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Schweizer Ware

Schweizer Ware

Titel: Schweizer Ware Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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Startschuss an diesen neuen Tisch gerast und hätten ihn dabei glatt umrennen können.
    Vorne an der Rolltreppe stieg er auf und ließ sich in den ersten Stock hieven. Da war die Männermode. Baumer schlenderte durch diese Abteilung, beschaute und fühlte den einen oder anderen Stoff. Letztlich waren ihm die T-Shirts und Jacken und Hosen, das ganze Zeugs, ziemlich egal. Er musste Zeit hinter sich bringen, bis zur Nacht, und hier konnte er abhängen, ohne von jemandem belästigt zu werden. Seine teuren Baumwollhemden kaufte er sowieso nicht hier. Später ging er in den obersten Stock des Kaufhauses, dort wo das Restaurant war. Er genehmigte sich einen frisch gepressten Fruchtsaft und verspeiste irgendein Junkfood dazu. Das brachte erneut 34 Minuten, die er hinter sich gebracht hatte. Sinnvoll, wenn man denn so sagen will.
    Aber was könnte er mit den nächsten Stunden anfangen? Ein Kinobesuch hätte ihm zwei, drei Stunden Ablenkung gebracht, doch es gab keinen Streifen, der ihn irgendwie interessiert hätte. Also ging er weiter zur ehemaligen Kaserne und kehrte in der Kneipe ein, die darin untergebracht war. Dort gab es allerlei Zeitschriften zu allen möglichen Themen. Er blätterte einige davon durch und las ein wenig darin. Damit brachte er weitere 78 Minuten hinter sich.
    Mittlerweile war es bereits zu spät, als dass er nochmals in seine Wohnung hätte gehen können, um noch ein wenig zu liegen. Aber weiter irgendwo hocken und Däumchen drehen, langweilte ihn.
    Immer noch hatte Anna kein Lebenszeichen von sich gegeben, und er hatte sich auch gar nicht mehr getraut anzurufen. Es war offensichtlich, dass Anna den Rest ihrer Ferien ohne Baumer verbringen wollte. »Soll sie doch«, dachte er. »Wieso muss ich ihr hinterherrennen?« Dass es genau umgekehrt war, versuchte er zu verdrängen.
    Nach einer weiteren sinnlosen Runde irgendwo im Kleinbasel war endlich genug Zeit verplempert, dass er in den 31er Bus steigen konnte, der ihn zum Hörnli bringen würde. Es war erst elf Uhr abends, also noch ein wenig zu früh für das, was sie auf dem Friedhof vorhatten. Doch Baumer hatte genug von gewissen Stellen im Kleinbasel. Dort, wo ihm, allen Integrationsbemühungen zum Trotz, erneut zwei völlig verschleierte Frauen begegnet waren, denen nur ein kleiner Sehschlitz geblieben war, durch den sie die Welt betrachteten. Diese freudlose Begegnung hatte bei ihm ein bleiernes Unbehagen ausgelöst. Er konnte den Blick der einen Frau, der ein Mann in langem weißem Gewand und Käppi wie ein Pflug vorausging, nicht einschätzen. War er verstohlen? Wollte die Frau ihm etwas sagen? Stimmte etwas nicht mit ihm?
    Baumer war zornig. Wie sollte sich hier ein respektvolles Miteinander entwickeln? Ein freudiges Zusammenleben? Ein Zusammenleben überhaupt? Wie konnte man voneinander lernen, wenn man nicht einmal miteinander sprach und sich nicht einmal richtig ins Gesicht schauen konnte? Wie sollte er so die Stimmung und die Gefühle einer solchen Frau einschätzen?
    Der Kommissar fühlte sich ganz plötzlich falsch am Platz hier. Er entschied den Rest der Wartezeit lieber an einem anderen Ort zu verbringen. Er wollte ganz einfach nicht zornig sein. Zorn und Wut, erst recht nicht Hass, waren keine guten Ratgeber, wie sich diese alte Stadt der Aufklärung gegen die drohende Verdunkelung wehren konnte.
    Zum Glück kam der 31er Bus bald und Baumer konnte diesem ihm immer fremder werdenden Teil der Stadt entfliehen, deren Eliten den gemeinen Leuten bei jeder Gelegenheit den Humanismus predigen.
    Der Stadtbus fuhr ihn direkt an den Fuß des Hörnlis, diesen hügeligen Ort zwischen Riehen und Basel, auf dem Tausende Bürger in Reih und Glied ihre letzte Ruhestätte haben. Dort fühlte er sich sogleich wohler, friedlicher. Es schien alles wieder eine Ordnung zu haben. Baumer stieg aus und setzte sich in der Nähe des Friedhofs auf eine Sitzbank.
    Der Eingangsbereich dieses größten Gottesackers von Basel wurde gebildet aus zwei kleineren Gebäuden, in denen ein Verwaltungs- sowie ein Informationsbüro untergebracht waren. Zwischen diesen beiden Bauten öffnete sich ein gepflasterter Vorplatz, der zu den Gräbern hin von eisernen Toren abgegrenzt wurde. Nicht parkieren, Autos werden kostenpflichtig abgeschleppt, stand auf einem Schild.
    Kommissar Baumer saß müde auf der Bank und wartete auf seine drei Kumpane, die ihn bald abholen würden. Gefahr, dass er einschlief, bestand nicht. Die Nacht war sehr kühl und er begann zu frösteln. Nach kurzer

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