Schwemmholz
plötzlich und blieb stehen. »Sie hätten ihn dort nicht postiert, wenn Berndorf nicht in Gefahr wäre. Ich will Ihrem Kollegen nicht zu nahe treten. Aber reicht das aus? Es braucht nur jemand eine weiße Schürze anzuziehen . . .«
Tamar sah sie aufmerksam an. Der Uniformierte, der trübsinnig vor dem Krankenzimmer hockte, das »Tagblatt« mit dem offenbar bereits gelösten Kreuzworträtsel zu seinen Füßen, würde einen entschlossenen Mörder wohl wirklich nicht sehr beeindrucken. »Ich glaube nicht, dass im Augenblick eine konkrete Gefahr besteht«, antwortete sie vorsichtig. »Trotzdem ist es richtig, dass der Kollege hier ein Auge auf die Besucher hat.« Hat er das wirklich, dachte sie dabei.
Der Mann, von dem die Rede war, grüßte sie und öffnete ihnen die Tür. Als sie ins Zimmer traten, stand ein mittelgroßer Mann an Berndorfs Bett auf und begrüßte sie mit einer höflichen Verbeugung. Er wirkte jung, obwohl sich die dunklen Haare über der Stirn bereits deutlich gelichtet hatten.
»Herr Rübsam ist Pfarrer an der Pauluskirche«, erklärte Berndorf vom Bett aus. »Als solcher hätte er mich zu beerdigen gehabt. Nur hat er gestern dafür gesorgt, dass das im Augenblick noch nicht ansteht.«
Barbara behielt Rübsams Hand in der ihren und sah ihm tief und grün in die Augen. »Wir stehen in Ihrer Schuld.«
»Ach!«, sagte Rübsam, »es ist nicht der Rede wert. Und es war nicht einmal mein Wagen. Eigentlich war es auch nur wegen dieses Streitgesprächs.« Barbara blickte ratlos.
»Unser Kirchenvorsteher hat nämlich einer unserer Kirchengemeinderätinnen das Abendmahl erklärt«, fuhr Rübsam fort. »Dass dabei ganz gewiss kein Apfelsaft ausgeschenkt worden sei. Exegetisch ist das sicher nicht zu beanstanden. Nur hat er das alles sehr wörtlich genommen, und so war es
besser, dass ich ihn nach Hause gefahren habe. Auf dem Rückweg habe ich dann diese Geschichte gesehen.«
»Was haben Sie gesehen?«, fragte Barbara, die Augen noch immer wie gebannt auf Rübsam gerichtet.
»Einen Lastwagen, der mit aufheulendem Motor einen Citroën zur Seite schob. Ich habe die Hand auf der Hupe gehalten, aber der Fahrer hat nicht reagiert. Dass er maskiert war, hatte ich zunächst gar nicht wahrgenommen. Auch nicht, dass geschossen wurde. Dann ist der Lastwagenfahrer zurückgestoßen, und ich dachte, er will noch einmal rammen. Da bin ich mit dem Caravan unseres Kirchenvorstehers dazwischen, und der Lastwagen hat abgedreht.« Er lächelte freundlich. »Ein wenig ist es wie mit Bileams Eselin und dem Engel des Herrn. Ich werde unserem Kirchenvorsteher erklären, dass sein Caravan die Rolle des Engels übernommen hat. Ihm wird das gefallen.« Schweigen senkte sich über die Runde. Schon klar, wer der Engel ist, dachte Barbara. Und wer sich den Fuß an der Mauer eingeklemmt hat. Aber, weiß der Himmel, wer will Bileam Berndorf von welchem Weg abbringen?
»Da fällt mir noch etwas ein«, fuhr Rübsam fort und wandte sich an Tamar. »Haben Sie den Lastwagen gefunden?« Tamar nickte. »Ich habe noch ein Bild davon, wie der Mann in dem Fahrerhaus gesessen hat. Ich meine, wenn sich einige Ihrer Kollegen unterschiedlicher Größe zur Verfügung stellen und sich ins Fahrerhaus setzen, könnte ich ungefähr sagen, wie groß der Fahrer gewesen ist.« Er wirkte plötzlich verlegen. »Ich meine, weil ich ja sonst keine Hinweise geben kann.«
Der Spieler mit der Nummer zehn auf dem violetten Trikot täuschte links an und zog den Ball dann rechts an seinem Gegenspieler vorbei, lief noch einige Schritte und schlug einen präzisen Pass nach innen. Ein zweiter Spieler war mitgelaufen, für einen Augenblick war er frei, der Ball flog ihm vor den Fuß, die gut 18 000 Zuschauer im Rund des Donaustadions hielten den Atem an. »Jetzt!«, sagte Pfeiffle, der zweite Spieler brauchte nur noch den Fuß hinzuhalten, aber er holte
aus und jagte den Ball hoch über das Tor der Gäste aus Norddeutschland.
»Meine Frau«, sagte Pfeiffle, »meine Frau macht den rein. Unterm Kartoffelschälen.«
»Es ist heute aber auch wie verhext«, meinte der specknackige Mann neben ihm. »Manchmal frag ich mich, ob das gut tut. Die vielen Ausländer, meine ich, die wir in der Mannschaft haben.«
»Der Kunstschütz’ da kommt aus Krauchenwies«, gab Pfeiffle zurück.
»Und er bessert sich. Vorhin hat er nur ein Loch in den Rasen getreten«, sagte Klotzbach und lachte blechern.
»Typisch«, sagte Pfeiffle, »Ihnen fällt auch nur auf, was der Stadt
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