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Schwelbrand

Schwelbrand

Titel: Schwelbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Frankfurts Internationalität. Während oben der Schriftzug »Hohenzollern« prangte, warb darunter eine Leuchtreklame für den »Rainbow Garden«, ein thailändisches Restaurant.
    Der Platz der Republik war nur eine sehr lebhafte Kreuzung, und dass Frankfurt den Autos gehörte, erkannte Lüder daran, dass er mehrere Etappen und Grünphasen benötigte, um von Verkehrsinsel zu Verkehrsinsel die breite Straße zu überqueren.
    Das Inselhopping in Nordfriesland ist wesentlich entspannter, dachte er dabei. Ihm fiel dabei eine Skulptur auf, die einer umgedrehten Krawatte glich. Ob man damit die erfolglosen Manager erwürgte?, dachte er.
    Sein Ziel war ein Hochhaus, das von vorn wie ein runder Turm aussah und an dessen Spitze ein markanter Strahlenkranz weit in den trüben Himmel hinausragte.
    Er passierte eine der beiden Drehtüren und fand sich in einer in weißem Marmor und dunkelgrau marmoriertem Stein gestalteten Halle wieder.
    Hinter dem Empfangstresen thronten die Security-Mitarbeiter, die Herrn Claus benachrichtigten und Lüder einen Besucherausweis ausstellten. Es dauerte eine Weile, bis eine aparte Frau, Lüder schätzte sie auf Mitte dreißig, ihn abholte. Sie sprach Deutsch mit einem etwas harten Akzent. Lüder vermutete ihre Herkunft irgendwo aus Ex-Jugoslawien.
    »Wir müssen zunächst in die achtunddreißigste Etage«, erklärte die Frau, die ihren Namen nicht genannt hatte. »Dort steigen wir dann um.«
    Lüder sah sie erstaunt an.
    Sie zeigte ein freundliches Lächeln. »Wenn der Fahrstuhl bei fünfzig Etagen überall halten würde, kämen Sie nie ans Ziel. So ist es wie bei der Eisenbahn. Wir nehmen einen Schnellzug, der uns ohne Halt nach oben bringt. Dort ist der Umsteigebahnhof. Von dort geht es mit dem Regionalexpress weiter.«
    Über solche Probleme machte man sich in Kiel keine Gedanken. Wer dort in der sechsten Etage war, wähnte sich auf dem Dach der Welt.
    Der große Fahrstuhl katapultierte sie in einer solchen Geschwindigkeit nach oben, dass es Lüder in den Ohren drückte. Die Frau hatte es bemerkt.
    »Man gewöhnt sich daran«, sagte sie lächelnd. Sie stiegen auf der »Umsteigestation« aus, und Lüder staunte über ein rotes Sofa in Form eines Kussmundes.
    »Haben Sie Modell gestanden?«, fragte er die Frau.
    »Nein«, sagte sie und schenkte ihm ein Lächeln.
    Schließlich hatten sie die fünfundvierzigste Etage erreicht. Hier herrschte eine ruhige Büroatmosphäre. Die Frau führte Lüder über den halbrunden Flur und durch ein Vorzimmer in das Büro von Michael Claus, wie das Namensschild verriet.
    Claus war nur ein wenig kleiner als Lüder. Er trug eine randlose Brille. Ein extrem kurz geschnittener Haarkranz umsäumte den kahlen Kopf. Das blaue Hemd und die dezent gestreifte Krawatte sowie das über die Stuhllehne abgelegte dunkelblaue Sakko entsprachen dem, was Lüder die »Bankeruniform« nannte. Wer jemals den Weg zwischen Mainzer Landstraße, am Rande des Westends, und der Freßgass bis zur Hauptwache gegangen ist, wird sich nicht mehr darüber wundern, dass nahezu alle Männer dort in diesem Einheitsdress herumlaufen.
    »Hatten Sie eine gute Fahrt?«, erkundigte sich Claus, bestellte Kaffee bei seiner Assistentin und führte mit Lüder Small Talk über das unwirtliche Wetter, die Adventszeit und die besonderen Bedingungen eines Arbeitsplatzes in einem Wolkenkratzer. »Das Gebäude ist nicht starr, sondern elastisch«, erklärte Claus, »sonst würde es zusammenbrechen. So kann es starken Windböen ausweichen. Schließlich liegen wir hier in der Frischluftschneise für Frankfurt.« Dann rückte Claus seine Brille zurecht. »Was führt Sie zu mir?«
    »Es geht um die wirtschaftlichen Auswirkungen, die bestimmte Ereignisse in Schleswig-Holstein ausgelöst haben«, sagte Lüder vorsichtig.
    »Ich verstehe«, nickte der Banker. »Zeitung und Fernsehen sind voll davon. Da wundert es mich nicht, wenn das Auswirkungen auf die Indizes hat.«
    »Werden die manipuliert?«, fragte Lüder.
    Claus neigte leicht den Kopf zur Seite. »Das lässt sich nicht so einfach sagen. Natürlich gibt es viele Möglichkeiten für Spekulanten, Währungen oder Kurse, aber auch die Preise von Rohstoffen zu manipulieren. Sie haben davon in Verbindung mit Kaffee, Kakao oder auch Öl gehört. Wir erinnern uns auch noch an die Leute, die gegen Griechenland gewettet und damit die Rettung des Euromitglieds sehr erschwert und vor allem auch teurer gemacht haben.«
    »Inwiefern?«
    »Nun«, sagte Claus gedehnt. »Mancher

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