Schwarzwaelder Dorfgeschichten
von selbst vor ihm erhöben.
Das war ein Leben auf dem Felde! Es war als ob die zahllosen Fuhrwerke aus dem Boden wüchsen, die Mädchen glühten, die Bursche knallten mit den Peitschen, man lieh einander Wieden, man rief einander an beim Ein- und Ausfahren, lobte, Gott dankend, die Schwere der Garben und trank einander zu.
In solcher Zeit ist alles Leid und alle Sorge eine Weile vergessen, und die Menschen sind zu einander wie Brüder auf der Mutter Schooß.
Der Besitzer großer Ackerbreiten und der Taglöhner, der nur einen kärglichen Lohn davonträgt, sind eine Weile gleich, denn die Arbeit macht gleich, und das Mahl auf dem Boden und der Trunk aus demselben Becher wird zum selbstgeheiligten Liebesmahle. Der alte Gottfried that seinen Arbeitern manche Handreichung, er saß bei ihnen, sprach mit ihnen und kannte keinen Stolz mehr. Er scherzte sogar mit Traudle von alten Zeiten, da sie Beide noch jung waren, und Traudle war mehrmals nahe daran, ihm Alles zu sagen; aber sie wollte doch Bläsi nicht vorgreifen, und am Abend drängte sie diesen oft, daß er dem gefährlichen Spiel ein Ende mache, da gerade jetzt die entsprechende Weichheit und ein gewisses gesättigtes Wohlwollen in Gottfried war, aber Bläsi war weit entfernt, inmitten der Ernte solch eine Bewegung zu veranlassen, und so mußte man sich still gedulden.
Bläsi war überhaupt wie Einer, der in gewaltiger Anstrengung eine Thüre aufgedrückt hat, und nun fast rathlos dasteht und nicht weiß, was und wie er beginnen soll. Er wollte ruhig abwarten, und er hatte dabei ein gut Theil von jener Angewöhnung des Bauernlebens, die in allen Dingen gern Wachsthum und Reife abwartet und sich nicht leicht überstürzt.
Es kamen Regentage und man drosch einstweilen in den Scheunen und die Hühner gackerten dazu und erhaschten manches aufspritzende Körnlein. Bläsi drosch immer in dem Trupp mit Erdmuthe. Es kamen schwere sorgenvolle Tage und Nächte, man hörte von Hagel im Unterland, und ein säuselnder Regen, der nur manchmal in starkes Platzen überging, wollte nicht enden. Man hat Vieles geschnitten draußen liegen, und bangte darum, daß es auswachse, und auch wenn die Sonne wiederkommt, trocknete es nicht so leicht als das Stehende. Gottfried ging immer brummend umher und auch Bläsi war betrübt; Erdmuthe wollte ihn durch Scherz erheitern, aber er verwies ihr das und es schnitt ihr tief durch die Seele als er sagte: »Es scheint, du weißt nicht, wie weh es thut, wenn das Sach vor der Thüre zu Grunde geht.« Hielt sie Bläsi für nicht haushälterisch, und mußte sie immerdar darunter leiden, daß sie aus einem verkommenen Hause kam? Das wollte sie nicht, lieber wollte sie Alles wieder verlassen.
Schön ist ein Sommermorgen nach ausgeregneten Tagen, ein leichter schwüler Dampf steigt auf von der reichgetränkten Erde, die Berge, die lange verhüllt waren, steigen in bläulichem Duft hervor, die Vögel singen und jubeln, die Sonne zeigt auf's Neue ihre nie versiegende Kraft, und die Menschen athmen wieder frei auf!
Die Kümmerniß war verschwunden, es ging auf's Neue an die rüstige fröhliche Arbeit, und es zeigte sich, daß die Sorge übertrieben war. Als Erdmuthe einmal abgesondert von den Uebrigen dem Bläsi die Aehren in die Wieden trug, sagte sie:
»Ich kann nichts lange nachtragen, ich muß dir sagen, ich bin dir noch bös, weil du mir beim Dreschen das böse Wort gesagt.«
»Weiß schon, aber du darfst das nicht übel aufnehmen, du mußt auf Alles bedachter sein, du hast ein bisle einen leichten Sinn, du kannst nichts dafür, du bist's gewohnt –«
»Aber solche Vorwürfe bin ich nicht gewohnt. Ich will's nicht läugnen, ich mach' mir vielleicht zu wenig Sorgen, ich will das gern annehmen, aber du übertreibst's auch, siehst ja jetzt, daß es nicht so arg ist. Ich will gern von dir lernen, aber du mußt auch von mir, glaub mir, das ist auch nöthig.«
»Gieb noch einen Armvoll her, es geht noch in die Wiede,« endete Bläsi, und der Friede war abgeschlossen. Im weiteren stillen Arbeiten wollte er zwar Anfangs die Mahnung Erdmuthe's verwerfen, aber er war ehrlich genug, ihr doch Recht zu geben, und es war ihm eine Freude, ihr Recht geben zu können.
Diesseits der Regentage war Emsigkeit und Heiterkeit auf dem Felde noch eine verdoppelte. Selbst der allzeit finstere Gottfried sagte einmal seiner Frau, so lustig sei noch nie eine Sommerszeit gewesen, und er befahl ihr, daß sie bei der Sichelhenkete auch nicht sparen solle.
Mit der hohen
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