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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Gespräch verlor sich nach allen Seiten hin; es möchte lehrreich sein, solches weiteren Kreisen mitzutheilen, wir müssen uns aber an das nahegerückte Interesse des Tages halten. Der Adlerwirt ist auch dieser Ansicht; man sieht ihm an, daß er etwas auf dem Herzen hat; er sagt daher als einmal Stille eintrat:
    »In der Zeitung steht auch die Geschicht' von dem Sträflingsverein.«
    »Lies vor!« hieß es von allen Seiten.
    »Lies du!« sagte Constantin und gab seine Zeitung dem Mathes. »Ich will nichts davon. Gegen ganz schlechte Menschen da thun sie jetzt gar liebreich: da ist's wohlfeil gut sein. Dabei kann man den Kamm noch recht hoch tragen. Die Heiligenfresser und Beamtenstübler haben da neben einander feil, und wisset ihr was? Gnadenpülverle auf Stempelbogen.«
    »Oha, Brüderle, du hast einen Pudel geschoben,« 1 erwiderte der Buchmaier; »da ist der Doctor Heister auch mit unterschrieben, und wo der ist, da darf man mit all' beiden Händen zulangen. Und wenn auch noch Hochmuthsnarren dabei sind, der Verein ist gut. Mag Einer sonst thun, was er will, wenn er was Rechtschaffenes thut, so ist das halt rechtschaffen.«
    »Das mein' ich auch,« sagte Konrad der Adlerwirth und las vor.
    »Da ist kein Salz und kein Schmalz in der Anzeig'«, bemerkte Mathes; »die sollten unsern Pfarrer haben, der hätt's anders geben, daß das Ding Händ' und Füß' hätt'. Wenn ich einen Knecht bräucht', ich thät gleich Einen nehmen.«
    »Ich auch,« riefen Viele.
    »Und ich nehm' Einen,« sagte Konrad.
    »Wenn du das nicht gesagt hätt'st, wär's gescheiter gewesen,« entgegnete der Buchmaier, »da hätt's Niemand gewußt, und jetzt sieht ihn ein Jedes drauf an.«
    Konrad kratzte sich ärgerlich hinter dem Ohre.
    Der Schullehrer trat ein, und der Buchmaier sagte zu ihm: »Du kommst wie gerufen. Kannst du uns nicht sagen, was das mit dem pensylvanischen Schweigstumm ist, oder wie man's heißt? Ich bin ganz dumm von dem, was da die Zeitung drüber sagt.«
    »Es gibt zweierlei Strafsysteme oder Strafarten,« sagte der Schulmeister; »Auburn –«
    »Nicht so!« unterbrach ihn der Buchmaier, der heute etwas ärgerlich schien; »mach' jetzt all' deine Bücher zu und sag's gradaus.«
    Jener erklärte nun die Zellengefängnisse mit ihrer Sprachlosigkeit. Alles eiferte mit großer Heftigkeit gegen das Schweigstumm, wie sie es nannten, und der Buchmaier wurde so grimmig, daß er sagte: »Wenn ich Herrgott wäre, dem Mann, der das einsam stumme Gefängniß erfunden hat, dem ließ' ich nur all' Woch' zweimal die Sonn' scheinen.«
    Der Lehrer wollte die Heftigkeit mildern, indem er berichtete, daß viele edle und gelehrte Männer für diese Strafart gestimmt hätten. Er fand aber kein Gehör.
    Endlich traten mehrere Schreiber in die Wirthsstube. Das Gespräch erhielt eine andere Wendung und leise Fortsetzung. Man ging bald auseinander.
     
Fußnoten
     
    1 So nennt man's, wenn man beim Kegelspiel keinen trifft.
     
     
Der Armenadvokat und sein Freund.
    In einer Gartenlaube der Residenz saßen am selben Nachmittage zwei Männer von gleichem Alter, der eine aber trug einen Orden im Knopfloch.
    Eine Magd brachte Kaffee und Cigarren.
    »Wo hast du denn das schöne Dienstmädchen hingebracht, daß vor zwei Jahren in deinem Hause diente?« fragte der Ordensmann seinen Gastfreund, den Doctor Heister; »das war ein frisches Naturkind, immer fröhlich, mit Gesang die Treppe auf und ab. Es kam mir wie ein Heller, reiner Thautropfen vor; ist
eau de mille fleurs
daraus geworden? Wie hieß es doch?«
    »Magdalene. Das ist eine unglückliche Geschichte. Ich kann's noch kaum glauben, daß das brave Kind gestohlen hat, und doch ist es so. Während ich in Angelegenheiten eines Mündels in Berlin war, haben sie sie hier in's Zuchthaus gebracht.«
    »Also du lieferst auch Rekruten zu deinem Verein? Ich werde nun auch wieder eine solche Unschuld zu Gesicht bekommen, die ich unter den Händen hatte, als ich noch Bezirksrichter war. Es war ein Postillon; er hat einen Ehemann, der ihm im Wege stand, in den Graben geworfen und so traktirt, daß er nach vierzehn Tagen für die Ewigkeit genug daran hatte. Das ist ein durchtriebener Schlingel. Ich habe ihn aber hinter gebunden und habe ihm auf hohe Verordnung einige Dosen Contumazialprügel wegen frechen Leugnens appliciren lassen. Das hat ihn mürbe gemacht. Es ist nicht anders fertig zu werden mit dem Gesindel. Ich will nur sehen, was der Verein mit ihm anfangen wird; er hat sich auch gemeldet.«
    »Es freut

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