Schwemmholz
Arbeit macht.«
Mein Gott, dachte Kugler. Wozu verbring ich meinen Nachmittag unter diesen Dummköpfen. Er stieß Welf an. Sie saßen nebeneinander in der dritten Reihe der VIP-Tribüne.
»Ist dir eigentlich aufgefallen, dass der gute Jockl Gföllner heute nicht zu sehen ist?«
»Er wird wieder mit dem Schwager vom Ministerpräsident kungeln«, meinte Welf missmutig.
»Tut er nicht«, gab Kugler selbstzufrieden zurück. Welf blickte hoch. »Wie kommst du darauf?«
»Gestern ist der Polizeikommissar Berndorf angefahren worden, dieser notorische Amokläufer«, berichtete Kugler. »Und jetzt glauben sie im Neuen Bau, oder wenigstens einige dort glauben es, dass der gute Jockl etwas damit zu tun hat.«
Auf dem Spielfeld schlug einer der grün gestreiften Norddeutschen einen weiten Pass, der Ball kam zu einem stämmigen dunkelhäutigen Kerl, der zwei Ulmer stehen ließ und den Ball krachend an die Querlatte schoss.
»Sie haben Gföllner heute Vormittag in den Neuen Bau gebracht«, fuhr Kugler fort. »Ein Vöglein hat es mir erzählt. Natürlich mussten sie ihn wieder laufen lassen. Lustig ist es aber trotzdem. Und für dich ungemein nützlich. Semper aliquid haeret.« Auf dem Spielfeld gab es einen Eckball für die Ulmer,
und dann gleich noch einen. Beide brachten nichts ein. »Das wird heut nix«, sagte Pfeiffle.
»Nein«, meinte Berndorf. »Desarts’ Entscheidung geht in Ordnung. Ich glaube zwar nach wie vor, dass mit dieser Deponie da draußen etwas faul ist. Ich bin auch fast sicher, dass Gföllner etwas damit zu tun hat. Dass er aber diese Sache gestern in Auftrag gegeben hat, will ich noch nicht glauben.«
»Das verstehe ich nicht«, widersprach Barbara. Als Rübsam gegangen war, hatte Tamar von der Besprechung in der Staatsanwaltschaft berichtet. Sie hatte das ganz ungeniert getan, so, als ob sie selbstverständlich voraussetzte, dass Berndorf ohnehin mit Barbara darüber sprechen werde. Ihren Wortwechsel mit Tautka hatte sie allerdings verschwiegen.
»Gföllner hat andere Möglichkeiten«, erklärte Berndorf. »Er würde versuchen, mich über Stuttgart abzublocken. Beziehungen hat er ja genug. Es ist nicht die ulmische Art, jemanden mit der direkten Methode herauszukegeln.«
Tamar betrachtete ihn zweifelnd. »Einen Augenblick, Chef. Wenn Gföllner so viele Beziehungen hat – was wollten Sie mit dem Gespräch bei Klotzbach dann überhaupt erreichen?«
»Einen Stein ins trübe Wasser werfen«, antwortete Berndorf. »Und dann gucken, was für Tiere auftauchen.«
»Eines ist ja auch zum Vorschein gekommen«, sagte Barbara. »Es war ein mächtig großer Hecht. Nur war es nicht so, dass du ihn an der Angel gehabt hättest. Er hatte dich. Es war schon aus und vorbei mit dir. Mit dem kleinen Pfarrer und seinem berauschten Kirchenvorsteher hat niemand rechnen können.« Tamar warf ihr einen schiefen Blick zu. Barbara ignorierte es. »Da ist noch etwas«, sagte sie. »Ich habe mir die Stelle angesehen, an der das passiert ist, das Straßenstück nach der Bahnunterführung. Ich glaube nicht, dass der Lastwagenfahrer dort zwei Stunden mit laufendem Motor gewartet hat, bis du mit deinem Citroën um die Ecke kommst. Er muss einen Helfer gehabt haben. Jemand, der die Bahnunterführung beobachtet und ein Zeichen gegeben hat, sobald er deinen Citroën
gesehen hat.« Sie machte eine Pause. »Es gibt natürlich noch eine andere Möglichkeit. Jemand hat gesehen, wie du losgefahren bist, und hat dich übers Handy angekündigt.«
»Er ist vom Neuen Bau aus losgefahren«, sagte Tamar nachdenklich.
»Dieser Helfer, wo immer er gestanden hat, ist nicht angeschossen«, fuhr Barbara fort. »Er ist uneingeschränkt handlungsfähig. Und Skrupel hat er auch nicht.«
»Sie haben vollkommen Recht«, sagte Tamar rasch. »Es ist nur so . . .« Sie zögerte. »Die Leute, von denen der Anschlag in Auftrag gegeben wurde, haben vorerst ihr Ziel erreicht. Für den Termin, den mein Chef heute Morgen wahrnehmen wollte, ist er ausgefallen. Und der Kollege, der an seiner Stelle geschickt wurde, hat nichts gefunden.« Sie hob ihre Hände, die Handflächen nach oben gekehrt. »Ich sollte Ihnen das nicht sagen, aber so ist es nun einmal.«
Barbaras grüne Augen richteten sich erstaunt auf die junge Frau. Eine kleine Stadt in Deutschland, mit einem wunderlich großen Kirchturm, eine Stadt, um das Fliegen zu erfinden oder eine neue Methode, die Welt zu berechnen – aber was für merkwürdige Dinge taten sie stattdessen!
Wenig
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