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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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mit ihm und Anderen einen großen Prozeß anzufangen; sie waren ja auch Nachkommen eines abgefundenen Sohnes vom Hirzenhof; nur wenn das Gut beisammen blieb, hatten sie keinen Anspruch, jetzt aber waren auch sie zu einem Erbtheil berechtigt. Dominik, der sich der Betheiligung an diesem Prozesse weigerte, erfuhr nun doppelt, wie mißachtet er im elterlichen Hause beim Bruder war: ehedem, wenn er auf Besuch kam, war er geehrt und geschätzt, jetzt gilt er nichts mehr, weil er nichts mehr ist und fast wird er als ein Eindringling angesehen, der draußen in der Welt verjagt, wieder in's Nest zurückkehrt. Die Mutter wagte es nur im Geheimen ihm ihre Liebe zu bezeigen, vor den Andern mußte sie scheinbar zu ihnen halten; sie mußte ja mit ihrem verheiratheten Sohn und ihrer Schwiegertochter leben, Dominik konnte ihr nichts helfen.
    Vom Furchenhof verbreiteten sich plötzlich seltsame Gerüchte, die Einen sagten, der Furchenbauer habe den Alban so geschlagen, daß er am Tode läge; die Anderen sagten, Alban habe den Bruder erstochen. Es duldete Dominik nicht mehr länger in der Ferne.
    Es war ein wunderlicher Geleitsspruch, den der Hirzenbauer dem Dominik zum Abschied mitgab, denn er sagte:
    »Wenn du auf den Furchenhof kommst, tritt fest auf. So lang man Einen für gutmüthig hält, trampelt ein Jedes auf ihm herum. Ich hab' dich in den Tagen neu kennen gelernt. Glaub' mir, die Menschen kriegen erst Respekt vor Einem, wenn man ihnen die Gurgel zusammenpreßt, daß sie nimmer schreien können. Steh fest hin und wenn du jetzt nicht Meister über den Furchenbauer wirst, wirst du's nie.«
    Kaum acht Tage waren es, seit Dominik diesen Weg beschritten, als er wieder eilig auf demselben zurückkehrte. Er hatte nichts mitgenommen, als seine Denkmünze. Die Angst trieb ihn unaufhaltsam vor sich hin. Es überlief ihn heiß und kalt, wenn er sich ausdachte, was geschehen sein könnte, und einmal schlug er sich heftig auf die Stirn, als träfe er damit leibhaftig den Gedanken, der dort entsprungen war; denn es fuhr ihm durch den Sinn, ob nicht aus dem Unheil der Familie sein Heil erwachsen könne. Er wünschte einem Jedem Heil und Frieden, er wollte ihnen nur in der Wirrniß beistehen und machte sich jetzt Vorwürfe, daß er fortgegangen war, während er doch sah wie über dem Hause, dem er treu angehört, bös Wetter auf's Neue aufzog. Es ist ein alter Glaube: wenn man mit Fingern auf ein Gewitter weist, dann schlägt es ein. Hatte Dominik das gethan? Mitten in allem Bangen, Sorgen und Selbstanklagen durchflammte wieder die Liebe das Herz des Dominik, denn es ist eine sattsam bekannte Wahrnehmung, daß gerade mitten in den heftigsten Erschütterungen des Lebens oft die Seele am meisten nach Liebe lechzt. Dominik schärfte sich die Lippen und genoß im Voraus die Küsse, deren Süßigkeit er so lange entbehrt hatte. Und heftiger klopften seine Pulse und rascher gingen seine Schritte, er ging zwei Armen entgegen, die sich selig ausbreiten, um ihn an's Herz zu schließen.
     
Ein reiches Kind im Elternhaus.
     
    Am selben Morgen, an dem Dominik den Furchenhof verlassen, war es im Hause wirr hergegangen. Natürlich konnte sich Ameile nicht am Fenster und nicht an der Thüre zeigen, denn sie saß im Stüble bei der Mutter und weinte, daß ihr die Augen schwollen, diese Augen, die sonst nur mit hellem Freudenglanz in die Welt hineinlachten. Der Vater hatte Ameile schon früh aus dem Gewahrsam geholt und es war ihm ein Leichtes, mit harten Worten und drohend aufgehobener Hand das Mädchen zusammen zu brechen, daß es auf den Boden sank. Der Vater ließ sie am Boden liegen und ging, die Hände auf dem Rücken übereinander gelegt, die Stube auf und ab; er fuhr fort, ihr Vergehen in heftigen Worten zu züchtigen und mit der Faust an die Wand schlagend verwünschte er sein Mißgeschick, das ihm lauter widerspenstige Kinder gegeben, die ihn in Schande und vor der Zeit unter den Boden bringen, aber er schwur, ihrer Meister zu werden. Als er jetzt auch gegen Dominik, »den Heuchler und Verführer, den meineidigen treulosen hergelaufenen Lumpenbuben« loszog, da sprang Ameile plötzlich auf, stellte sich fest vor den Vater hin und sagte:
    »Vater, Ihr könnet mit mir machen was Ihr wollet, aber das leid' ich nicht; ja, gucket mich nur so an, Ihr könnet mich todtschlagen, aber das leid' ich nicht, er ist ehrlich und treu und rechtschaffen und er hat mich nicht verführt und wir können vor Gott und der Welt hinstehen und frei aufschauen, und daß

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