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Schweizer Ware

Schweizer Ware

Titel: Schweizer Ware Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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hatte. Das tun Ärzte nie.
    »Vorsicht, langsam«, bat die zierliche, beinahe magersüchtige Hostess der Bodencrew, die den Fluggast nach dem Zoll empfangen und in die große Halle des Flughafens gerollt hatte, als sie ihm half aufzustehen. Sie sagte das aus Sorge um ihn und natürlich auch um sich. »Zuerst die Bremsen anziehen, sonst rollt das Ding davon.«
    Baumer stemmte sich hoch und stellte sich ächzend auf seine beiden Beine. Sofort schossen Schweißtropfen auf seine Stirn.
    »Geht es?«, machte sich die Begleiterin nun echte Sorgen.
    Der Kommissar verspürte die Empathie der etwa 25-Jährigen, nickte knapp. Schlimmer als die Schmerzen in seinem Beim waren die in seinem Kopf: Von einem Rätsel, das sich dort eingenistet hatte und ihm immer größere Pein – und Lust zugleich – verursachte. Ein Rätsel, das mit jeder Stunde, in der er noch nicht vor Ort war, weiter wucherte und komplizierter wurde. Und ja. Da gab es auch noch diese Schmerzen in seinem Bauch. Dumpf waren sie. Sie pochten von ferne. Von einer griechischen Insel im Mittelmeer. Es schmerzte ihn wegen Anna. Dass er sie zurückgelassen hatte. Er wusste, dass es nicht recht war. Doch was hätte er machen sollen? Die schöne Anna lebte. Die verschrumpelte Helen Amadio-Meier war tot. Anna konnte sich wehren. Helen nicht.
    Die Hostess suchte den Blick ihres Kunden. »Darf ich fragen, ob Sie abgeholt werden? Soll ich Sie nicht lieber bis zu den Taxis bringen?«
    »Schon okay.«
    »Kann ich nicht helfen?«
    Baumer antwortete nicht. Das übernahm Heinzmann, der zu seinem Freund und der Hostess gesprungen kam.
    »Was machst du denn, Andi? Spinnst du?«, rumpelte Heinzmann seinen Freund an.
    Die dezent geschminkte Hostess staunte, wie barsch der Wachmann mit ihrem Anvertrauten sprach. Sie begrüßte ihn dennoch nett, denn sie erkannte, dass er immerhin ein paar Winkel auf den Achselstücken hatte. Mehr noch bemerkte sie, wie dieser Polizist mit natürlicher Autorität seine Umgebung auf sich ausrichtete. Dieses Charisma beeindruckte sie stärker, als sie zugegeben hätte.
    »Merci, dass Sie ihn gebracht haben«, bedankte er sich bei ihr. Dann aber drehte er ihr den Rücken zu. Er packte den Gebrechlichen unter der Schulter, und setzte sich mit ihm in Richtung Ausgang in Bewegung.
    »Schade«, dachte die dünne Frau. »Der hätte mir vielleicht noch gefallen.«
    Heinzmann begann derweil, seinen Freund zu schimpfen. »Warum hast du mich in die Eingangshalle bestellt. Du hättest dich doch bis vor die Halle bringen …«
    »Was Neues?«, unterbrach Baumer ihn unwirsch.
    »Was Neues?«, brummte Heinzmann.
    »Los, erzähl! Was geht?«
    Heinzmann räusperte sich. Dann berichtete er seinem Freund im Gehen, was sich an diesem Tag alles getan hatte im Mordfall Rotbergerstraße. »Es gibt wenig Neues, insgesamt noch keine Spur.«
    »Fingerabdrücke?«
    »Haben wir gestern noch gesammelt. Ich habe alles so veranlasst, wie du es wolltest. Ich habe Meier extra an die Haustür gestellt. Dass mir ja nicht noch mehr Leute an die Tür fassen.«
    »Haben sie welche gefunden?«
    »Ja, insgesamt neun brauchbare von verschiedenen Leuten. Meine Fingerabdrücke nicht mitgezählt.«
    Baumer ordnete diese Information in seinem Kopf. Dann fragte er Heinzmann näher dazu aus. »Wie viele Prints waren innen an der Tür?«
    »Nur vier, also vier Gruppen von Abdrücken verschiedener Personen.«
    »Schon klar«, bestätigte Baumer, dass er verstanden hatte, was gemeint war. Er nahm auch diese Information auf und verarbeitete sie. Neun außen, vier innen, also. Das war zu erwarten, das war immer so, denn einige Leute gehen nicht hinein ins Haus. Einer der Abdrücke draußen war der des Pöstlers. Briefzusteller kommen täglich und früher oder später berühren sie auch diese Tür, halten sie alten Frauen auf oder öffnen sie und rufen ins Treppenhaus hinein, »Post« oder »Einschreiben«. Aber sie warten meist draußen vor dem Eingang. Ein paar andere Spuren wären von Kindern der Nachbarschaft. Sie würden an die Tür gekommen sein um ihre Kumpel abzuholen oder sie zu besuchen. Im Haus wohnten sicherlich Kinder, irgendwo. Die restlichen Prints gehörten den Hausbewohnern. Was an weiteren Fingerabdrücken noch übrig blieb, wäre von Besuchern dagelassen worden – den Netten ebenso wie den Bösen. Für die Abdrücke, die man an der Innenseite der Haustür gefunden hatte, galt das besonders.
    »In der Wohnung sind die Techniker noch dran, die Spuren zu …«
    »Warte, warte«, sagte

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