Schweig still, mein totes Herz (German Edition)
Cherokee war. Und dass Hale deswegen lebenslänglich im Bundesgefängnis saß. Außerdem, dass mein Vater überzeugt war, Hale sei unschuldig.«
»Der Name des Stammesältesten war Tommy Shadwick. Guter Mann, aber er hat sich gerne wichtig gemacht – egal um welches Thema es ging, er musste immer gegenteiliger Ansicht sein, nur um seinen Willen durchzusetzen. Sie kennen solche Typen?«
»Habe mit ein paar davon zusammengearbeitet.«
»Extrem nervig. Der Stadtrat hatte irgendetwas durchgesetzt, was weiß ich, neue Straßenschilder, damit die Rettungswagen schneller ans Ziel kamen. Dann, in letzter Sekunde, bestand Tommy darauf, dass sie zusätzlich auch noch mit Cherokee-Schrift versehen werden. Haben Sie eine Ahnung, wie zeitaufwändig und kostspielig es ist, mehrere Hundert Schilder von Hand ausbessern zu lassen? Und dann auch noch in Reflexionsfarbe? Aber so war Tommy. Sagte, ihm sei nur daran gelegen, dass der Stamm seine Wurzeln nicht vergesse.«
»Ist das nicht ohnehin außerhalb Ihres Zuständigkeitsbereichs?«
»Sicher. Aber hier in der Gegend gibt es große Gebiete, in denen Streife gefahren werden muss, und zu wenige Polizisten. Also stehen der Chief der Stammespolizei und ich ständig in Kontakt. Wir treffen uns vielleicht einmal die Woche oder so zum Mittagessen. Manchmal kommt auch noch der Chief von Bryson City oder der Chief Ranger des Nationalparks dazu. Eine Art gegenseitiger Hilfestellung, Austausch von Informationen und so weiter.«
»Dieser Tommy Shadwick war also ein ziemlicher Querulant. Und weswegen hatten er und Hale sich in der Wolle?«
»Tja, da geht es um uralte Geschichten. Haben Sie von der Sache mit den ehemaligen Sklaven gehört?«
»Ja.«
»Hale wollte, dass seine Familie ins Stammesregister eingetragen wird, aber Shadwick hat sich quergestellt.«
Das klang nicht gerade nach einem überzeugenden Mordmotiv. »Und deswegen hat Hale Shadwick den Schädel mit einem Hammer eingeschlagen und sein Haus niedergebrannt, um den Mord zu vertuschen?«
»Ja. Das hat Eli Hale bei seinem Geständnis so ausgesagt. Es war sein Hammer. Da der Leichnam durch das Feuer stark in Mitleidenschaft gezogen war, konnte der Todeszeitpunkt nicht mehr genau bestimmt werden, also reichte das Alibi von Ihrem Vater nicht aus, um ihn von jedem Verdacht freizusprechen. Außerdem sind mit dem Feuer auch sämtliche Beweise zerstört worden. Und habe ich schon erwähnt, dass der Mann gestanden hat?« Er wiegte den Kopf hin und her. »Hab nie verstanden, warum Ihr Vater zu ihm gehalten hat. Er wollte einfach nicht nachgeben. Stur wie er war.« Er hob seine Tasse wie um einen Toast auszusprechen. »Schätze, das haben Sie von ihm geerbt.«
Da mochte er recht haben. Ihre Sturheit hatte Caitlyn schon in verflixt viele schwierige Situationen gebracht, ihr aber auch immer wieder die Haut gerettet. »Dennoch hört es sich eigentlich nach einem Indizienprozess an. Warum hat Hale dann nicht einfach den Mund gehalten? Jeder auch nur halbwegs fähige Anwalt hätte ihn da rauspauken können.«
»Er konnte wohl nicht mit der Schuld leben. Nach seiner ersten Aussage hat er nie auch nur ein Detail des Geständnisses verändert. Wie eine Schallplatte, die einen Sprung hat. Er sei zu Tommys Haus gefahren, sie hätten sich gestritten, er habe seinen Hammer aus dem Truck geholt, sei zurückgegangen, habe Tommy umgebracht, ihn mit Benzin übergossen, ein Streichholz entzündet und wäre abgehauen. Ende.« In dem Büro nebenan klingelte das Telefon. Der Sheriff blickte kurz an ihr vorbei, ging aber nicht ran. »Sechsundzwanzig Jahre lang hat niemand jemals Hales Schuld infrage gestellt oder versucht, seine Unschuld zu beweisen. Bis auf Ihren Vater und Hales Jüngste.«
»Halten Sie ihn für schuldig?«
Er zuckte mit den Achseln. »Das war nicht mein Fall, es geht mich also nichts an. Aber weshalb sollte ein Mann gestehen und lebenslang für etwas einsitzen, das er nicht getan hat?«
Da war was dran. »Und der Tod meines Vaters? Wieso hat Lena sich danach erkundigt?«
Seltsam, wie sie sich auf einmal davor scheute,
Selbstmord
zu sagen. Bislang hatte sie es immer unumwunden ausgesprochen, schon um sich selbst abzuhärten. Aber jetzt … irgendwie fühlte es sich nicht mehr richtig an.
»Ich bin nicht sicher. Es stand nie zur Debatte, wer Sean getötet hat – Sie selbst wissen das besser als jeder andere. Außer Ihnen beiden war niemand im Haus, und Sie haben ihn ja selbst gefunden, kurz nachdem der Schuss abgefeuert wurde. Da
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