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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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lesen, wolltet Ihr mir nicht auch so ein Geschichtenbuch leihen?«
    »Recht gern,« sagte der Lehrer, die Hand seines Freundes zum Abschiede drückend. –
    Nächst der Umwandlung seines Herzens, oder vielmehr der glücklichen Entfaltung desselben, hatte die Liebe Hedwigs noch einen besondern Einfluß auf den Lehrerberuf unseres Freundes; denn Alles in ihm rang stets nach Einheit.
    Er hatte die süßen Worte Hedwigs so freudig aufgenommen, daß er sogar die Form derselben liebgewann. Er gedachte nun den Dialekt zu studiren und ihn beim Unterrichte als Grundlage der Denk- und Sprechweise zu benützen. Er wendete sich deshalb an den alten Lehrer, um Schriften im oberschwäbischen Dialekte, dieser holte ihm sein Lieblingsbuch, ja fast sein einziges, und band es ihm auf die Seele, es waren die Dichtungen Sebastian Sailers.
     

Jetzt erst lernte der Lehrer manche Besonderheit des hieländischen Bauernlebens recht verstehen, er erkannte die Derbheit und die Begierde, sich sogar mit dem Heiligsten und Unnahbaren lustig zu machen.
    Die Rolle eines vierschrötigen Dorfschultheißen, die hier ein geistlicher Dichter Gott Vater spielen ließ, befremdete ihn sehr; der alte Lehrer aber erklärte ihm, daß das der Heiligkeit der Religion nichts geschadet habe: »Früher,« sagte er, »wo man noch fromm gewesen ist und nicht bloß maulfromm, da hat man sich schon eher einen Spaß mit Gott erlauben dürfen; jetzt aber verträgt's kein Schnauferle mehr, sonst geht ihnen gleich das Licht aus, drum müssen sie jetzt so heilig thun. Ich hab' als in der Kirch' die lustigste Musik gemacht, wie mir's nur eingefallen ist.«
    Unser Freund war indeß doch der Ansicht, daß sich auch Religionsspötterei aus dem vorigen Jahrhundert in diese Dichtungen gemischt habe, er behielt das aber für sich und ließ sich von dem Alten erklären, wie diese Stücke früher zur Fastnacht aufgeführt wurden. Besonders ausführlich mußte er sich von dem Alten den Anzug beschreiben lassen, den er einst als Lucifer getragen hatte.
    »Die neue Bildung hat dem Volke viel, unendlich viel genommen, was hat sie ihm von wirklichen Freuden dafür gegeben? – – Kann ihm ein Ersatz werden? und wie? ....«
    Diese Worte finden sich aus der eben genannten Zeit in dem Taschenbuche unseres Freundes. Eine mächtige Bewegung hatte sein ganzes Wesen ergriffen.
    Eines Tages kam der Buchmaier zu ihm und forderte ihn auf, bald Ortsbürger zu werden, indem ihm dann die Stelle des verstorbenen Gemeindeschreibers sicher sei. Der Lehrer faßte freudig die breite Hand des Buchmaiers:
    »Jetzt,« sagte er, »jetzt könnet Ihr im ganzen Dorf Frieden stiften, ihr müsset meinem Schwa– ich will sagen dem Studentle zu dieser Stelle verhelfen, er kann sie vollkommen versehen.«
    Der Buchmaier lächelte, wollte aber doch nicht darauf eingehen; auf die eindringlichen Reden des Lehrers versprach er endlich, sich aller Einwirkung bei der Wahl zu enthalten.
    Der Lehrer eilte, den Stand der Dinge dem Studentle bekannt zu machen; dieser aber that stolz und sagte: er wisse noch nicht, ob er eine solche Stelle annehme, indeß dankte er dem Lehrer für seine Freundlichkeit, und so waren gewissermaßen die Vorbedingungen eines Friedens zwischen den Beiden festgestellt.
    Die Kirchweihe war gekommen, die beiden Liebespaare gingen verabredetermaßen zum Tanze.
    Jetzt stand der Lehrer nicht mehr draußen im Felde, während drinnen im Dorfe Alles jubelte und tanzte, er selber war mitten unter dem tollen Lärm; noch aber war er nicht ganz dabei.
    Die beiden Tage der Kirchweihe war er fast immer auf dem »Tanzboden«, nur manchmal ging er mit Hedwig und Agnes hinaus in's Feld, um dann neugestärkt wieder zurückzukehren. Oft durchzuckte ihn auch ein tiefer Schmerz, wenn er eines der unreinen Lieder vernehmen mußte; er hätte dann gerne sich und Hedwig die Ohren verstopft. Der Gedanke befestigte sich in ihm, auf die Lieder vor Allem seine Wirksamkeit und seinen Einfluß zu üben; er hatte sich die Gunst der jungen Bursche durch die Theilnahme an ihrer Lustbarkeit gewonnen, hieran wollte er nun anknüpfen.
    Bis zum Kehraus hatte er zwei Nächte lang ausgehalten, am dritten Tage aber, als die Kirchweih feierlich begraben wurde, konnte er sich nicht dazu bringen, auch dieß mitzumachen; er stand vor seinem Hause und sah wie die Burschen dahinzogen, die Musik mit einem Trauermarsche voraus, dazwischen sang man halb weinerlich:
     
    O Kirwe bleib au no mai do,
    O Kirwe laß nimmermai no,
    Drunten im

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