Schweig still, mein totes Herz (German Edition)
inneren Verletzungen aus.
Sie hämmerte gegen die Tür, jedoch mehr aus Wut und Hilflosigkeit, als um sie tatsächlich einzuschlagen. Als sie zu Hale hinüberschaute, trafen sich ihre Blicke. Er kämpfte sich am Tisch entlang auf sie zu. Sein Mund öffnete und schloss sich, doch durch das dicke Glas drang kein Laut.
Er begann am ganzen Körper zu zittern, atmete noch einmal unter großer Mühe ein und zeigte auf sie. Formte langsam und unmissverständlich die Worte: »Lena. Rette Lena.«
»Nein«, rief sie dem sterbenden Mann zu, um ihn zum Durchhalten zu bewegen. Kindheitserinnerungen von ihr und Vonnie, Eli und ihrem Dad, wie sie alle gemeinsam lachten, glücklich waren, so glücklich … sie hatte die schönen Momente genauso verdrängt wie die schlechten. Jetzt das hier mitansehen zu müssen … sie schluckte das Schluchzen hinunter. Es war, als würde ihr Vater ein weiteres Mal sterben. »Eli. Halte durch. Bitte.«
Ihre Stimme brach weg und erstarb. Eli konnte sie nicht hören.
Eli Hale rang ein letztes Mal um Atem, dann fiel er mit dem Gesicht nach unten auf den Tisch, nur der über einer Stuhllehne ausgebreitete Arm bewahrte ihn davor, auf den Boden zu sinken. Caitlyn fluchte, als endlich der Alarm erklang und drei mit Helmen, Schutzschilden und Schlagstöcken ausgestattete Wärter in den Besuchsraum stürmten.
Wild gestikulierend deutete sie auf Hale. Obwohl offensichtlich war, dass Eli keinerlei Bedrohung mehr darstellte, nahmen die Wärter eine Kreisformation ein und überprüften zuerst, ob niemand sonst im Raum war. Anschließend postierten sich zwei von ihnen als Wache, während der Dritte bei Eli nach Lebenszeichen suchte. Er schüttelte den Kopf.
Eli Hale war tot. Und hatte seine Antworten mit ins Grab genommen.
Bernie liebte sein Leben als Anwärter bei den Reapern. Und es würde sogar noch besser werden, wenn er erst sein Abzeichen bekam und damit vollwertiges Mitglied wurde. Bis dahin musste er ihre Gemeinheiten dulden und alle Drecksarbeit erledigen, auf die niemand sonst Lust hatte.
Also kam er immer schon Freitagfrüh ins Klubhaus, räumte auf, putzte auch den hinter dem Gebäude abgestellten Wohnwagen und sorgte für ausreichend Alkohol und Snacks, damit ein weiteres Wochenende durchgefeiert werden konnte. Fegen, so wie jetzt, gehörte auch zu seinen Aufgaben. Eigentlich war es ziemlich dasselbe, was sein Vater von ihm verlangt hatte, ehe Bernie bei McSwain Enterprises aufgehört hatte, um sich den Reapern anzuschließen. Jimmy McSwain hatte es nicht sonderlich leidgetan, seinen Sohn den Rockern zu überlassen. Als Bernie seinem Vater von dem Angebot der Reaper erzählt hatte, war der sogar zur Feier des Tages mit ihm etwas trinken gegangen. Was er noch nie zuvor getan hatte. Meistens tat er einfach so, als würde Bernie nicht existieren.
Für Bernie war es das Größte gewesen, zu den Reapern zu gehören. Bis vor zwei Tagen. Als er zufällig mitbekommen hatte, dass die Anführer vorhatten, ein Mädchen zu verschleppen und umzubringen. Mit einem Schlag stand seine Welt kopf. Seinen Reaper-Kumpels, den einzigen Freunden, die er hatte, konnte er nicht mehr trauen. Sich von ihnen abzuwenden kam auch nicht infrage, denn sie würden ihn finden und dann … er fing so stark an zu zittern, dass ihm beinahe der Besen aus der Hand gefallen wäre.
Was blieb ihm also übrig, außer bei ihnen zu bleiben und nach einer Möglichkeit zu suchen, Lena zu helfen?
Das Klubhaus der Reaper befand sich in einem alten zweistöckigen Blockhaus, dessen spitzes Dach fast bis auf den Boden reichte und es von vorne wie ein großes A aussehen ließ. Früher war hier drin das
Pit Stop
, eine Bar gewesen. Seit die Reaper den Laden übernommen hatten, wurde zwar doppelt so viel Alkohol ausgeschenkt wie früher, aber da es sich um private Partys des Motorradklubs handelte, mussten sie sich weder um Schanklizenzen oder andere Verordnungen kümmern. Im ersten Stock gab es einen kleinen Nebenraum für ungestörte Zusammenkünfte, dort hielten sie ihre Versammlungen ab. Im Erdgeschoss befanden sich die Küche, die Bar, eine Tanzfläche, Dartspiele sowie zwei Billardtische. Hinter der Bar gab es noch ein paar Büroräume.
Bernie zog zwei Dartpfeile mit Stahlspitzen aus einer breiten Pinienplanke des Dielenbodens. Sie waren nicht einmal in der Nähe der Wurfscheiben gelandet. Stattdessen hatte wohl jemand auf das Schild bei der Eingangstür gezielt, auf dem » SQUIDS haben keinen Zutritt!« stand. Er verstaute die Pfeile
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