Schweizer Ware
beobachtet. Große Teile des Hörnlis sind mit hohen Mauern eingefasst. Am Grenzacherweg ist der Friedhof mit einem zwei Meter fünfzig hohen Maschendrahtzaun gesichert. Und oben drauf noch Stacheldraht.«
»Ich steige über keinen Stacheldrahtzaun«, nuschelte Regazzoni.
»An dieser Seite liegen jedoch Wohnungen«, gab sich der Wachtmeister verschwörerisch. »Das ist unser Glück.«
»Glück? Da sieht uns doch einer, wenn wir dort einsteigen«, bemerkte Danner.
Baumer schwieg.
Heinzmann verdrehte sie Augen. »Also«, erklärte er in aller Ruhe. »Es ist ganz einfach. Entlang des Grenzacherwegs hat es nicht nur Häuser, sondern auch einen großen Parkplatz. Darauf haben ein paar Jugendliche einen Basketballkorb aufgestellt. Dort spielen sie am Abend, wenn es keine Friedhofsbesucher mehr hat und also dort auch keine Autos abgestellt sind.«
»Ja, und?«, wollten Regazzoni und Danner fast gleichzeitig wissen.
»Die Jungs müssen schlechte Schützen sein, werfen den Ball wahrscheinlich oft daneben. Der landet dann im Friedhof. Also haben sie – sind ja nicht dumm – ein verstecktes Loch in den Maschendrahtzaun geschnitten. So können sie hinein und den Ball rasch wieder holen.« Heinzmann machte eine Pause. »Ich hab das Loch im Zaun heute entdeckt.«
»Cool!«, freute sich Danner.
»Und deshalb kommst du mit dem Polizeiauto?«, insistierte Baumer.
»Genau, Monsieur. Das ist unsere beste Tarnung. Wir halten vor dem Loch, steigen dort ohne Zeitverzug ein. Sieht uns einer, dann sieht er vor allem ein Polizeiauto. Warum die Schmier rufen? Sie ist ja schon da!«
Danner lachte auf, »Genial. Der Spanner denkt dann, aha, endlich kommen einmal ein paar Polypen und suchen nach diesen Leuten, die in der Nacht einsteigen.«
»Wenn uns überhaupt jemand sieht«, frohlockte Heinzmann.
»Genial, Heinzmann, du bist ja ein richtiger Intelligenzbolzen«, lobte Danner den Wachtmeister.
»Ja. Unglaublich gute Idee«, stänkerte Regazzoni, aber nur halbherzig. Er hatte einfach Schiss bei dieser Aktion, musste aber anerkennen, dass dieser Plan gar nicht mal so schlecht war.
Baumer sagte nichts.
»Also, gut, Männer, hergehört«, dröhnte Ahab und erklärte seinen Matrosen, was ablaufen würde. Sie würden nun also direkt vor das Loch im Zaun fahren. Dann sofort einsteigen. Danach zur Grabstätte einer bestimmten Anita Kägi gehen. Sie würden das Grab ausheben. Regazzoni dann Proben nehmen. Warum Anita Kägi? Weil die Kägi die einzige Leiche von den Freundinnen der Amadio war, die in der Alpensonne gestorben waren und die man überhaupt noch untersuchen konnte. Die anderen waren alle bereits kremiert worden. Anita Kägi war vor sechs Tagen gestorben. Vorgestern war ihre Leiche hier beerdigt worden. Das hatte Heinzmann herausgefunden, als er mit ihrer Tochter telefoniert hatte.
»Jetzt hört zu«, sagte der Wachtmeister energisch. »Die Tochter sagte mir, dass sie richtiggehend darum hatte kämpfen müssen, dass ihre Mutter im Sarg beerdigt wurde. Die Leute in der Alpensonne hatten die Frau unbedingt kremieren wollen, hatten alles schon veranlasst. Aber die Tochter war nicht einverstanden.« Heinzmann hob seine Stimme um sie nachzuahmen. »Meine Mutter wird nicht kremiert!«
»Gott sei Dank gibt es noch echte Katholiken«, meinte Regazzoni.
»Ja, ohne sie gäbe es nur noch Staub für Sie zu analysieren«, schmunzelte Danner.
»Oh, glauben Sie nur nicht, dass wir nicht auch aus oxydiertem organischem Material Spuren …«, begann der Professor zu dozieren.
Baumer schnitt ihm das Wort ab. »Schon gut, Regazzoni. Trotzdem. Wir sollten endlich was schaffen.«
Regazzoni war beleidigt, nuschelte: »Ich will das schriftlich.«
Danner sagte: »Los jetzt, bevor wir alle durchdrehen.«
Heinzmann spürte auch, dass es Zeit war, vorwärts zu machen. Er drehte sich rasch zum Steuerrad. Energisch drehte er den Zündschlüssel um, und der getunte Motor sprang sofort an. Er setzte zügig zurück und fuhr die kurze Strecke zum Hintereingang des Friedhofs hinauf und hielt schon bald am besagten Loch im Maschendrahtzaun. Die Vier stiegen aus. Danner und Baumer packten je eine Schaufel und eine Spitzhacke, die im Kofferraum bereitlagen. Sie hielten die Geräte den Häusern abgewandt vor ihre Körper und versuchten so, die sperrigen Geräte vor neugierigen Blicken zu verbergen. Heinzmann hielt den aufgerissenen Maschendraht zur Seite. Regazzoni, Danner und Baumer schlüpften hindurch, während er einen Blick über die Häuserzeile
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