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Schweig still, mein totes Herz (German Edition)

Schweig still, mein totes Herz (German Edition)

Titel: Schweig still, mein totes Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. J. Lyons
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Den alten wild gemusterten Quilt, der hauptsächlich aus verschiedenen Pink- und Lilatönen bestand, hatte er extra gewaschen, dazu neue Laken aufgezogen, die er im K-Mart in Sevierville besorgt hatte, und sogar eine Vase mit getrockneten Sonnenblumen für sie auf die Kommode gestellt.
    Seine eigene Hütte war der letzte Ort, den sie sehen sollte. Das kleine Holzhäuschen wurde fast vollständig von der 1992er Super Glide FXR in Beschlag genommen, an der er gerade herumschraubte. Überall lagen Einzelteile verstreut, entweder in Schalen mit Fettlöser oder auf ausgebreitetem Zeitungspapier, wo sie darauf warteten, geputzt zu werden. Seine Kleider stapelten sich auf dem Bett, denn er schlief meist sowieso in dem alten Lehnsessel. Es gab ein Radio mit integriertem Kassettenrekorder, aber bis auf einen lokalen christlichen Mittelwelle-Sender hatte er hier keinen Empfang, weder Kabelfernsehen noch Internet. Auch Essensvorräte hatte er keine, bis auf Dosensuppe, Thunfischkonserven und vielleicht noch etwas Erdnussbutter – Brot und Marmelade waren ihm ausgegangen und zum Einkaufen hatte er keine Zeit gehabt.
    Kein sehr gelungener erster Eindruck, den er hier vermittelte. Aber da es die nahegelegenste Hütte war, der Leopard draußen nach Beute suchte, sie beide geschwächt waren, er zudem noch Blut verlor, wollte er Lena so kurz wie möglich im Freien wissen.
    Die Schimpansin half auch nicht gerade, sie rannte unentwegt um ihn und Lena herum, während sie beide durch die leere Lodge auf die Hintertür zustolperten und dabei Leopardenkot und stinkendem Aas auswichen. Bernie musste sie kurz loslassen, als er sich an der Tür zu schaffen machte. Einen Moment lang dachte er, sie würde wegrennen, aber sie lehnte nur im Türrahmen und
starrte
ihn an, als habe er Bambis Mutter auf dem Gewissen.
    »Es wird alles gut«, versuchte er sie zu beruhigen. »Sie sind gleich in Sicherheit. Das verspreche ich.«
    Der Nachtwind schleuderte ihnen eine dicke Schneeböe entgegen. Bernie wünschte, er hätte die Lampe noch. Gegen den Leoparden hätte die zwar auch nicht geholfen – da war die 44er in seiner Manteltasche seine einzige Hoffnung –, in dem schauderhaften Nebel aber immerhin etwas Orientierung geboten.
    Dem Affen schien der Nebel ebenfalls unheimlich zu sein, denn er sprang immer wieder in die Schwaden hinein. Bernie glaubte durchaus an Geister; seine Großmutter hatte das zweite Gesicht gehabt und niemals hätte er seine Nase in die Angelegenheiten von Toten gesteckt. Er zog Lena näher an sich. Sie zitterte so stark, dass sie ihn fast umwarf, und so überquerten sie gemeinsam die Rasenfläche zwischen dem Hinterausgang und seiner Hütte. An den Stufen angelangt, wäre er beinahe gestolpert, wenn sie ihn nicht aufgefangen hätte. Die Tür hatte kein Schloss – Bernie besaß nichts von Wert. Er trat ein, stemmte sich gegen die Tür und den Wind, um sie zu schließen, dann drehte er sich zu Lena um.
    »Tut mir leid, dass es so unordentlich ist«, war alles, was ihm einfiel.
    Sie stand da, schlang zitternd vor Kälte die Arme um den Oberkörper und presste die Lippen so fest aufeinander, dass sie kein Wort herausbekommen hätte, selbst wenn sie etwas zu sagen gehabt hätte.
    Toll gemacht, Romeo, schalt er sich. Trotz der stechenden Schmerzen im Arm ergriff er eine Vliesdecke, die über dem Lehnsessel lag, und bot sie ihr an. Sie zögerte, nahm sie dann aber doch. »Tee?« Scheiße, nein. Er hatte doch gar keinen Tee. »Oder Kaffee? Ist zwar löslicher, aber …« Beinahe wäre er über einen Kochtopf voller Zylinderschrauben von der Super Glide gestolpert. Er fing sich am Sekretär ab, vor seinen Augen tanzten rote Punkte. Lena sagte immer noch nichts. Idiot, natürlich nicht – er hatte sich ihr ja nicht einmal vorgestellt. »Ähm. Ich bin Bernie. Bernie McSwain.«
    Jetzt zeigte Lena eine Reaktion. Sie richtete sich ruckartig auf und blickte ihn verwirrt an. »Bernard McSwain?«
    »Ja. Das bin ich.« Er langte nach dem Kaffee, streckte aus Versehen den linken Arm aus und wurde vor Schmerz fast ohnmächtig. Von dem hellroten Blut, das unter seinem Hemdsärmel hervorsickerte, mal ganz abgesehen.
    »Aber Sie, Sie sind derjenige, den ich hier gesucht habe. Warum … wie …«
    Bernie starrte seine blutige Hand an, sein Verstand weigerte sich, die Worte zu erfassen, so, wie die Oberfläche eines Flusses von Regentropfen unberührt bleibt. Dann schwanden ihm die Sinne.

22
    Ein paar Stunden später wachte Caitlyn auf. Paul lag mit

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