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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Die Alles in ihr Netz spannende neue Regierungskunst, oder vielmehr Polizeikunst hat nur eine lose Verknüpfung mit solchen einsamen Höfen und nur selten betritt ein Diener der Obrigkeit die oft einen großen Theil des Jahres unwegsamen Pfade, welche dahin führen. Dadurch bildet sich in dem Hofbauer die eine Seite des freistaatlichen Lebens: das Gefühl der Unabhängigkeit und dessen eifersüchtige Wahrung mächtig aus. Die Markscheide, wo die Unabhängigkeit zu Eigensucht wird, tritt nur selten zu Tage. Hat die Büreaukratie aus den Bürgern in Städten und zusammenhängenden Dörfern jeden Gemeinsinn, jede Selbstthätigkeit für's Allgemeine allmälig gründlich ausgetrieben, so ist der einsame Bauer draußen oft gar nie dazu gekommen.
    Unser Furchenbauer galt von jeher als ein Liberaler und er war dieß auch nach dem bisher gewohnten Begriff. So oft er mit den Beamten in Berührung trat, war er stolz und zäh. Wenn er aufs Amt kam, sagte sein Gang, seine Miene: »Was seid denn ihr Schreiber gegen mich? Ich bin der Furchenbauer,« und nur Einmal vertraute er in sonst nie vorgekommener Offenherzigkeit dem Hirzenbauer von Nellingen einen Geheimgedanken mit den Worten: »Die Beamten haben doch weit mehr Respekt vor Einem, der kein unterthäniger Jamensch ist, wenn sie ihn auch nicht leiden mögen.« Dazu kam, daß trotz seines Stolzes ihm die Vertraulichkeit der angesehenen Männer aus der organisirten liberalen Partei wohlthat; er duzte sich mit mehreren Advokaten und sogar mit dem ausgetretenen Geheimrath, der trotz seines Liberalismus doch beharrlich Geheimrath betitelt wurde. Der Furchenbauer hörte sich gern als freien Mann rühmen, der nach Niemand was zu fragen habe, er sprach bei den Wahlversammlungen nie öffentlich und kaum mit einem Nachbar, aber bei der Abstimmung war er fest und sicher.
    Jetzt war eine andere Zeit gekommen. Freilich war es schön, daß zwei von den Duzbrüdern des Furchenbauern jetzt Minister waren. Damit sollte aber auch die Welt zufrieden sein, und unerträglich war's, daß jetzt Jeder die Keckheit hatte, auch ein Liberaler sein zu wollen; das ist doch etwas, was nur Leuten zusteht, die nach Niemand was zu fragen haben, wie kommt so ein Häusler dazu? Und himmelschreiend war's, daß jetzt auch ein Kind, das noch keinen Kreuzer eigen Vermögen besaß, mitstimmen durfte wie der Vater.
    Diese Wahrnehmungen machten den Furchenbauer oft unwirsch, aber er verschloß seinen Widerstreit in sich. Nur Einmal gab er ihn kund, indem er Alban befahl und als dies nichts half, ihn sogar bat, von seinem Stimmrechte keinen Gebrauch zu machen; aber Alban ließ sich das nicht nehmen, er hatte von der Volksversammlung das Schlagwort mitgebracht: »Wehrpflicht, Wahlrecht;« und was er einmal in seinem Herzen aufgenommen, ließ er nicht mehr los. Alban war bei der Volkswehr und ein Jubeltag war es für ihn, als er zum Erstenmal im Leben seine Stimme abgab. Vinzenz hatte dem Vater willfahrt und darauf verzichtet.
     
Freies Gut, freies Brod, und ein Blitz vom Himmel.
     
    Im Laufe des Sommers kam ein Ereigniß, das auch den alten Furchenbauer plötzlich für die neue Zeit gewann. Der Furchenhof war noch von Altersher ein sogenanntes Erblehen, auf dem mancherlei Lasten und Abgaben ruhten; jetzt durften diese allesammt abgelöst werden. Der Hof, den man nahezu auf hunderttausend Gulden schätzen durfte, wurde durch die Ausbezahlung von sechstausend Gulden freies Eigenthum, an dem Niemand mehr irgend einen Rechtstitel hatte. In baarem Geld brachte der Furchenbauer die Summe auf das Kameralamt und kam doppelt glückselig und freudestrahlend wieder, denn er hatte in der Stadt gehört, daß fortan auch die adeligen Gutsherren unter dem Schultheiß stehen wie jeder Andere.
    »Jetzt bin ich so viel wie ein Baron und ich schaff' mir jetzt für unser Käppele eine Glock' an, ich darf's jetzt so gut wie ein Baron; ich brauch' Niemand darum anfragen,« sagte der Furchenbauer zu seiner Frau und seinen Kindern und strich sich behaglich mit der breiten Hand über die rothe Brustweste. Er ging lächelnd und behend durch Ställe und Scheunen, auf die Felder und in den Wald und betrachtete Alles neu, als grüßte er's erst jetzt als sein rechtes Eigenthum. Vinzenz zuckte mit dem einen Auge als der Vater am Abend zu ihm und Alban sagte:
    »Ihr Buben kriegt's besser als wir's gehabt haben, ihr seid Freiherren.«
    »Ja, und jetzt darf man mit dem Hof schalten und walten wie man will,« setzte Vinzenz hinzu.
    »Vor der Hand

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