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Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition)

Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition)

Titel: Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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selbst seid brummige Fischköppe. Und ich bin von der ganz unangenehmen Sorte. Eine neurotische Ami-Schnalle.«
    Ich gehe zum Calabretta, lege ihm meinen Arm um die Schultern und sage: »Was sind wir nur alles für herrliche Arschlöcher. Also, ich mag uns.«
    Der Brückner und der Schulle starren weiter auf ihre Bildschirme.
    »Vergessen Sie’s«, sagt der Calabretta, »ich hab’s auch schon versucht. Da ist nix zu machen. Die Stimmung hier wird wohl den Bach runtergehen.«
    »Okay«, sage ich, »disziplinarische Maßnahme der zuständigen Staatsanwältin. Heute Abend, zwanzig Uhr: gemeinsames Thekensitzen am Hamburger Berg. Sorgenbrecher. Wer nicht kommt, kriegt einen Vermerk in die Akte und einen auf den Deckel.«
    Die Kollegen vor den Bildschirmen ziehen ihre blonden Augenbrauen zusammen.
    »Dienstanweisung!«, sage ich.
    Die beiden schmollen.
    »Sagen Sie dem Inceman Bescheid, Calabretta.«
    Jetzt kommt unruhiges Gebrumme ins Geschmolle.
    »Ja, darum geht’s doch schließlich, Herrschaften«, sage ich. »Ich muss mir den auch erst noch schönsaufen.«
    Auf dem Weg zum Aufzug treffe ich den Inceman auf dem Flur. Er hat eine Tasse Kaffee in der Hand und kuckt mich an. Ich sage nichts und kucke weg.
    Ich war da gerade wohl nicht ganz ehrlich.
    Schönsaufen muss ich mir den nämlich nicht.
    *
    Der Sorgenbrecher an einem Dienstagabend im Herbst, das ist die vermutlich beste Kneipe der Welt. Keine Partytouristen weit und breit. Nur ein paar gute Menschen, die gute Drinks wollen. Das rot leuchtende Gitarrenherz im Fenster wärmt die Blicke und die Gesichter. Hinterm Tresen immer ein ganz spezieller Barmann oder eine noch speziellere Barfrau, solche gibt’s sonst nirgends, so was kann man sich sonst nirgends ankucken, die tragen erstklassige Vintage-Kleidung, bei denen sitzt das alles wie eine Eins, wahrscheinlich, weil sie im Grunde aus der gleichen Zeit kommen wie ihre Klamotten. Beatseelen. Und dann können die auch noch richtig was am Alkohol. Ich hab nur hier diese Gin Tonics getrunken, die sowohl nach Gin als auch nach Tonic schmecken und nicht wie irgendwas Dünnes dazwischen. Die Drinks im Sorgenbrecher haben Körper und Wucht. Und die Plattenaufleger legen ausschließlich Qualitätsplatten auf, gerade an den Dienstagen. Manchmal sieht man hinten vor der Toilette ein Paar tanzen.
    Der Inceman ist schon da. Er sitzt allein an einer Ecke der Theke, hat ein Astra-Bier vor sich stehen. War ja irgendwie klar, dass der pünktlich ist und die anderen nicht. Der Streber. Und die Jungs lassen sich das natürlich auch nicht nehmen, ihn ein bisschen warten zu lassen.
    »Moin«, sage ich und setze mich auf den Barhocker neben ihn, aber über Eck. So sitze ich an der Stirnseite und hab den Laden im Blick und auch sonst alles, und so was mag ich, das ist mein Ding.
    »Guten Abend«, sagt er und kuckt mich an. Kuckt mich schon wieder so an. Dunkel, tief, das klebt ein bisschen, vielleicht zieht es aber auch. Ist auf jeden Fall eine kraftraubende Angelegenheit. So langsam schwant mir: Der kann gar nicht anders kucken. Der ist so gedacht. Das hat eventuell was mit diesen Wimpern zu tun.
    »Was möchten Sie trinken, Frau Riley?«
    »Wodka Soda«, sage ich. »Und nennen Sie mich ruhig Riley. Das Frau können Sie sich sparen.«
    »Riley«, sagt er, kuckt mich wieder an und bestellt meinen Drink.
    Die Tür geht auf. Erst kommt ein bisschen Wind rein, dann der Brückner.
    Er begrüßt uns, indem er mit dem Zeigefinger an seine Stirn tippt. Als hätte er nicht eine dunkelblaue Wollmütze, sondern einen Cowboyhut auf. Er setzt sich neben den Inceman an die Theke und sagt: »Ein Bier und einen Korn, bitte.«
    Mein Wodka kommt, dann das Herrengedeck vom Brückner, dann kommen der Schulle und der Calabretta.
    »Moin.«
    »Moin.«
    »Moin.«
    »Moin.«
    Diesmal sagt der Inceman nichts. Ich kann mir vorstellen, dass das für ihn jetzt alles eine merkwürdige Mischung ist. Ein bisschen Kindergarten, ein bisschen Schlachthof. Tut mir, ehrlich gesagt, leid. Muss er aber durch. Muss sein.
    Der Schulle bestellt sich ein Alsterwasser, der Calabretta setzt gleich auf Averna. Insgesamt wird nicht viel geredet. Eigentlich gar nicht. Mir kommt das zupass. Erstens halte ich ja eh nichts vom Reden. Zweitens hab ich einen Knoten im Hals. Könnte sein, dass meine Stimme bricht, wenn ich versuche, was zu sagen. Und je länger ich so Knie an Knie mit dem Inceman sitze, desto fester wird der Knoten.
    Nach dem zweiten Wodka Soda pfeife ich aufs

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