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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Gespiele der Thaddä; der Buchmaier, der Johannesle und der jüdische Lehrer hinter ihnen. – Als Alles versammelt war, begann der alte Lehrer das Vorspiel. Auf dem Antlitze eines Jeden schwebte ein Lächeln, denn der alte Spaßmacher hatte den Lauterbacher Hopser sehr geschickt in das Vorspiel verwebt. Gleich darauf begann der Gesangverein in würdiger Haltung das schöne Lied:
     
    »Heilig ist der Herr etc.«
     
    Mit freudigem Ernste wurde das Ehebündniß geschlossen. – Es sei gesegnet.
     
Fußnoten
     
    1 Morgenfrüh, morn heißt immer so viel als am andern Tag.
     
    2 Mit einem Fuhrwerk geschickt um eine Ecke biegen, nennt man den Rank kriegen.
     
    3 Hedwig sprach zwar immer ganz im Dialekt, zum bessern Verständniß geben wir es aber möglichst hochdeutsch wieder.
     
    4 Verkleinerungsform von »was.«
     
    5 Verkehrt.
     
    6 Geschmus, von den Juden entlehnter Ausdruck, so viel als unnöthige Redensart.
     
    7 Ebber, so viel als Jemand.
     
     

 
Dritter Band.
     

 
I.
Sträflinge.
     
Ein Sonntagmorgen.
    Wir sind im Dorfe. Alles ist still auf der Straße, die Häuser sind verschlossen, da und dort ist ein Fenster offen, es schaut aber Niemand heraus. Die Schwalben fliegen nah am Boden und haben Niemand auszuweichen. Auf dem Brunnentroge am Rathhause sitzen andere Schwalben, trinken und schauen sich klug an und zwitschern miteinander und halten Rath, als ob das Dorf nur ihnen allein gehöre. Vornehme Bachstelzen trippeln herzu und schwänzeln davon und schweigen still, als wollten sie damit kundgeben, sie wüßten schon Alles und noch viel besser. Nur eine Schaar Hühner hat sich um die Schwalben versammelt und lauscht begierig ihren Reden. Sie hören wohl von freiem Wiegen in den Lüften, von Ziehen über's Meer und nach fernen Landen; denn sie heben und dehnen oft ihre Flügel und lassen sie wieder sinken und schauen trauernd auf, gleich als wüßten sie nun wieder aufs Neue, daß sie stets am Boden haften und fremden Schutz bei Menschen suchen müssen. Besonders eine kohlschwarze Henne mit rothem Kamme hebt und senkt ihre Flügel oft und oft. Eine Gluckhenne wandelt das Dorf hinauf, sich stolz prustend im Kreise ihrer Söhne und Töchter, die sie durch stete Ermahnungen um sich versammelt hält und mit ihrem Funde äzt. Sie will nichts von freiem Wiegen in den Lüften, von der Sehnsucht nach der Ferne.
    Eine wundersame Stille liegt auf dem ganzen Dorfe.
    Die Menschen haben die getrennten Wohnungen verlassen und sich in dem einen Hause Dessen eingefunden, der sie allesammt eint. Die zerstreut schweifenden Blicke, die nur das Eigene suchen, heben sich jetzt vereint zu dem Unsichtbaren, der Alles sieht und dem Alles eigen ist.
    Da steht die Kirche auf dem Berge, der einst befestigt war und um dessen Mauern jetzt blühende Reben ranken. Die Kirche war einst die Burg für alle Noth des Lebens. Kann und wird die frei stehende, äußerlich unbefestigte Kirche der freie Hort alles neuen Menschendaseins werden?
    Eben verhallt der letzte Ton der Orgel, treten wir ein in die Kirche. Der Geistliche besteigt die Kanzel. Husten und Zurechtsetzen in der ganzen Gemeinde, denn Niemand will den Verkünder des höheren Geistes im Flusse seiner Rede stören.
    Der Geistliche ist kein alter Mann, er steht in den besten Jahren. Nicht blos um graue Locken schwebt die Glorie der innern Befreiung von Eigensucht; die Milde mögt ihr da wol öfter finden, aber oft nicht mehr jenen lebendigen Feuereifer für die Menschheit. Der Glaube an den Himmel hat oft den Glauben an die Erde verdrängt.
    Nachdem der Geistliche still, in sich zusammengeschauert, verhüllten Antlitzes das leise Gebet gesprochen, erhob er freudig sein Haupt und sprach den Text: »Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken.« Lucas 5, 31.
    Er zeigte zuerst, wie die geistige Gesundheit das wahre Leben, wie sie eins ist mit Tugend und Rechtschaffenheit; Sünde und Krankheit dagegen das Leben verunstaltet. Gleichwie in der Krankheit die natürlichen Kräfte des Menschen einen falschen Weg genommen, so auch in der Sünde. Denn Sünde ist Verirrung. Mit besonderem Nachdruck hob er dieses Letztere wiederholt hervor und ermahnte zur milden Betrachtung des Sünders, zur Pflege für seine Heilung. Er zeigte, wie leicht die Sünde einen Schlupfwinkel findet im verschlungenen Geäder des menschlichen Herzens, um bald als Leidenschaft, bald als listige Bethörung Alles aus dem Wege des Rechten zu verdrängen. Denn es ist kein Mensch, der nur Gutes

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