Schwarzwaelder Dorfgeschichten
Abgeordnetenstelle bewerbe, ließ sich der Steinbauer endlich zu den vielen Worten herbei: »Ich wüßt' nicht, warum nicht.« Nun lachte Diethelm über das ausgesprengte Gerücht, daß er Landstand werden wolle; er denke nicht daran, bei diesen schlechten Zeiten könne man ein großes Anwesen nicht verlassen, da müsse man jede Stunde und jeden Kreuzer sparen, wenn man der rechte Mann bleiben wolle, es mögen andere Leute den Staat regieren, das gehe ihn nichts an.
Der Steinbauer wickelte gelassen das übrig gebliebene Fleisch in ein Papier und steckte es zu sich, er hob und senkte nun mehrmals seine geschlossenen Lippen, sei es zum Nachkosten des Genossenen oder dem Gehörten beistimmend.
Diethelm setzte nun noch weiter auseinander, daß er sich nichts um die öffentlichen Angelegenheiten kümmern möge, und das gilt jetzt wieder unter vielen Menschen, besonders aber bei den Bauern, als großer Ruhm. Als er aber darauf hinwies, daß er in seinem Hauswesen vielerlei zu sorgen habe, sagte der Schultheiß von Rettinghausen: »Die Kläger haben kein' Noth und die Prahler kein Brod.«
Der Steinbauer erhielt sich noch immer in seiner unerschütterlichen Theilnahmlosigkeit, methodisch und langsam stopfte er seine Pfeife, schlug Feuer, öffnete den Deckel und verschloß den Zündschwamm und wollte nun aufstehen. Diethelm aber hielt ihn noch fest und fragte zuerst, ob er nicht seinen Hof verkaufen wolle, sein Schwager, der Schäuflerdavid, suche so einen herrenmäßig gelegenen für einen Ausländer. Der Steinbauer sagte, daß er zwar nicht verkaufen wolle, aber wenn er ein rechtes Anbot bekäme, ließe sich davon reden. Nun hatte ihn Diethelm doch flüssiger, und indem er noch mehrmals von seinem Schwager, dem Schäuflerdavid, und ihren gemeinsamen Geschäften sprach, kam er endlich an's Ziel zu erklären, daß er allerdings Willens sei, wenn die fremden Händler nicht höher hinausgehen, selber einzukaufen. Der Steinbauer, dem es ersichtlich Mühe machte, sein saures Dreinsehen aufzugeben, ward plötzlich freundlicher, nahm ohne Widerrede das Glas an, das ihm Diethelm einschenkte, und erklärte nun mit erstaunlicher Redseligkeit, welch einen Ausbund von Wolle und Schafen er habe, wie die Alle so wolltreu seien, ein Haar dem andern gleiche und der Stapel vom besten Fluß und gleich rund sei, wie »viel Leib« seine Schafe hätten, daß er aber doch um einen annehmbaren Preis Alles verkaufe, weil er kein Glück in der Schafhalterei habe. Er legte das Zeugniß seines Schultheißen vor, darin nach einem Formular beurkundet war, wo seine Schafe geweidet, und daß keine Krankheit dort und auch keine kranken darunter waren, und schloß endlich:
»Neun und neunzig Schäfer hundert Betrüger, sagt man im Sprüchwort, und es ist noch mehr als wahr. Drum will ich Nichts mehr davon.«
Die Umsitzenden stimmten auch in die Klagen über die Schäfer ein, und Jeder hatte zu erzählen, wie man seit des Erzvaters Jakob Zeiten, um ihrer sicher zu sein, ihnen einige Schafe als Eigenthum bei der Heerde halten muß, wie sie diese aber zu gewöhnen wissen, daß sie den anderen stets das beste Futter wegfressen, wie sie den Hund abrichten, daß er nie ein Schäferschaf beißt, wie sie immer die besten und schönsten Lämmer haben und den Mutterschafen ihre nichtsnutzigen unterschieben; kommt dann der Herr dazu, so heißt es, wie das auch bei der natürlichen Mutter sein kann: es will noch nicht recht annehmen. Allerlei Schelmenstreiche von Schäfern wurden erzählt, und das Gespräch schien sich fast ganz hierin zu verlieren, bis es Diethelm wieder auf den Handel brachte, aber er zuckte zusammen, als der Steinbauer, nachdem er das eingeschenkte Glas ausgetrunken hatte, ruhig sagte, er handle nur um baar Geld.
»Bin ich dir nicht gut?« fragte Diethelm trotzig.
»Du bist mir gut, und daß du mir's bleibst, ist baar Geld das beste,« sagte der Steinbauer und schob seine Tabakspfeife in den linken Mundwinkel, während er aus dem rechten den Rauch blies. Er sah dabei nochmal so listig aus.
»Ist dir mein Schwager, der Schäuflerdavid, auch nicht gut?« fragte Diethelm.
»Der Schäuflerdavid? freilich, der ist auch gut; wenn er sich verbürgt, kann ich bis Fastnacht mit dem Geld warten.«
Diethelm hob hastig beide Achseln, wie wenn er etwas abschütteln müsse, dann lachte er laut und sagte:
»Komm' jetzt, wir wollen 'naus auf den Markt.«
Der Steinbauer zog einen ledernen Geldbeutel, der dreifach verknüpft war, bezahlte, nahm seinen
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