Schwarzwaelder Dorfgeschichten
Flecke
Will d' Kirwe verrecke:
O Kirwe bleib au no mai do,
O Kirwe laß nimmermai no.
Ein Schragen, auf dem zerbrochene Flaschen, Gläser, Stuhlbeine lagen, wurde feierlich geleitet und draußen auf der Hochbux wurden diese Zeichen der Vergnüglichkeit in ein Grab gescharrt, Wein in dasselbe geschüttet und Trauerreden dabei gehalten. –
Trauer und Freude wechselten bald nach der Kirchweihe im Hause Johannesle's. Constantin war zum Gemeindeschreiber erwählt worden, der Lehrer hatte offen um Stimmen für ihn geworben. Nun war der Friede zwischen den Parteien hergestellt, und der Studentle näherte sich dem Lehrer mit Freundschaft; dieser ging in seiner Herzensfreude so weit, daß er dem Studentle das »Du« anbot. Der neu ernannte Gemeindeschreiber ließ nicht nach, man mußte sogleich in's Wirthshaus und nach echter Studentenweise, das Glas in der Hand und die Arme verschlungen, »Smollis« trinken.
Der Studentle war es aber dann auch, der im Familienrathe das Wort für den Lehrer nahm und seine Bewerbung um Hedwig nachdrücklich unterstützte.
Der »Verspruch« der beiden Liebenden wurde nun gefeiert: vor den Augen des Vaters und des Bruders, des alten Schultheißen und des Buchmaiers, den der Lehrer von seiner Seite geladen, reichten sie sich die Hand.
Hedwig ging bald mit ihrem Bräutigam aus der Stube, auf der Hausflur umarmte sie ihn, und nun zum erstenmal sagte sie:
»Ich hab' dich rechtschaffen lieb.«
Dann gingen sie hinab zur Großmutter, die krank im Bette lag; sie knieten an ihrem Bette nieder.
»Er ist jetzt auf ewig mein,« sagte Hedwig, mehr konnte sie nicht vorbringen. Die Großmutter breitete ihre Hände über die beiden Liebenden aus und murmelte leise ein Gebet, dann sagte sie:
»Stehet auf, das ist nichts, so knien; man darf vor Niemand knien, als vor Gott. Ich sag's ja, ich bin der Bot', der im Himmel anzeigen muß, daß ihr euch habt. Lehrer, wie heißt denn dein' Mutter? Ich will gleich zu ihr, wenn ich 'naufkomm', und auch zu deinem Vater, und da nehm' ich meinen Hansadam, meine Geschwister und meine Eltern mit und auch meine drei Enkele, wo gestorben sind, und da setzen wir uns zusammen hin und schwätzen von euch und beten für euch, und da muß es euch gut gehen. Hedwig, ich vermach' dir meinen Anhenker, drinnen im Schränkle wirst ihn finden, und da ist auch noch mein Kränzle von meiner Hochzeit dabei, heb's auf, es wird dir Segen bringen und laß deine Kinder nach der Tauf' dran riechen. Und wenn ihr auch bald nach meinem Tod Hochzeit machet, da müsset Ihr doch Musik haben. Höret ihr's? Ihr sollet nicht so lang um mich trauern und den Siebensprung, den tanzet ihr für mich; ich will auf euch 'runtergucken mit Freuden, und droben feiert die ganz' Familie auch die Hochzeit.«
Die Brautleute suchten ihr die Todesnähe auszureden, sie aber erwiderte:
»Es ist mir allfort, wie wenn mich ebber 7 am Arm zupfen und sagen thät: jetzt komm, es ist Zeit; es ist aber noch nicht stark genug, es muß noch stärker kommen. Müsset nicht greinen, das ist nichts; warum denn? ich bin gut aufgehoben. Ich dank' unserem Heiland, daß er mich's hat erleben lassen, daß mein' Hedwig einen braven Mann kriegt. Haltet euch nur in Ehren. Hedwig, er ist ein G'studirter, die haben oft Mucken im Kopf, ich weiß das von meiner Schwester her, du mußt Geduld mit ihm haben; denen G'studirten gehen oft ganz andere Sachen im Kopf 'rum und da lassen sie's am Unrechten 'naus. Lehrer und du mußt mein' Hedwig, mein' lieb' Hedwig –« Sie konnte nicht weiter reden, das Mädchen lag weinend an ihrem Halse.
Die Großmutter hatte ganz geläufig gesprochen, ihr Husten war vollkommen verschwunden, jetzt aber sank sie ermattet in die Kissen zurück; die Brautleute standen traurigen Antlitzes vor ihr. Endlich erhob sie sich wieder und sagte:
»Hedwig, hol mir des Valentins Christine, sie soll bei mir bleiben; ich sterb' heut noch nicht. Du darfst heut den ganzen Tag nicht mehr zu mir kommen, gehet miteinander und seid recht lustig, versprechet mir's, daß ihr recht lustig sein wollet.«
Der Lehrer ließ Hedwig zurück und holte die uns wohlbekannte Christine. Nun mußten sich die Beiden entfernen; aber ihr Herz erzitterte noch immer in Wehmuth, bis sie bei des Buchmaiers Agnes gewesen waren, die durch allerlei Munterkeiten ihre Seele erheiterte.
Dann gingen sie hinaus in das Feld, das weiße Huhn folgte ihren Fußstapfen, es war jetzt Herbst, man brauchte es nicht mehr einzusperren. Vom frischen belebenden
Weitere Kostenlose Bücher