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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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er in den Boden sinken. Eine Stimme antwortete auf den Ruf: »Ich komm' gleich.« Auch die Stimme war ähnlich.
    Als wäre er verzaubert, fast taumelnd trat Alban in den Hof und als er in die Stube trat fuhr er sich mit der Hand über die Stirn. Es war ja wieder als ob Vreni hier wäre, nur war diese hier wohlbeleibter und sah trotziger drein.
    Spitzgäbele machte die Vorstellung leicht und sprach, da noch mehr Leute da waren, von einem Roßhandel. Die Frau, die Vreni so ähnlich sah, hatte denselben Namen und war die Bäuerin.
    Alban ließ sich nicht lange zum Sitzen nöthigen, die Kniee brachen ihm fast. Er schaute sich in der Stube um, Alles war stattlich und anheimelnd und in ihm war es wie ein Ausspruch der Gewißheit, daß er hier sein Lebensziel gefunden habe.
    Sehr häufig machen die Menschen gerade die verzwicktesten Gesichter, wenn diese von einem betrachtenden Auge aufgenommen oder gar abgemalt werden sollen. Der Gedanke, das jetzt diese Formen selbständig und dauernd festgehalten werden, prägt eine Erschlaffung oder eine unnatürliche Spannung in ihnen aus. In ähnlicher Lage war jetzt Alban, er wußte nicht, sollte er unter dem Forscherblick der Bäuerin die Augen niederschlagen oder erheben. Zu großem Glück schmiegte sich ein großer schwarzer Schäferhund, der in der Stube war, an ihn, und Alban hatte nun Etwas, womit er sich beschäftigen, wobei er auf-und niederwärts blicken konnte. Die Bäuerin bemerkte nicht ungeschickt, daß Alban ein guter Mensch sein müsse, da der fremde Hund so zutraulich gegen ihn sei. Alban schwieg und dabei blieb er, selbst als die Dienstleute sich aus der Stube entfernt hatten und zuletzt auch Spitzgäbele wegging und ihn mit der Bäuerin allein ließ. Diese fragte ihn nun, ob er das Kind seines verstorbenen Bruders in Siebenhöfen besuchen werde und als Alban ohne einen weiteren Zusatz antwortete: »Ich hab's im Sinn,« zeigte sich plötzlich eine seltsame Bewegung in der Bäuerin; sie stand auf, setzte sich aber gleich wieder und fuhr fort, Kartoffeln zu schälen für die morgige Frühsuppe. Sie sprach noch Manches mit Alban, besonders über sein elterliches Haus und über seine Hieherreise und abermals – Alban wußte nicht warum – kam sie auf seinen Besuch bei seinem Bruderskinde zu sprechen. In allen ihren Reden offenbarte sich ein verständiges und gutes Herz, Alban war damit zufrieden, und heiterer als er sich's gedacht hatte, kehrte er mit Spitzgäbele wieder in das Wirthshaus zurück. Er durchforschte mit unbefangenem Blick die große Wirthsstube und saß noch lange bei dem Wirth, er sah sich schon im Geist an manchen Abenden vom Eichhofe hieherwandern, um wieder fremde Menschen zu sprechen und unter ihnen zu sein.
    Am Morgen war es Alban wieder etwas bange, er fühlte sich wieder wie in die Fremde verstoßen, er sollte sein Leben in ferner Einsamkeit verbringen; hier kannte er Niemand und daheim hatte Jedes ein freundliches Wort für ihn. Spitzgäbele lachte ihn aus, da er offen klagte, er sei so voll Heimweh und banger Besorgniß, daß er weinen möchte wie ein Kind. Spitzgäbele erklärte dieß als das natürliche Beben vor einer großen Freude, und wußte das Glück Albans wieder so hoch zu preisen, daß dieser selber es nicht mehr verkennen konnte.
    Alban hatte aus Trotz gegen seinen Vater und eigentlich um ihn zu täuschen, sich zu dieser Brautfahrt entschlossen, und jetzt sah er sich davon gefesselt. Als er aber im hellen Morgen mit seinem Gefährten den nächtlich beschrittenen Weg dahinging, als die Lerchen so jubelnd sangen über den grünen Feldbreiten, die Spitzgäbele als sein künftiges Eigenthum pries, und besonders auf das Winterfeld zeigte, das so gut angeblümt war und hie und da schon buschig zu werden begann, da wurde es Alban fast bräutlich jubelvoll zu Muthe. Wenn die Eichbäuerin am Tag so schön war wie sie am Abend erschien, so konnte sich nicht leicht eine mit ihr vergleichen. Nochmals stellte sich des Nagelschmieds Vreni vor die Erinnerung Albans, aber er sagte sich, daß er sie nicht hätte heirathen können, auch wenn er Bauer auf dem Furchenhofe geworden wäre, der Vater hatte Recht; und abermals lebte die Kindesliebe und der Gehorsam in Alban auf und er fühlte sich im Tiefsten erquickt im Gedenken an die Freude, die sein Vater an der Verlobung haben müsse, und es erschien wohlgethan, daß Vinzenz, der beschädigt genug war, den väterlichen Hof erhielt. Die Lerchen sangen nicht lustiger in der blauen Luft als die Freude

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