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Schwelbrand

Schwelbrand

Titel: Schwelbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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die wir in Untersuchungshaft nehmen«, schürte Große Jäger die deutlich erkennbare Angst Berchelmanns zusätzlich.
    »Das ist nicht Ihr Ernst.« Der Mann war am Ende seiner Widerstandskraft angelangt.
    »Doch. Sie können sich den Weg nach Kiel aber sparen, wenn Sie uns die Fragen hier und heute beantworten«, sagte Lüder.
    Aber Berchelmann hatte einen Entschluss gefasst. Er wollte schweigen.
    »Dürfen wir uns hier einmal umsehen?«, fragte Lüder.
    Hastig sprang der Mann auf und stellte sich vor eine Holztür, die zu weiteren Räumen führte. Er breitete die Arme aus.
    »Kommt nicht in Frage. Ohne einen Durchsuchungsbefehl. Und auch dann nicht. Wir sind eine Kirche. Begreifen Sie das nicht?«
    »Beschluss«, sagte Lüder bestimmt.
    Berchelmann sah ihn fragend an.
    »Das heißt nicht Durchsuchungsbefehl, sondern Durchsuchungsbeschluss.«
    »So ein Idiot«, fluchte der Oberkommissar, als sie wieder im Auto saßen und tippte sich an die Stirn. »Wenn der ein Geistlicher ist, wird der Papst nächste Woche Großmufti von Jerusalem. Und wenn er schon einmal dabei ist … Warum nicht auch gleich Oberrabbi? Das wäre doch ein Beitrag zum Weltfrieden. Und gelebte Ökumene.«
    Lüder lächelte. »Solange die beiden christlichen Kirchen keine Einigung erzielen können und dein Papst uns Evangelen als Sekte bezeichnet …«
    »Hat er doch recht«, fiel ihm Große Jäger ins Wort. »Schließlich seid ihr die Abtrünnigen.«
    »Was heißt hier abtrünnig? Schließlich haben wir damals mit …«
    Sie führten ihre lebhafte Diskussion weiter, bis Lüder sie mit einer Handbewegung unterbrach und auf ein Haus zeigte.
    »Hier wohnt Familie Lewinski.«
    »Monika?«, fragte Große Jäger spitzbübisch. »Ich habe gar nicht mitbekommen, dass die Gute von Washington nach Kropp gezogen ist.«
    »Kannst du auch geradeaus denken?« Lüder stieg auf die schrägen Gedanken des Oberkommissars ein und drohte ihm mit dem Zeigefinger. »Ich möchte jetzt nicht, dass du Frau Lewinski nach dem Wohlbefinden von Bill Clinton fragst.«
    Große Jäger zog einen Flunsch. »Schade. Dann muss ich doch Hillary fragen, wenn wir das nächste Mal darüber beraten, ob China nicht doch an McDingsbums, na, Sie wissen schon, die mit den breit gekloppten Frikadellen, verkauft werden soll.« Er strich sich mit beiden Händen über den Schmerbauch, der von der fleckigen Lederweste mit dem Einschussloch nur unzureichend überdeckt wurde. »Dabei fällt mir ein, dass ich Hunger habe. Ob ich Monika gleich einmal nach ein paar Schnittchen fragen sollte?«
    »Die heißt nicht Monika. Und Schnittchen gibt es auch keine, wenn wir Zeugen befragen«, sagte Lüder im gespielten ernsten Ton.
    Große Jäger leckte sich über die Lippen. »Da waren die guten alten Zeiten doch anders, als der Schutzmann noch Kaffee und Kuchen beim Rundgang durch sein Revier angeboten bekam.«
    »Das nennt man Bestechung.«
    Große Jäger schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Was habe ich nur verbrochen, dass ausgerechnet ich – ich! – einen Juristen als Partner habe. Und dann auch noch einen Doktor der Rechtsverdreher. Und was heißt hier überhaupt Bestechung? Mir ist ein bestochener Polizist allemal lieber als einer, der den Hungertod gestorben ist.«
    Sie hatten die Schulkoppel erreicht, in der in einem der quer stehenden Wohnblocks das Ehepaar Diethelm und Hedwig Lewinski wohnte.
     
    Frau Lewinski erwies sich als resolute Mittsiebzigerin, die einen langen wollenen Rock und einen braunen Pullover trug, der sich mächtig über ihren ausladenden Busen spannte. Sie führte die beiden Beamten in das enge Wohnzimmer, das mit Möbeln vollgestopft war, die sich das Ehepaar vor Jahrzehnten angeschafft hatte. Trotzdem wirkte es auf Lüder nicht muffig, sondern warm und gemütlich. Diethelm Lewinski hockte in einem breiten Sessel, legte Zeitung und Brille zur Seite und griff sich hinters Ohr.
    »Mein Mann schaltet sein Hörgerät ab, wenn er seine Zeitung lesen tut«, erklärte Frau Lewinski. »Er sagt immer, dass ihn das sonst stört. Lass ihn man.« Dann schob sie laut hinterher. »Die Männer sind von der Polizei. Das ist wegen den Wagen. Unsern.«
    »Haben Sie die Strolche?«, fragte Herr Lewinski laut. Er schien die Angewohnheit der Menschen zu teilen, die schlecht hörten und automatisch selber laut sprachen. »Ist ’ne Sauerei.« Er klopfte sich gegen die Brust seines karierten Baumwollhemds. »So was mit uns Rentnern zu machen.«
    »Nun lass die Leute doch erst mal sich

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