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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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nicht abgebe und sie brachte sich die Leute erst vom Halse als sie Mehl und Schmalz und Brod und Kartoffeln unter sie vertheilte. Sie seufzte endlich erlöst auf, da trat eine neue Gestalt ihr vor die Augen.
    »Dominik, was thust denn du da?«
    »Ich hab' gehört, daß, daß –«
    »Daß Untereinander bei uns ist und da willst du ihn noch vergrößern?«
    »Nein, ich hab' eben sehen wollen, ob man mich nicht brauchen kann. Wenn ich unwerth bin, kann ich schon wieder gehen, aber ich –«
    »Ich kann dir nichts sagen, ich weiß selber nicht, ob ich noch da hergehöre, ob ich noch auf der Welt bin, und jetzt kommst du auch noch und jetzt geht die Geschichte mit dem Mädle noch einmal an.«
    »Ich hab' mit dem Alban was zu reden.«
    »Darf ich's nicht wissen?«
    Dominik erstarb die Antwort auf den Lippen, er starrte drein als sähe er ein Gespenst. War das der lebende Furchenbauer oder sein umwandelnder Geist? Wenn er's selber war, hatte er sich in den acht Tagen fürchterlich verändert. Der Furchenbauer sah ihn steif an, seine Lippen zuckten, aber er sprach kein Wort, er wusch sich die Hände in der Küche und sagte endlich:
    »Weißt noch Bäuerin? Wir haben einmal den Türkle an den Apostelwirth verkauft gehabt und nach drei Tagen ist er wieder kommen mit dem abgebissenen Seil. Der da ist grad wie der Türkle.«
    »Ein Hund bin ich grad nicht,« knirschte Dominik.
    »Gehörst aber auch nicht hierher. Willst dir was zu essen holen? Siehst übel aus. Gelt, in Nellingen geht's magerer zu als bei uns?«
    »Ich will zum Alban,« sagte Dominik stolz.
    »Such ihn wo er ist,« antwortete der Bauer.
    Ohne eine Erwiderung abzuwarten ging der Bauer nach der Stube. Dominik ging auch davon, er schaute um und um, aber er sah Ameile nicht. Er stand wieder draußen vor dem Hofe. In einem Acker am Wege grub ein Mann eine Grube, eine sogenannte Miete, um die rings umher aufgehäuften Futterrüben einzukellern. Man sah von dem Manne nichts als seine Mütze und die Schaufeln voll Erde, die er herausschleuderte.
    »Guten Tag!« rief Dominik. Der Mann dankte und streckte seinen Kopf aus der Grube heraus, es war Vinzenz. Er war hocherfreut den Dominik zu sehen und schloß damit: »Könntest mir wohl helfen.« Dominik war dazu bereit, sprang rasch in die Grube und ergriff die Haue.
    »Wo ist dein Alban?« fragte Dominik während des Arbeitens und Vinzenz erwiderte lachend:
    »Ich hab ihn nicht im Sack. Weiß wohl, er ist dir Geld schuldig, er kann dir jetzt baar heimzahlen, er kriegt genug. Wie viel ist er dir schuldig? Soll ich's zurückhalten von seinem Zukommen?«
    Dominik verneinte und seine Mienen erheiterten sich. Er hatte jetzt die Gewißheit, daß das Gerücht in jeder Weise gelogen hatte, Alban war so wenig beschädigt als der Furchenbauer, und um jenen war ihm doppelt bange gewesen, denn Vater und Mutter thaten so verlegen als er seiner erwähnt hatte. Der Vinzenz war äußerst frohgemuth und zutraulich gegen Dominik, ja er sagte ihm:
    »Wenn du zu mir hältst und den Alban zurechtbringst, da will ich dir was sagen: ich hab' nichts dagegen, im Gegentheil ich helf' dir dazu, wenn dich mein Ameile will, sie kriegt auch ein schönes Vermögen; der Alban heirathet dann sein' Vreni und du und das Ameile ihr gehet Alle mit einander nach Amerika, da könnet ihr euch mit dem Geld einen Hof kaufen, zehnmal so groß als der da, und ihr zwei, ihr seid ja Bauern oben 'raus, ihr könnet den Hof hinstellen, daß es eine Pracht ist. Das ist doch gewiß ehrlich und gutmeinend gesprochen. Kann man aufrichtiger sein? Wenn ich nicht so in dem Unglück wär', ich thät's gleich, ich thät's um den Frieden zu erhalten. Man muß den Vater vor Allem ehren. Ich hab' kein Wort dagegen gesprochen, wie er den Alban zum Lehnhold hat machen wollen, er soll selber sagen, ob ich nur Laut geben hab'; aber jetzt bin ich Lehnhold und jetzt bleib' ich's, und was der Vater festgesetzt hat, muß man in Ehren halten.«
    Noch nie hatte Dominik eine so lange und eindringliche Rede von Vinzenz gehört; der in sich gekehrte wortkarge Bursche schien durch seine ausgesprochene Würde plötzlich viel reifer, viel offener und einsichtiger. Dominik machte der Gedanke, daß er einen Beistand im Hause habe, um Ameile zu gewinnen, die Wangen glühen; freilich war Vinzenz nicht der eigentlich genehme und war ihm doch noch nicht ganz zu trauen, aber er ist doch jetzt der eigentliche Herrscher im Hause und an der Seite Ameile's und mit Alban in die weite Welt ziehen, da ist die

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