
der Serviererin.
»Ich – trinke nicht.«
»Echt?« Das hatte er sicher noch nie gehört. »Etwas anderes,
Kaffee?«
Berenike schüttelte den Kopf. Die Kellnerin, schwarzer
Rock, weiße Bluse, wartete geduldig. Das Café hatte sich gefüllt, heitere
Gespräche plätscherten wie kleine Quellen.
»Noch eine Schokolade vielleicht?«
Er wirkte harmlos. »Na gut.«
»Er war an einem großen Thema dran, was man so hört.«
»Und was könnte das gewesen sein?«
Ihr Verdacht. Sie hatte also recht. Es gab mehr als eine
Verbindung zwischen Rabenstein und Donner. Gedankenverloren malte sie die Namen
in ihr Notizbuch und verband sie mit einer Linie.
»Woher soll ich das wissen?« Horst grinste. Jetzt sah er
langsam wieder so aus wie am gestrigen Abend. Offenbar hatte das Koffein seine
Wirkung getan.
»Ich muss gehen. Nach der Attacke gestern …«
Bei ihren letzten Worten zuckte er zusammen. Er hätte es vom
Plutzerbräu nicht weit ins Museumsquartier gehabt. Aber jetzt sah sie wohl
Gespenster. Er war doch sitzen geblieben, als sie sich verabschiedet hatte.
Andererseits – sein Ohrring, er sah aus wie der, den sie am Ohr des Täters
gestern gesehen hatte. Schöne Paranoia. Tausende trugen ein Flinserl im Ohr.
Horst hatte keinerlei Motiv.
»Die Polizei …«
»… wird alles aufklären.«
»Oder auch nicht. Die Reform, alles unterbesetzt, selbst die
gekürzten Planstellen …«
»Woher weißt du das wieder?«
»Kontakte.«
»Aha.«
Sie stand auf.
»Schade, dass du nicht beim Stammtisch … Jetzt ohne
Rolanda wird alles langweiliger.«
»Wie gut hast du sie gekannt?«
»Och, Rolanda war eine vielseitige Frau. Hat mir viel –
geholfen. Wenn du verstehst.«
Berenike war sich da nicht sicher. Ohne ihre heiße Schokolade
abzuwarten, verabschiedete sie sich von Horst und verließ das Café.
»Frau Roither! Wie schön!«
Berenike starrte den rothaarigen Hünen im Eingang überrascht
an. Er war mindestens zwei Köpfe größer als sie. »Und Sie sind?«
»Adrian Perniller. Von der Adrian Perniller Show!« Er glotzte
sie erwartungsvoll an. »Mittwoch 21.30 Uhr, Vienna TV. Na, klingelts?«
»Nein. Nix klingelt. Und jetzt lassen Sie mich bitte durch.«
»Frau Roither, auf ein Wort …«
»Nix da.«
»Frau Roither«, er war so viel größer, dass er sich jetzt zu
ihr hinunter beugte , »ich habe gehört, Sie brauchen Geld. Wir zahlen gut!« Er
flüsterte so nahe an ihrem Ohr, dass sie seinen Atem spürte. Zum Glück spuckte
er nicht beim Sprechen.
Vienna TV, der Privatsender. Sie ballte eine Hand zur Faust,
ließ sie vorschnellen. »Ich denke, Sie machen jetzt besser den Weg frei.«
Perniller trat zurück. Wie gut, dass sie keinen Fernseher hatte, wenn Leute wie
dieser Germanenkrieger für Arme das Programm bestritten!
Vor der Tür atmete sie tief durch. Doch auf der Straße
lauerte auch schon ein Held der Kamera. Sie schob den Zwerg trotz seiner
Muskeln einfach zur Seite. Kampfsport, wer sagts denn …
28
Thé à la Menthe
Am Montag
hatte Berenike einen Termin im Institut für Neues Wissen, Ninette Georg hatte
ihr den Tipp gegeben. »Sprich mit Frau Dr. Wittgenstein. Von
Wissenschaftsleuten halte ich sonst nichts. Aber sie beschäftigt sich mit
alternativer Literatur.«
Also marschierte Berenike
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