Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)
Junk?«
»Genau. Er, der große Befreier Triers, bekommt allen Ruhm und vom Kaiser vielleicht auch den Grafentitel. So etwas lässt sich dann ausgesprochen gut mit Dukaten und Talern vergolden.«
»Und was hat das mit Eurem Sohn zu tun?«
»Sebastian und Konstantin Junk hatten sich angefreundet. Das gefiel mir nicht.«
»Hattet Ihr Angst, dass Euer Sohn die Einstellung der Familie Junk übernahm?«
Der Schöffe antwortete nicht sofort. »Ich wollte schon damals nicht, dass mein Sohn mit Mördern verkehrt.«
Der junge Mann war wie vom Schlag getroffen. Sein Mund stand offen, aber er bekam keinen Ton heraus. Er musste ein äußerst dümmliches Gesicht machen, denn Dominikus Vierland begann nun sogar zu lächeln.
»Jetzt wollt Ihr sicher wissen, wie ich darauf komme?«
Nikolaus konnte nur nicken.
»Meine Frau hatte eine Schwester, Sabine. Ein sehr kluges und auch hübsches Mädchen. Ich hatte sie in der Kirche gesehen und mich in sie verliebt. Ich wollte sie gerne ehelichen. Mein Vater hat es aufgrund meiner Bitte auch versucht. Sabines Vater hatte aber leider mehrere Kandidaten. Ich musste noch zwei Jahre warten, dann durfte ich die jüngere Schwester Regina heiraten. Ich habe es bis heute nicht bereut. Sie hat Euch ja hereingelassen.«
»Und was wurde aus Sabine?«
»Die bekam Theodor Junk.«
Plötzlich schlug sich Nikolaus vor die Stirn. Ihm fiel das Gespräch mit Gesine Albrecht ein. »Sabine Wiesenfeld.«
Nun war Vierland überrascht. »Ihr kennt sie?«
»Gesine Albrecht erzählte mir von ihr und ihrem tragischen Tod.«
Das Gesicht verfinsterte sich. »Es war kein tragischer Tod. Es war Mord.«
»Wie kommt Ihr darauf?«
»Leider gibt es keinen Beweis. Aber Sabine erzählte meiner Frau, dass Theodor jedes Interesse an ihr verloren hatte, nachdem sie zwei Söhne als Stammhalter geboren hatte. Von da an ließ er immer mehr durchblicken, dass sie unerwünscht war. Schließlich hätte die Kindererziehung auch eine Amme übernehmen können. Sabine hatte einen ausgeprägten Willen und ließ sich nicht so leicht unterkriegen. Aber plötzlich war sie wieder schwanger. Sowohl meine Frau als auch ich sind überzeugt, dass das Kind nicht von Junk stammte. Sabine hat nie verraten, wer der Vater war. Und so kam es, wie es kommen musste. Nach Helenas Geburt wurde Sabine plötzlich krank und verstarb. Das hat Theodor Junk getan. Darauf verwette ich mein Leben. Er hat sie eiskalt vergiftet. Ich habe ihm das auch ganz offen ins Gesicht gesagt. Aber ihn ließ das unbeeindruckt. Warum sollte er sich darüber aufregen? Wer sollte ihm den Prozess machen können?«
Plötzlich verstand Nikolaus die Distanz zwischen Helena und Theodor Junk. Gestern hatte er zum Schöffenmeister gesagt: »Eure Tochter«. Und was hatte der gefragt? »Ihr meint Helena?« Als wäre sie nicht seine Tochter. Nikolaus hatte sich noch gewundert. Dabei hatte das sogar der Wahrheit entsprochen! Kein Wunder, dass Junk bereit war, sie an einen Handwerker zu verschachern. Sie war ja nicht sein Fleisch und Blut!
»Soweit ich gehört habe, sollte Helena doch eigentlich Thomas von Buschfeld heiraten. Und dann hieß es plötzlich, dass Herrmann Albrecht sie bekäme. Wisst Ihr etwas darüber?«
Vierland bewegte den Kopf langsam hin und her. »Nein. Aber es hat mich schon gewundert. Vielleicht hatte Philipp von Buschfeld herausgefunden, dass Helena nur ein Wechselbalg war und es Probleme wegen des Anrechts auf das Erbe geben könnte.«
In Nikolaus‘ Kopf rasten die Gedanken wie wild durcheinander. Die Erklärung klang durchaus plausibel. Aber wie hatte der Ratsherr das herausbekommen? Wenn es noch nicht einmal der eigenen Schwester verraten worden war! Und was hatte Buschfeld als Gegenleistung erhalten, dass ihm fast ein faules Ei ins Nest gelegt worden war? Junk hatte ihn ja eigentlich betrügen wollen.
»Und deshalb wolltet Ihr nicht, dass Euer Sohn mit Theodor Junks Söhnen zusammen war?«
»Richtig.«
»Obwohl sie Vettern waren?«
»Ganz genau.«
»Habt Ihr diese Geschichte auch Sebastian erzählt?«
Dominikus Vierland schaute zu Boden und schwieg einen Moment. »Auch ohne diese Erklärung versprach er mir, den Kontakt mit Konstantin auf ein Mindestmaß zu begrenzen. Dafür ...« Er stockte einen Augenblick. »Dafür hatte er anschließend umso schlimmere Freunde: Erpresser, Diebe und Mörder.«
Was sollte Nikolaus dazu sagen? Er verstand die Trauer und die Enttäuschung, auch wenn er den Schmerz bei Weitem nicht nachempfinden konnte – das
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