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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Nazi nickte vergnügt mit dem Kopfe. Nach einer Weile sagte er: »Es kann wohl sein, daß dessenthalben auch so eine Sau am ärgsten schreit und heult, wenn man's metzget.«
    Durch mancherlei Fragen, Bemerkungen und Reden galt Ivo im ganzen Dorf als ein »unterhaltsamer, aufgeweckter Bub«. Niemand ahnte seinen Wecker. Der Schullehrer aber war unzufrieden mit ihm, weil er nie, wie es die Schulordnung verlangt, ruhig nach Hause ging, sondern stets tollte und schrie wie besessen. Die armen Kinder! sie müssen stundenlang in sich zusammengepreßt sitzen; wenn es dann endlich fortgeht, können sie nicht anders, sie müssen sich aufrütteln und frei in die Luft hinein jubeln. Darum ist es oft um elf Uhr, als ob das wilde Heer käme.
    Niemand zweifelte, daß der Ivo einst ein tüchtiger Pfarrer würde, er war sonst fromm und gesittet. Der Valentin berühmte sich einst im Adler, sein Ivo werde des Hansjörgs Peter und des Johannesle's Constantin noch weit überholen.
    Dazu hatte es indes noch Zeit.
     
Fußnoten
     
    1 Tannzapfen.
     
    2 Als Geist umgeht.
     
     
3.
Kinderliebe.
    Neben Valentin wohnte des Schackerle's Michel, ein armer Mann, der bloß an Kindern reich war, von denen das jüngste Emmerenz hieß; die Zimmermännin war dessen Patin, und die Emmerenz war nun fast den ganzen Tag bei ihr im Hause, sie aß und trank dort und schlief nur bei ihren Eltern. Emmerenz war fast gerade so alt als Ivo, und die beiden Kinder waren unzertrennlich. Obgleich Ivo deshalb von seinen ungalanten Schulkameraden »Mädleschmecker« geschimpft wurde, ließ er doch nicht von der Emmerenz. Sie hatten sogar gemeinschaftlich einen Maunkel; so nennt man nämlich einen Schatz gesammelten Obstes, den man unter dem größten Geheimniß im Heu versteckt und der dem Speicher eines Kornhamsters nicht unähnlich sieht. Da saßen denn die Kinder mit heimlich stillem Entzücken bei ihrem Schatze. Ivo zeigte sich schon darin als Mann, daß er bis hundert zählen konnte. Er zählte die Aepfel, Birnen und Zwetschen. Emmerenz hörte ihm andächtig zu und sprach leise die Zahlen nach. Die anbrüchigen Stücke und die von ungerader Zahl wurden zu gleichen Teilen verzehrt. Oft aber gab es auch Händel, und das Vereinsgut wurde dann alsbald getheilt.
    Diese Trennung dauerte aber nie länger als einen Tag, denn die beiden hätten ja sonst nicht mehr mit einander von ihrem Reichtum sprechen können.
    Große Veränderungen aber gingen bald mit den beiden Kindern vor; Ivo bekam vom Nazi eine Peitsche, und Emmerenz lernte stricken.
    In der Stadt bekommen die Kinder eine Trommel oder einen kleinen Kaufladen, sie spielen dann Soldaterles oder Handelns, bis es Ernst mit dem Leben wird; auf dem Dorfe beginnt mit der Peitsche das Bauernspiel.
    Ivo stand nun oft auf dem leeren Wagen vor dem Hause, knallte nach der leeren Deichsel hinab und schrie: Hio, Hist und Hott. Sobald er aus der Schule kam, wurden Schiefertafel und Lineal auf den Tritt hinter den Ofen gestellt und mit knallender Peitsche die Hühner und Gänse auf der Straße herumgejagt. So tollte er eines Mittags umher, da sah er die Emmerenz, die mit ihrem Strickzeuge unter dem Nußbaume saß. Nicht weit davon lag ihr kleines schwarzes Kätzchen, Miezchen genannt, in der Sonne und pustete und putzte sich emsig. Das runde, blondhaarige Mädchen knüpfte mit einem Eifer die Maschen, daß es nicht aufzuschauen wagte; ein so ungewöhnlicher Ernst schwebte um die zusammengepreßten Lippen, als gälte es, dem bergeshohen Schneemann, dem Winter, eine wollene Jacke zu stricken.
    Ivo stand eine Weile ruhig neben Emmerenz und schaute ihr zu, dann sagte er: »strickst du Strümpf' für dein' Katz'?« Emmerenz gab keine Antwort und strickte ohne Unterlaß fort. Da kitzelte Ivo der Muthwille, er zog rasch die Nadeln aus dem Strickzeug und sprang davon.
    Emmerenz stand schnell auf und warf ihm einen Stein nach; da sie ihn aber, nach Art der Mädchen, nicht über die Schulter erhob, sondern nur gerade vor sich hinschleuderte, fiel er kaum drei Schritte vor ihr nieder. Nachdem sie die Nadeln zusammengelesen, ging sie weinend nach Haus.
    Nachmittags machte Ivo seine Grausamkeit schnell vergessen, er brachte der Emmerenz ein Stück blaues Glas von einer zerbrochenen Flasche. Eins nach dem andern betrachtete nun die Sonne durch das Glas und rief: »Ujadele, wie schön!« Ivo wickelte das Kleinod in ein Papierchen und schenkte es der Emmerenz.
    Einst kam ein Mann in das Dorf, der, wie weiland der kühne Rattenfänger, alle

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