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Schwelbrand

Schwelbrand

Titel: Schwelbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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sich alle bekannten Discounter der Republik einträchtig ein Stelldichein gaben. Neben Verbraucher- und Lebensmittelmärkten waren ein Teppichhof, ein Bettenlager und ein Schuhgroßmarkt vertreten. Auch der Supermarkt für den Heimtierbedarf fehlte nicht. Mittendrin, fast unscheinbar, fanden die Beamten das Gebäude der Immanuel-Gemeinde.
    »Die sind es nicht«, stellte Große Jäger fest.
    Das Gebiet setzte sich auf der anderen Straßenseite fort, überragt vom Schleswiger Fernmeldeturm mit seinen drei Scheiben, die wie große Diskusse oben am Turm weithin sichtbar prangten.
    »Stimmt die Anschrift?«, fragte Lüder, als sie zwischen den von großzügigen Parkflächen umgebenen Läden herumirrten. Trotz allen Suchens fanden sie nichts. Auch mehrere Kunden, die sie ansprachen, konnten ihnen nicht behilflich sein.
    »Wir sind nicht von hier, sondern kommen nur zum Einkaufen her«, lautete die Standardantwort.
    Es war ein Geduldsspiel, bis sie die Glaubensgemeinschaft fanden. Sie hatte sich im Jägerredder hinter einem Möbel-SB-Markt versteckt. Von außen wirkte das Gebäude mit dem abblätternden Putz wenig einladend. Die Fenster des ehemaligen Gewerbebaus waren zum Teil mit bunter Transparentfolie beklebt, die offensichtlich als Ersatz für Kirchenfenster dienen sollte.
    Der Windfang ging in einen größeren Raum über, in dem Stühle aufgereiht waren. Immerhin versprühten der Tisch mit der schweren bestickten Decke, das Kreuz und die großen Leuchter ein wenig besinnliche Atmosphäre.
    Direkt hinter dem, was diese Vereinigung Kirche nannte, befand sich ein schäbig wirkender Büroraum, in dem ein hagerer Mann damit beschäftigt war, aus mehreren Papierstapeln Schriftsätze zusammenzutragen. Er trug eine grobe selbst gestrickte Wolljacke, die dünnen Beine steckten in einer grauen Hose. Die braunen Schuhe passten weder zur übrigen Kleidung noch zu den rostroten Haaren, die wie eine Drahtbürste vom schmalen Kopf abstanden. Durch die runde Nickelbrille sah er die beiden Beamten an, als sie den Raum betraten.
    »Polizei. Landeskriminalamt«, sagte Lüder und zeigte kurz seinen Dienstausweis.
    Der Mann warf einen flüchtigen Blick darauf, mit dem er sicher keine Einzelheiten hatte registrieren können. Dann sah er Lüder an.
    »Wir möchten gern mit einem Verantwortlichen sprechen.«
    »Um was geht es?«
    »Sind Sie zuständig?«
    »Ja. Ich bin der Pastor.«
    »Und Sie heißen?«
    »Berchelmann.«
    »Dürfen wir uns setzen?« Lüder sah sich um.
    Berchelmann zog zwei schlichte Holzstühle heran und stellte sie vor seinen Schreibtisch. Dann verschanzte er sich auf der anderen Seite hinter den Papierbergen und nahm auf einem Sitzball Platz. Das passte zu ihm, stellte Lüder für sich selbst fest. Der Mann mit dem schmalen Gesicht und der spitzen Nase sowie den weit auseinanderstehenden Zähnen sah wie ein Student aus, der auf dem Ökotrip war und im Bioladen Grünfutter besorgte.
    »Würden Sie meinem Kollegen Ihren Ausweis zeigen?«, bat Lüder.
    Berchelmann fragte nicht nach dem Grund, sondern fingerte aus einer für die Jahreszeit viel zu dünnen Jacke einen Ausweis und reichte ihn Große Jäger.
    »Hans-Jörg Berchelmann«, las der Oberkommissar vor. »Wohnhaft in Schleswig. Achtunddreißig Jahre.«
    »Was machen Sie beruflich?«
    »Eh – hallo. Was soll das hier?«, empörte sich Berchelmann.
    »Würden Sie bitte meine Frage beantworten«, entgegnete Lüder.
    »Nein!« Der Mann verschränkte die Arme vor der Brust wie ein trotziges Kind.
    »Schön. Wir untersuchen einen Mordfall an einem Polizisten. Und die Spur führt direkt hierher.«
    Als hätte jemand ein Ventil geschlossen und die Blutzufuhr abrupt abgestellt, zog Leichenblässe über Berchelmanns Gesicht.
    »Das ist eine ungeheuerliche Unterstellung. Wissen Sie, wo Sie hier sind? In einer Kirche.«
    Lüder sah sich demonstrativ um. Dort, wo keine zusammengesuchten Regale oder Aktenschränke an den Wänden standen, blätterte die Farbe ab. In der Ecke hatte sich ein dunkler Wasserfleck breitgemacht. Der alte Schreibtisch, die Möbel und das Regal, auf dem eine Kaffeemaschine und eine Handvoll Tassen unterschiedlichen Dekors standen, waren ebenso wenig einladend wie der Kühlschrank mit der abgestoßenen Tür, der in einer Ecke des Raumes vor sich hinbrummte.
    »Der liebe Gott liebt die Schlichtheit«, brummte Große Jäger, der ebenfalls den Raum in Augenschein genommen hatte. »Er ist mit den Armen. Das scheinen Sie wörtlich zu nehmen.«
    Berchelmann schob

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