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Schweizer Ware

Schweizer Ware

Titel: Schweizer Ware Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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Oberbaselbieter Dorf Zeglingen an die Hand genommen hatte und mit ihm über die blühenden Sommerwiesen gegangen war und ihm allerlei Sagen und Geschichten erzählt hatte.
    Vielleicht sind die zwei jetzt zusammen, ging es Baumer durch den Kopf, als er auf den Espresso wartete. Ob die sich verstehen werden? Eine Baselbieter Hausfrau, die sieben Kinder und raue Hände hatte, und eine Basler Madame mit ihrem einzigen Sohn?
    Der prinzipiell uninteressierte und unverschämt mürrische Kellner stellte zwei Kaffees auf die Theke. Den Kommissar störte die Haltung dieses Typs nicht. Er wusste, einen Bonus bekamen andere Leute. Warum sich noch anstrengen in einem solchen Job?
    Baumer zog das eine Tässchen zu sich, knickte die überstehende Spitze des Deckels des Kaffeerahmdöschens mit einer Hand ab und zog diesen einhändig vom Behälter weg. Dann goss er die Crème in die enge Tasse, führte sie sogleich zum Mund und genoss endlich einen ersten Schluck. Der Kaffee schmeckte enttäuschend banal. Baumer rührte ein klein wenig Zucker hinein, was er nur selten tat. Aber es half nichts. Die Brühe war schlapp und freute nicht. Die Süße brachte das nur noch deutlicher hervor. Kein Vergleich mit einem oder zwei echten Espressi bei Gianni. Baumer zwang sich dennoch, ein paar weitere rasche Schlucke zu nehmen, schob dann die Tasse angewidert weg. »Los geht’s«, sagte er zu seinem uniformierten Freund, der neben ihm ebenfalls mit seinem Kaffee kämpfte. Bevor dieser überhaupt nur die Tasse abgesetzt, geschweige denn für beide gezahlt hatte, humpelte Andreas Baumer an seinen Krücken energisch vorwärts zum Ausgang.
    »Jetzt hast du’s plötzlich eilig«, rief Heinzmann seinem Freund nach.
    Der sagte nichts.

    *
    Heinzmann fuhr Baumer in seinem Mercedes nach Hause an die Hochstraße. Dort, wo Baumer seine Höhle hatte, direkt an den Gleisen des Bahnhofs SBB. Es war zu spät in der Nacht, um noch großartig mit Untersuchungen zu beginnen, sowieso war Baumer erschöpft von der Reise und morgen gäbe es mehr als genug zu tun. Er würde sich in der Gerichtsmedizin informieren, den Tatort untersuchen, wenn möglich erste Befragungen führen.
    »Willst du nicht lieber bei mir übernachten? Bei mir ist ebenerdig«, fragte Heinzmann seinen Freund, als er ihm half, die Stufen in seine Wohnung hoch zu gehen.
    »Geht schon«, antwortete Baumer, der sich abwechselnd auf den Krücken und dem gesunden Bein nach oben wuchtete. »Treppensteigen ist nicht so schwer wie gehen. Ich kann das Bein dabei hängen lassen.«
    Obwohl Heinzmann sah, dass das Hochgehen seinem Freund doch größere Mühe machte, als dieser zugegeben hätte, insistierte er nicht. Er hatte Verständnis dafür, dass sein alter Kumpel gerne in den eigenen vier Wänden, mehr noch im eigenen Bett, übernachten wollte. Auch war er selbst letztlich froh, dass Andi seine Bude nicht sehen würde. Stefan war seit 18 Jahren Single – also seit sich seine Frau von ihm hatte scheiden lassen. Er machte praktisch nur noch Nachtdienst, hatte keine Zeit für Hausarbeit. Er lebte draußen, schlief zwischendurch im Einsatzwagen oder mal in Baumers Büro für ein paar Stunden – wenn es dafür reichte. Seine Bude sah er selten. Sie war mittlerweile wohl ziemlich verstaubt. Heinzmanns Wohnung war die Straße. Die Arbeit seine Geliebte.
    Oben angekommen, rauschte Baumer sofort in seine Küche. Er griff sich die kleine italienische Kaffeemaschine, das exquisite Espressopulver und machte Kaffee.
    Heinzmann kam in die Küche, setzte sich an den kleinen Küchentisch auf einen Klappstuhl. Er schaute Baumer an, wie der in Gedanken versunken vor dem Gasherd stand und ihm den Rücken zugekehrt hatte.
    »Ah, ja, Andi. Ich vergaß zu erzählen. Rötheli ist natürlich unterwegs.«
    »Ja, das dachte ich mir schon«, brummte Baumer.
    Beat Rötheli war der Chef der Zivilen. Baumer mochte ihn nicht besonders. Rötheli war zu schnell in diese Position gekommen und seine Moral war mit der Verantwortung nicht mitgewachsen – aber das tut sie ja nie. Entweder man hat Moral, oder man hat keine. Beförderungen und Titel machen die fehlende Erziehung nicht wett.
    Dass der knapp über 30-jährige Rötheli jetzt die Nachbarschaft abklapperte, um alle möglichen Hinweise zu sammeln, ging für den Kommissar in Ordnung. Rötheli war nicht dumm und für solche Arbeit ganz gut zu gebrauchen. Baumer war sich sicher, dass der eingebildete Zivilbulle ihm einen sauberen Bericht abliefern würde. Vielleicht könnte man

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