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Schwelbrand

Schwelbrand

Titel: Schwelbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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stemmte seine Hände in die Hüften und bewegte plötzlich seinen Wanst vorwärts, dass sein Widersacher ins Stolpern kam.
    »Hast du mich angequakt?«, fragte er.
    »Spinnst du, Macker?« Der Junge war in seiner Ehre sichtlich getroffen.
    »Wenn du mich noch einmal duzt«, drohte Große Jäger, »stopfe ich dir deine Zigarette zwischen die Kiemen, und du darfst sie aufessen.«
    Der Jugendliche ließ seine Hand vorsichtig in die Hosentasche gleiten. Lüder hatte es gesehen. Er vermutete, dass sich dort eine Waffe befand. Ein Messer? Ein Schlagring? Leider war es eine traurige Tatsache, dass solche Gegenstände in manchen Kreisen als Argumentationsersatz dienten. Auch Große Jäger hatte die Reaktion mitbekommen. Blitzschnell fasste er das Handgelenk des Jugendlichen und umklammerte es. Mit der anderen Hand schob er vorsichtig seine Lederweste zur Seite und gewährte einen Blick auf das Schulterholster mit der Waffe.
    »Ich würde das lassen«, sagte er betont ruhig. »Das ist ungesund.«
    »Okay, Mann, okay«, versicherte der Jugendliche. »Bleib cool. Deiner Karre passiert nichts.«
    Große Jäger tippte mit dem Zeigefinger auf seine Hosentasche, in der das Handy steckte. »Ich habe dein Porträt, mein Freund.« Dann zog er seine zerknautschte Zigarettenpackung aus der Hose und bot jedem der jungen Leute eine an. Zwei lehnten ab, während sein direkter Kontrahent Zugriff und sich ungelenk die neue Zigarette an der Glut der alten ansteckte.
    Der Oberkommissar ließ von den dreien ab und folgte Lüder, der einen Hausflur hinter einer arg ramponierten Tür ansteuerte. Im dunklen Treppenhaus roch es muffig und nach abgestandenem Essen. Von den Wänden blätterte die Farbe ab, die Hausbriefkästen waren aufgebogen, und die hölzernen Stufen knarrten. In der zweiten Etage fanden sie den Namen Kayacik. Hinter der Tür mit den zahlreichen Kratzspuren waren laute Stimmen zu vernehmen. Sie erstarben sofort, als die Türglocke erschallte. Kurz darauf waren schlurfende Schritte zu hören, ein Schlüssel wurde gedreht, und dann erschien ein Mann mit zerfurchtem Gesicht. Ein dichter Schnauzbart zierte die Oberlippe. Aus dunklen Augen sah er die beiden Beamten an.
    »Herr Kayacik? Wir möchten gern mit Ihrem Sohn Halil sprechen.«
    »Was wollen Sie von ihm?« Der Mann sprach Deutsch mit deutlichem Akzent.
    »Polizei. Wir haben ein paar Fragen an ihn.«
    »Ich bin der Vater. Sprechen Sie mit mir.«
    Große Jäger hatte sich in den Vordergrund geschoben. »Ich glaube nicht, dass Sie etwas von Computern verstehen.«
    »Es ist unhöflich, das Familienoberhaupt zu übergehen«, sagte der Mann.
    »Gut. Dann erklären Sie uns, wie der Spot ›from the attac to POM Jörg‹ via Ihren Sohn binär zerlegt als Bits und Bytes ›to YouTube‹ transferiert wurde. Wir würden gern die Frequenzen wissen, die Halil vom Mobilfon über den Provider zur IT benutzt hat.«
    Lüder sah Große Jäger von der Seite an. Er hatte das Kauderwelsch, das der Oberkommissar vom Stapel gelassen hatte, ebenso wenig verstanden wie Große Jäger selbst. Er wunderte sich aber nicht, dass der ungepflegte Mann wieder einmal die richtige Methode gewählt hatte.
    Ugur Kayacik, so war laut Recherche der Name des Vaters, sah sprachlos vom einen zum anderen Beamten.
    »Ich habe fünfundzwanzig Jahre auf der Werft gearbeitet«, sagte er in hartem Deutsch. »Schwer. In ein paar Monaten wollen wir zurück in die Türkei. Meine Frau und ich. Wir haben uns ein Haus gebaut. In unserem Dorf.«
    »Das ist alles lobenswert, aber …«, wollte ihn Große Jäger unterbrechen, doch Lüder hielt ihn zurück.
    »Haben Sie ein Foto von dem Haus?«, fragte er.
    Kayacik nickte und öffnete die Tür ganz. »Kommen Sie«, sagte er und führte sie in ein plüschig eingerichtetes Wohnzimmer.
    Sie mussten auf einem durchgesessenen Sofa Platz nehmen, und der Mann suchte umständlich in einem Karton, den er aus dem altmodisch wirkenden Buffet hervorgeholt hatte, nach Fotos. Dann präsentierte er den beiden Polizisten Bilder eines landestypischen Hauses, wie es Lüder von Berichten über die türkische Provinz bekannt war.
    Es kostete Lüder Geduld, bis er vorsichtig wieder auf den Sohn zu sprechen kommen konnte.
    »Halil ist weg«, erklärte der Alte.
    Große Jäger stöhnte auf. »Das hätte er uns auch vor einer halben Stunde sagen können«, raunte er Lüder zu. Der Oberkommissar sah skeptisch aus, weil deutlich zu hören war, dass sich noch mehr Personen in der Wohnung aufhielten.
    »Wo

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