Schwarzwaelder Dorfgeschichten
fragte Gottfried noch einmal?:
»Du bist –«
»Ja, ich bin die Erdmuthe, Eurer Schwester –«
Lautlos sank Gottfried auf den Boden, Alles sprang herbei, man trug ihn erstarrt davon, eine Leiche vom Kirchhofe.
Weinend ging Erdmuthe hinter drein, ihr entgegen kam Bläsi mit seiner Schwester, und sie sahen mit Entsetzen, was geschehen war. Bläsi hatte heute dem Vater auf dem Kirchhof Alles sagen wollen, nur so glaubte er ihn erweichen zu können; Erdmuthe arbeitete auf dem Kartoffelfelde beim Wegweiser und sollte warten, bis man sie holt, aber es duldete sie nicht, sie lief vorzeitig hin und so geschah, was wir erfahren.
Inmitten des Jammers um Gottfried, den jetzt wieder Alles lobte, erfuhr man, daß die vermeintliche Tochter Traudle's des Cyprians Erdmuthe sei, an die Niemand mehr gedacht. Man wollte es nicht glauben, daß sie schon einen ganzen Sommer im Dorf war, das schien unmöglich, und die Gruppen der Neugierigen und Theilnehmenden wechselten zwischen dem Hause Gottfrieds und dem Cyprians, wo die Rodelbäuerin Erdmuthe zu sich genommen und in die Kammer eingeschlossen hatte.
Nach einer Stunde, in der Erdmuthe die höchsten Qualen ihres Lebens durchmachte, kam die Rodelbäuerin zu ihr und verkündete, daß man den Vater wieder zum Leben gebracht habe, daß ihm aber die Stimme versage. Bald darauf kam auch Bläsi mit der Nachricht, daß der Vater spreche, nur sage er, er müsse sterben, weil seine Schwester ihm erschienen sei. Erdmuthe war trostlos, weil sie nicht aus dem Hause durfte und nichts thun konnte zur Abwendung des großen Leids, das sie über die Familie gebracht, aber Bläsi tröstete sie und sagte:
»Wir haben's verschuldet, ich besonders, es ist sündlich gewesen, dich so lang hinzuhalten. Mach dir nur keine Vorwürfe und Niemand soll sie dir machen.«
Die Rodelbäuerin ging wieder hinab in's Elternhaus, und bald kam an ihrer Stelle die Schultheißin und umarmte Erdmuthe innig, und seltsam äußerte sich ihr Herz, indem sie Erdmuthe schalt, daß sie sich nicht schon lang zu erkennen gegeben; sie könne nichts dafür, daß sie sie als Taglöhnerin behandelt habe.
Das Erste, das wieder Heiterkeit gewann, die Ohnmacht Gottfrieds für vorübergegangen ansah und sich an der Wichtigkeit seiner Bedeutung freute, war Traudle, und sie wiederholte oft, ihr wäre jetzt so leicht als wenn eine schwere Last von ihr genommen wäre. Der lahme Klaus saß auf der Steinbank vor dem Hause und rühmte sich seiner Klugheit, daß er allein Erdmuthe erkannt habe. Er beklagte sich bitter, daß man nie genug anerkenne, wie er gescheiter sei als Alle im Dorfe; aber als der erste Schreck vorüber war, neckte und hänselte man ihn nur über seine Weisheit. Erdmuthe indeß ließ ihn zuerst vor Allen zu sich heraufrufen und reichte ihm die Hand, und nun hatte er doch noch seinen Lohn.
Man konnte dem alten Gottfried nur schwer begreiflich machen, daß die er gesehen, die lebendige Erdmuthe sei. Er schüttelte immer mit dem Kopfe, endlich schien er es doch zu fassen, denn er sagte:
»Ich hätt' eher geglaubt, daß die Todte wieder aufersteht, als daß die aus Amerika kommt.«
Er verlangte Erdmuthe zu sehen, aber man willfahrte ihm erst andern Tages, und er selber befahl, daß man ihr das alte Ehrenkleid bringe, sie solle in diesem zu ihm kommen. Das ganze Dorf lief zusammen, als Erdmuthe mit dem Ehrenkleid ihrer Mutter angethan und mit dem Halsgeschmeide geziert, das sie treulich bewahrt hatte, nach dem Hause Gottfrieds ging. Sie küßte die zitternden Hände des Oheims, der lange nichts reden konnte, endlich sagte er, auf die siebenfache Granatenschnur mit dem Schwedendukaten deutend:
»Wer hat dir das geben?«
»Mein Vater.«
»Hast du sonst noch was von deinem Muttergut gerettet?«
»Nein.«
Gottfried legte die Augen zu und schwieg, da trat Bläsi vor und sagte:
»Sie braucht jetzt nichts mehr, sie hat wieder Vater und Mutter am Leben, es fehlt ihr nichts mehr –«
»Als ein Mann,« ergänzte Traudle.
»Und den hat sie auch,« begann Bläsi wieder, »den Ring da an der Hand trägt sie von mir, der ist auch aus dem Grab auferstanden.«
Er erzählte, wie er den Ring vergraben gehabt, Gottfried nickte still ...
Sobald der Dispens eingetroffen war, noch vor der Fastenzeit, wurde die Hochzeit Erdmuthe's und Bläsi's gefeiert, und Gottfried, der viel daheim sitzen mußte, hatte es am liebsten, wenn Erdmuthe bei ihm blieb; er sprach wenig, aber ihre Nähe that ihm wohl.
Im Frühling wurde das Haus neu
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