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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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elterlichen Hause hatte sich Alban Kenntnisse und Lebensanschauungen angeeignet, die ihr Förderndes, aber auch ihre Zwiespältigkeiten in ihm und mit seiner gewohnten Umgebung zu Tage brachten. Schon die ernstliche Neigung zu Vreni und die Erwägungen hierüber waren ein Ergebniß davon und der vollbrachte Sieg hätte ihn vielleicht lange in Widerstreit mit sich gehalten, wenn nicht sein Stolz noch mächtiger gewesen wäre; und vor Allem beschäftigten ihn vielfache Neugestaltungen der ganzen Bewirthschaftung. Der Vater ließ ihn jetzt aber nicht mehr schalten wie er wollte und gab ihm nur in Kleinigkeiten nach, die er als große Gunst darstellte.
    Alban hatte einen dreischarigen Felgpflug angeschafft und bearbeitete damit eine schon im Herbst abgerodete und umgepflügte Waldstrecke, er spannte jetzt zwei junge Stiere hinter einem vorausgehenden Pferde an den Pflug. Noch nie hatte man hier zu Lande Stiere an die Feldarbeit gewöhnt, man bediente sich dazu der zahmen Ochsen. Der Vater lachte Alban über den neuen Versuch aus, den dieser in der Schweiz gesehen und hier nachahmen wollte, aber nach viel Mühe und Schweiß gelang es ihm, und die wilden Thiere fügten sich in die Arbeit.
    Der alte Furchenbauer war trotz vielen Scheltens doch stolz auf seinen Alban und auf dem samstägigen Fruchtmarkt in der Stadt, wenn er bei dem gräflich Sabelsbergischen Pächter in Reichenbach saß, sagte er oft: »Der Alban braucht gar nichts; der Bauer, dem ich den Alban für seine Tochter gebe, der muß mir noch Geld herauszahlen.«
     
Die Zügel in fremder Hand.
     
    Am Ostersonntag fuhr der Furchenbauer mit seiner Frau, den beiden Söhnen und Ameile nach der über eine Stunde entfernten Kirche. Auf dem Heimweg, da wo von der Landstraße ab der eigene Weg nach dem Hofe beginnt, stieg der Vater ab und befahl auch Alban ein Gleiches zu thun und Vinzenz die Zügel zu übergeben.
    Es giebt ganz gewöhnliche Ereignisse, die oft so seltsam berühren, daß man sich einen Grund dazu gar nicht erklären kann. Alban hat nachmals oft erzählt, daß ihn der Befehl, die Zügel abzugeben, im Innersten erschreckt habe, ohne daß er wußte warum. Vinzenz nahm ihm mit einem so raschen Griff die Zügel aus der Hand und der sonst so gewandte und behende Alban stieg so ungeschickt ab und verwirrte seine Füße in die Zügel, daß er fast zu Boden fiel.
    Kann sein, daß Alban sich Alles was diesem Ereigniß folgt, erst später so bestimmt ausdeutete, genug, er stand auch jetzt eigenthümlich erschüttert vor dem Vater, der nach einer Weile begann:
    »Alban, es ist Zeit, daß du jetzt für dich selber zu bauern anfangst.«
    »Wie Ihr meinet, Vater, ich hab' glaubt, Ihr wollet warten, bis das Ameile versorgt ist.«
    »Das ist mein' Sach'. Es ist gescheiter du heirathest jung, ich bin ein bisle zu spät dazu kommen, ich möcht' aber doch noch mit meinen lebendigen Augen sehen, wie's meinen Kindern geht.«
    »Und ich will Euch thun was ich Euch an den Augen absehen kann,« betheuerte Alban und hielt vor innerer Bewegung still, der Vater aber schritt fürbaß, knurrte etwas vor sich hin und sagte endlich:
    »So ist's nicht gemeint. Ich geb' den Löffel nicht aus der Hand bis ich satt bin. Du hast nichts für mich zu sorgen. Kurzum, heut Nachmittag kommt der Kornmesser Spitzgäbele, er hat mir auf dem letzten Fruchtmarkt gesagt, daß er dir eine rechtschaffene Wittfrau weiß, drüben im Gäu, mit einem Gut so groß wie das meinige und die Aecker noch viel besser, und sie hat nur ein einziges Kind und das hat sein abgetheiltes Vermögen. Du spannst unsre beiden Fuchsen an's Bernerwägele und fahrst mit dem Spitzgäbele nüber und besiehst dir die Gelegenheit.«
    »Aber Vater, warum soll ich denn aus dem Haus? Wer kriegt denn unser Gut?«
    »Der dem ich's geb'. Das Sach' ist mein.«
    »Wer ist denn der älteste?«
    »Still sag' ich, du hast nichts zu fragen. Ich kann nicht nur Mulle, ich kann auch Kuz sagen 1 . Nein, horch, bleib' ein bisle stehen und laß mich ausschnaufen. Guck Alban, ich hab' viel auf dich gewendet, du bist ein Kerle, der sich sehen lassen kann, du bist mein Augapfel gewesen ... Ich brauch' dich beim Teufel nicht fragen, du mußt thun was Ich will ... Nein, horch, der Vinzenz ist freilich der jüngere, aber guck, da, da, du hast deine zwei Augen ... Du Heidenbub, guck mich nicht so an, du mußt thun was Ich will. Red' mir kein Wort. Still sag ich. Du bist jetzt freilich der Aelteste, aber das Gut ist jetzt auch frei, ich kann mit thun was

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