Schwarzwaelder Dorfgeschichten
Unrecht es habe. »Mein Vater selig,« rief er zuletzt, »hätt' nicht so lang mit einem Kind geredet, er hätt' gesagt: das geschieht und da hätt' Keiner mucksen dürfen. Ich will das nicht, du sollst einsehen, daß ich Recht hab', du mußt's einsehen und du kannst, wenn du dich nur nicht verstockt machst. Schau, du willst gegen die ganze Welt gerecht sein, aber gegen deinen Vater nicht. Du weißt nicht, wer dein Vater ist. Dein Vater ist ein Mann, vor dem du den Hut abthun mußt. Ich dürft' für meine Kinder ein glühiges Eisen tragen (die Feuerprobe bestehen). Gott weiß es, wie ich an ihnen ein Vater bin und sein will. Ich weiß besser als du, und wenn du tausend Bücher im Kopf hast, wie's sein muß. Ich will nicht, daß die ganze Welt verlumpen soll und nichts bleibt als Geisenwirthschaft, und kurzum, ich bin tausendmal gescheiter und braver als du, jetzt glaub's oder glaub's nicht.«
Alban verstand sich endlich nur dazu insoweit nachzugeben, daß er sagte:
»Ich thue keinen Schritt, so lang Ihr nichts thut, aber dann auch ohne Widerrede.«
»So soll also auf meinem Grabe mein Gut zerrissen werden?« fragte der Vater weinend vor Zorn. Alban schwieg und die Männer in der Stube mußten abwehren, daß ihn der Vater nicht erdrosselte.
»Red' du, red' du mit ihm,« wendete sich der Bauer an seine Frau, »so red' doch was, du gehörst auch dazu.«
»Mein' Mutter selig hat nie in Mannshändel drein geredet. In den Krieg trag' ich keinen Spieß, hat sie immer gesagt. Wie ihr's ausmachet, muß mir's recht sein. Nur haltet Friede. Bei uns daheim ist's der Brauch, daß –«
»Du bist jetzt nicht in Siebenhöfen, du bist nicht daheim –«
»Das merk' ich an deinem teufelmäßigen Schreien und Toben.«
Wie von einem Blitz durchzuckt standen Mann und Frau plötzlich still, sie merkten, daß vor den Kindern, vor fremden Menschen, ein Widerstreit zwischen ihnen zu Tage gekommen war, der tief in ihnen Beiden wurzelte. Die plötzlich eintretende Stille machte die scharfe Widerrede noch schärfer. Alban wendete sich nach der Thür und diese Bewegung des Sohnes zeigte den Eltern auf's Neue was geschehen war und sprach den härtesten Vorwurf aus.
Alban verließ die Stube, die Mutter wollte ihm folgen, aber der Vater hielt sie zurück und so heftig, daß sie laut schrie.
Der Dekan erklärte, daß er am Morgen früh wieder abreise, der Gipsmüller verließ mit seinen Töchtern bald das Haus.
Am Morgen führte ein Knecht den Dekan nach der Stadt, Alban wirthschaftete im Hause umher als wäre gar nichts geschehen; er schien den Plan in der That ausführen zu wollen, bei Lebzeiten des Vaters keinen öffentlichen Widerstreit anzufachen. Der Bauer stand in der Stube und sah, die heiße Stirne an die Scheiben gedrückt, dem widerspenstigen Sohne zu. Ein Gedanke durchfuhr ihn und er bäumte sich hochauf. Er trat zu Alban und befahl ihm einen Sack Kartoffeln aufzuladen und sie in den Keller zu tragen. Alban gehorchte, der Vater folgte ihm, er befahl ihm den Sack in einem abgesonderten Verschlage auszuleeren. Kaum war Alban darin, als der Vater hinter ihm zuriegelte und ein Schloß vorlegte.
»Was soll das?« fragte Alban.
»Ich will dich in Schatten stellen, daß dich die Sonne nicht verbrennt.«
Mit einem heftigen Griff und noch einem riß Alban das Lattenwerk zusammen und stieg heraus; aber jetzt faßte ihn der Vater und warf ihn zu Boden.
»Vater, was ist das?« rief Alban; »Vater, es ist Keiner in der ganzen Gegend, der mich zwingen kann, Ihr könnet's, weil ich mich nicht wehren darf. Lasset los, auf diese Art zwinget Ihr mich nicht, so nicht.«
»Aber so,« keuchte der Furchenbauer, er hatte sich sein Halstuch abgeknüpft und band damit Alban die Hände zusammen, dann schwur er, ihn nicht an's Tageslicht zu lassen, bis er nachgebe.
»Du bist mit dabei gewesen,« schloß er, »wie ich gehört hab': in alten Zeiten hat der Vater über Leben und Tod seiner Kinder richten können. Ich bin noch aus der alten Welt. Ich will dir zeigen, daß ich's bin.«
Er sprang behend die Treppe hinauf und wälzte mit ungewohnter Kraft ein Faß und mehrere Kartoffelsäcke auf die Fallthüre.
Während dieß im Keller geschah, hatte die Bäuerin ihre große Noth im Hause. Bettelleute aus allen Himmelsgegenden waren angekommen, denn es war bräuchlich, daß der junge Lehnhold allerlei Geschenke bei der Gutsübernahme austheilte. Die Obedfüchti spielte lustige Tänze vor dem Haus. Die Bäuerin fand keinen Glauben, daß ihr Mann noch
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