Schwarzwaelder Dorfgeschichten
Zuvorkommenheiten nie entschließen, und von allen Lustbarkeiten blieb die beste immer die, daß er auf dem Heimwege bei Vreni auf dem Hellberge einkehrte.
Der Winter ging schnell vorüber, die wundersamen Schauer, die im Frühling alle Herzen ergriffen hatten, waren längst verweht. Die Freiheit wurde nicht in Einem Sommer gezeitigt und der Landmann vor Allem ist nicht geneigt, sich auf ein längeres Warten einzulassen. Man fand sich allmälig in das altgewohnte Herkommen. Alban war nur noch Einmal auf einer Volksversammlung im Apostel zu Wellendingen gewesen, er hatte jene bekannten Herabwürdigungen des Reichstages gehört und nur daraus entnommen, daß Alles aus sei. Er mußte sich stillschweigend manchen Hohn des Vaters gefallen lassen, dem er nichts erwiedern konnte, auch wenn ihn die kindliche Unterwürfigkeit nicht daran gehindert hätte.
In diesem Winter vollführte Alban eine Arbeit, auf die er nicht wenig stolz war, über die indeß der Vater lächelnd den Kopf schüttelte. Alban entwarf nämlich mit verschiedenen Farben eine Karte des ganzen Hofgutes: Berg und Thal, Feld und Wald und alle Wege waren darauf genau angegeben. Es war allerdings kein Meisterstück, aber Alban verdroß es doch, daß der Vater sagte: das sei unnütz. Die Mutter lobte ihn indeß dafür um so mehr, sie ließ die Karte einrahmen und hing sie in der Stube auf und nicht ohne Stolz hatte der Urheber: »
Alban Feilenhauer
gez.« darunter geschrieben.
Einst gegen den Frühling, Alban hatte sich vorgenommen, daß dieß das Letztemal sein solle, war er wieder auf dem Hellberg, da erzählte ihm der Nagelschmied, daß sein Großvater es von seinem Vater gehört habe, wie vor Zeiten der Hellberg ein großer Bauernhof gewesen sei, drauf lebte eine Familie, die allzeit feindselig mit denen auf dem Kandelhof war, bis der Urahne Albans die einzige Tochter vom Hellberge heirathete und beide Höfe zu einem machte. Der Nagelschmied setzte noch hinzu, daß auch die Obedfüchti von einer reichen Bauernfamilie abstamme, der Ahne aber habe Alles, man wisse nicht warum, vernachlässigt und drunten am Felsen den ganzen Tag Geige gespielt.
Als Alban heimwärts ging, war es ihm immer als spräche ihm Jemand in's Ohr: »Das ist ein Doppelhof, das waren einst zwei Höfe, dein Vater will nicht leiden, daß du den Hof bekommst und die Vreni heirathest, gut, so zerreiß' es wieder, nimm den Hellberger Hof für dich und die Deinigen, das muß er thun.« Alban war aber doch auch wieder ein stolzer Bauernsohn, berechtigt zu dem großen und ganzen Erbe, er warf den Gedanken weit hinter sich, die Hälfte seiner Habe leichtfertig zu opfern und doch kam ihm wieder zu Sinn, daß der Nagelschmied und die Obedfüchti ja auch von reichen Bauern abstammten, warum sollte nicht eines von des Nagelschmieds Kindern wieder zu reichem Besitzthum gelangen? Alban sah weit hinaus in die Zukunft, wie einst auch erblose Nachkommen, die von ihm abstammten, zu Taglöhnern wurden, Vreni sollte glücklich sein, ... aber die Schwiegereltern, die Schwäger und Schwägerinnen waren eine beschwerliche Last. –
Dort, wo eine auf Stützen umgelegte Tanne den Weg einhegt, dort wo der Fels jählings in's Thal abspringt, den man des Geigerles Lotterbett nennt, wo drunten der Bach rauscht, den jetzt die Schneewasser schäumend erfüllen, dort stand Alban lang an das Geländer gelehnt und träumte hinein in die dunkle Nacht und in die ferne Zukunft. Die ganze Welt stand still und nur der Bach rauschte und manchmal war's, als ob mitten unter Rauschen und Brausen die längst verstummten Saiten des Geigerle tönten. Das war nur ein dünner Wasserstrahl, der klingend aus einer Felsenschrunde rann.
Endlich machte sich Alban entschlossen auf mit dem festen Vorsatz, diesen Weg nie mehr in solchen Gedanken zu beschreiten; er war ein großer Hofbauer und war verpflichtet, eine Neigung in sich zu bekämpfen.
»Wenn ein Großbauer sich auch noch eine Frau nach reiner bloßer Herzensneigung wählen dürfte, dann hätten ja die Reichen Alles auf der Welt, Gut und Geld und alle Herzensfröhlichkeit auch noch dazu. Das wär' zu viel, drum ist's vertheilt; die Einen haben dies, die Andern haben das, und des Vaters Wille muß gelten: ein Großbauer hat vor Allem daran zu denken, daß die Familie in alten Ehren bleibt.« Das waren die Gedanken, mit denen Alban sein stürmisches Herz zu beschwichtigen suchte.
Theils durch die Anlage seiner Natur, hauptsächlich aber durch sein Verweilen außer dem
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