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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Bedrückten ein Freudenstrahl. Dann setzte er sich an den Wegrain und verbarg sein Gesicht an der Kiste, in der es seltsam kollerte.
    Spät in der Nacht klopfte es am Haus der Zuckerin, und von der Treppe hörte man einen durchdringenden Schrei ...
    In der Stube saßen noch lange nach Mitternacht Xaveri und seine Frau und Niemand als der Mond, dessen Strahlen schräg in's Zimmer fielen, hat gehört, was sie einander sagten.
    »Wie lang ist's, daß ich zum Erstenmal da gesessen habe,« sagte endlich Xaveri, auf den abgegriffenen Lehnstuhl zeigend.
    »Ja, und in dem ruht jetzt deine gute Mutter aus!« sagte die Frau. »O, die hat immer an dich geglaubt. Es ist gut, daß sie schläft; wir müssen's ihr morgen früh leise beibringen. O, die wird neu aufleben.«
    »Ich will sie jetzt nur im Schlaf sehen,« sagte Xaveri.
    »Nein,« entgegnete die Frau ihn haltend, »du kannst sie damit tödten, wenn sie aufwacht. Sei geduldig, bezwinge dich.«
    »Ja, ich hab' mich bezwungen, und das will ich zeigen,« sagte Xaveri. »Ich bin doppelt umgekehrt.«
    Und noch einmal öffnete sich die Hausthür und Mann und Frau traten heraus und wanderten still durch die schlafenden Gassen. Xaveri trug Etwas in beiden Händen.
    »Laß mich's tragen,« bat die Frau, »Ich hab' die Schuld, Ich hab' die Sünde gethan.«
    »So nimm,« sagte Xaveri. »Ich hatte mir vorgenommen wie du auch wärest, ich will's in Geduld tragen; aber ich sehe, du kannst gut sein und sollst es bleiben. O, ich habe mit dem da mein ganzes Elend durch die ganze Welt getragen, durch die alte und durch die neue. – Es hat sich Keines von uns Zweien biegen wollen, drum hat's brechen müssen. Wie gesegnet hätten wir leben können als Ehre und Vermögen noch unser eigen war! Das Erste können wir wieder gewinnen und das Andere – müssen wir entbehren lernen.«
    »Und jetzt,« sagte die Frau als sie am Weiher beim elterlichen Hause Xaveri's standen, und sie hob den Stein auf, den Xaveri wieder mitgebracht, »und jetzt versenken wir mit dem da alles Elend und alles Vergangene in's tiefe Wasser.«
    Der Stein klatschte laut auf in dem Weiher. Im Mondschein bildeten sich silberne Ringe darüber.
     
    * * *
     
    Es läßt sich denken, welch ein Aufsehen die Heimkehr Xaveri's im Dorfe machte, aber er ertrug allen Spott und alles Mitleid geduldig, und täglich sprach er seine Zufriedenheit aus, daß er allen, denen er Kummer gemacht, noch in Freuden vergelten könne; besonders aber seiner Mutter.
    Xaveri, der nun zu den Aermeren im Dorfe gehörte, arbeitete auch bei seinem Bruder als Knecht, und wo es sonst etwas Mühseliges zu thun gab, war er bei der Hand, und bald hieß es: »Der Xaveri kann schaffen wie ein Amerikaner.«
    Als der grausig Mall starb, wurde Xaveri Dorfschütze. Er hält gute Ordnung, denn er kennt alle Schliche.
    Von seinem amerikanischen Leben erzählt er nur den Seinigen. Vielleicht aber können wir doch noch einmal die Erlebnisse des Viereckigen berichten. Wenn Jemand im Dorf ihn an seine Auswanderung erinnert, hat er die Redensart: »Meine Großmutter hat gesagt: Ich glaub' nicht an Amerika. Aber Ich hab' daran glauben müssen, und jetzt bin ich bekehrt.«
     

 
Siebenter Band.
     

 
Der Lehnhold.
(1853.)
     
Ab der Landstraße.
    Ab der Landstraße, die durch das rauschende Waldthal führt, zieht sich ein Fahrweg bergan durch den Wald und dann zwischen lebendigen Buchenhecken nach einem einsamen Gehöfte, einer sogenannten Einzechte.
    Die Gleise auf dem Wege sind alle gleich, denn hier bewegen sich nur Wagen von derselben Spurweite, wer hier auf und abzieht, hat mit dem Bauer von der langen Furche zu thun; denn dieser Weg gehört dem Furchenbauer zu eigen und führt nur zu ihm; wer von da wieder zurück will zu anderen Menschen, muß auf demselben Wege wieder umkehren.
    So stattlich und weit sich auch Haus und Scheunen dort ausnehmen, die mit ihren grauen Strohdächern fast felsenartig in's Thal herniederschauen; sie haben doch nicht Raum genug für all das reiche Erträgniß des Feldes, denn hüben und drüben in den Feldern sehen wir die kegelförmig gebauten Garbenhaufen, Feimen genannt, die erst nach und nach abgedroschen werden und in den noch herbstgrünen Bergwiesen stehen lustige Scheunen, sogenannte Stadel, deren Wände und Dach von graugewordenen Brettern viel nahrhaftes Heu in sich bergen.
    Dort etwas fern vom Hofe, am Rande des Bergvorsprunges jenes kleine aus Holz erbaute Häuschen, mit einer Thurmspitze geschmückt, das ist die Kapelle, die

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