Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwelbrand

Schwelbrand

Titel: Schwelbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
Vom Netzwerk:
gibt also keine ernsthaften Vermutungen. Manchmal recherchieren tüchtige Journalisten auch Dinge, die für uns von Interesse sind.«
    »Nichts«, antwortete Kayssen.
    »Hat jemand etwas über den Zettel berichtet, den man in der Tasche gefunden hat?«
    »Die Sache mit dem Wappen? Nein. Das ist noch nicht nach draußen gedrungen.«
    »Habt ihr irgendwann etwas davon gehört, dass – vielleicht auch in einem ganz anderen Zusammenhang – jemand herumläuft und Landeswappen verteilt?«
    Kayssen schüttelte den Kopf. »Nee.«
    »Informierst du mich bitte, Herr Kayssen, wenn in den Medien die ersten Gerüchte kursieren?«
    Der Pressesprecher versprach es.
    Lüder fand Große Jäger in seinem Büro. Der Oberkommissar saß an Lüders Schreibtisch. Lüder war froh, dass er hier nicht seine Husumer Gewohnheiten pflegte und seine Füße in der Schreibtischschublade parkte.
    »Ich habe mich auf Ihrem Rechner eingeloggt«, erklärte Große Jäger und tippte etwas auf der Tastatur. »Beim Equipment sieht man den Unterschied zwischen der Provinz und Kiel. Oder ist es der zwischen Kriminalrat und Fußvolk?«
    »Du bist doch der Nabel der Husumer Polizei«, sagte Lüder.
    Große Jäger schüttelte den Kopf. »Wenn das zuträfe, wäre ich ein dummer Nabel. Ich habe Probleme, die Funktion aufzurufen.«
    »Was suchst du?«
    Doch Große Jäger antwortete nicht, probierte dies und jenes, ließ zwischendurch ein »Mist« und andere Ausdrücke hören, für die Lüder seine Kinder getadelt hätte.
    »Kann ich dir helfen?«, fragte Lüder und stellte sich neben den Oberkommissar. Der schüttelte den Kopf, griff zum Telefon und wählte.
    »So ’n Schiet«, fluchte er, als sich der Teilnehmer meldete. »Wie funktioniert die Kiste?« Er sah Lüder an. Und zeigte auf das Telefon. »Das ist Mommsen.«
    Große Jäger klemmte das Telefon zwischen Schulter und Wange ein und nutzte beide Zeigefinger, um etwas auf der Tastatur einzugeben.
    »Weiter. Hab ich. Ah. Nee. Noch mal«, waren seine Kommentare, bis schließlich die Seite von YouTube auftauchte. »Bis später«, sagte der Oberkommissar und legte auf. Dann sahen die beiden Beamten gespannt auf das Video, das dort ablief.
    Lüder war schockiert. Obwohl die Qualität schlecht war und man in der Dunkelheit mehr erahnen als sehen konnte, sah man, wie ein Mensch von der Brücke herabhing, verzweifelt mit Beinen und Körper pendelte und sich zu befreien versuchte. Das Ganze dauerte etwa zwei Minuten, bis von der linken Bildseite ein Schatten auftauchte. Der Zug. Details wurden durch die Eisenbahn verdeckt. Es war mehr die Phantasie, die das Geschehen ablaufen ließ. Trotzdem war es widerwärtig.
    »Diese Schweine«, sagte Große Jäger. »Das ist der Film, den die mit der Kamera aufgenommen haben, die wir an der Eisenbahnböschung gefunden haben.«
    »Noch einmal«, bat Lüder. Doch Große Jäger schüttelte den Kopf.
    »Nein! Das ist pervers.«
    »So widerlich das ist. Wir müssen uns dem stellen.«
    Sie ließen das Video noch ein paarmal ablaufen. Sosehr Lüder sich auch bemühte, er konnte nichts erkennen, das sie weiterführte.
    »Woher hat Mommsen die Information?«, fragte er.
    »Er hat das Internet abgesucht.«
    Das ist der Grund, weshalb der Kommissar nun befördert werden soll, dachte Lüder. Wir haben nicht darüber gesprochen, aber Mommsen musste das Gleiche gedacht haben. Den Tätern kam es darauf an, Aufsehen zu erregen. Leider gab es genug Leute, die sich solche Bilder ansahen. Es war der gleiche Nährboden, auf dem Gewaltvideos und Kinderpornografie gediehen.
    »Wir werden die Spur weiterverfolgen. Man muss doch herausfinden können, wer diese Bilder ins Netz eingestellt hat«, sagte Lüder laut.
    »Das versucht Mommsen derzeit.«
    »Wir werden zweigleisig daran arbeiten«, erwiderte Lüder und rief die Kriminaltechnik an. Er schilderte dem Kollegen den Fall und bat um Verfolgung der Spur.
    Anschließend rief er Privatdozent Dr. Diether vom Institut für Rechtsmedizin an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel an.
    Es dauerte eine Weile, bis sich der Privatdozent meldete. Es klang, als würde er seinen Mund ausspülen.
    »Hier ist Arnold Heller«, meldete er sich.
    Das unscheinbare Gebäude war in der Arnold-Heller-Straße in der Landeshauptstadt untergebracht. Deshalb war Lüder nicht verwundert.
    »Ich nehme an, Sie gurgeln gerade mit Ihrem kalten Kaffee«, begrüßte er den Mediziner.
    »Warm«, antwortete Dr. Diether. »Ich habe ihn mir aus der Thermoskanne eingeschenkt,

Weitere Kostenlose Bücher