Schwere Last mit leichten Mädchen
eine jener scheußlichen Mixturen auf Rum-Basis, die in nachgemachten Kokosnußhälften serviert werden. Er sah nicht übermäßig begeistert aus, als ich mich zu ihm setzte.
» Ellie hat mir Ihre Funktion erklärt«, brummte er mißmutig . »Vielleicht erklärt das auch, warum Sie noch am Leben sind. Wo ist meine Pistole ?«
Gott sei Dank hatte ich daran gedacht, sie einzustecken, als ich meine eigene Pistole an mich genommen hatte. Also zog ich sie aus der Tasche und schob sie ihm über die Tischplatte zu. Er ließ die Waffe sofort in seinem Schulterhalfter verschwinden, und einen flüchtigen Augenblick lang klärte sich seine Miene etwas auf.
»Wo ist denn Ellie ?« wollte er wissen.
»Ich habe, bevor ich herkam, in ihrem Motel angerufen. Sie ist dort heute früh gegen sechs Uhr dreißig ausgezogen .«
»Sie ist was ?« Seine grauen Augen sahen mich verständnislos an.
»Sie ist ausgezogen«, wiederholte ich. »Vielleicht nicht ganz freiwillig. Lucky Kane ist in der Stadt. Wußten Sie das ?«
»Ja, zusammen mit Dexter und dessen fetter Schwester«, nickte er. »Sie wohnen in diesem Hotel .«
» Ellie dürften sie wohl kaum hierhergebracht haben«, meinte ich.
»Glaube ich auch nicht .«
Er brachte ein Taschentuch zum Vorschein und wischte sich damit den Schweiß von der Stirn. Aufgrund der Klimaanlage herrschte in der Luau -Bar eher die Temperatur einer Polar-Bar. Aber Matt Pines Gewichtsklasse ließ ihn vermutlich in jeder Umgebung schwitzen.
»Was werden Sie also unternehmen ?« fragte er schließlich. » Ellie ist Ihre Klientin .«
Ich bestellte bei dem wartenden Ober eine Bloody Mary, während Pine ihm ein Zeichen machte, seine Kokosnußhälfte nachzufüllen.
»Sie wird ihnen inzwischen alles, was sie weiß, erzählt haben«, erwiderte ich. »Vielleicht lassen sie sie laufen .«
»Vielleicht aber auch nicht«, wandte er ein. »Nicht bis Lucky sein Geld zurück hat .«
»Falls er noch im Hotel ist, werde ich ihn fragen«, sagte ich. »Aber da wir hier gerade so gemütlich sitzen, möchte ich zuerst an Sie ein paar Fragen richten .«
»Niemand stellt Matt Pine Fragen«, versetzte er.
»Weil Sie einer der renommiertesten Killer sind«, sagte ich, »und alle Angst haben, sie könnten umgelegt werden, wenn sie zuviel fragen ?«
»Genau.«
»Ach, zum Teufel !« sagte ich. »Also Ellie Morgan ist meine Klientin. Sie hat mir erzählt, wie ihr Mann vor etwa sieben Monaten hier in Santo Bahia ermordet worden ist. Er hatte sehr viel Geld bei sich. Wie sie behauptet, sein Geld. Kane dagegen sagt, das Geld habe ihm, Kane, gehört. Von Ellie Morgan weiß ich auch, daß ihr Mann ihr durch seinen besten Freund, also Sie, einen Brief geschickt hat. Morgan hatte Sie gebeten, den Brief ein halbes Jahr aufzubewahren und dann erst weiterzuleiten, und das haben Sie getan. Bloß kann Ellie mit dem Brief nicht viel anfangen. Es geht nicht daraus hervor, wo Morgan das Geld versteckt hat. Ist das soweit richtig ?«
»Reden Sie ruhig weiter, Boyd«, sagte er kühl. »Es ist Ihre Geschichte .«
»Kanes Absichten sind nicht schwer zu erraten«, fuhr ich fort. »Er will sein Geld zurückhaben. Deshalb behielt er Morgans Witwe im Auge. Und er folgte ihr, als sie hierher kam, weil er glaubt, daß sie ihn zu dem Geld führen kann. Das leuchtet mir ein. Was ich nicht verstehe ist, daß Sie auch hier sind .«
» Dan war mein bester Freund«, erwiderte er. »Der einzige Freund, den ich je im Leben gehabt habe. Ich habe getan, was er wollte und den Brief sechs Monate aufbewahrt, bevor ich ihn an Ellie weiterschickte. Dan dachte vermutlich, nach einem halben Jahr würde sich kein Mensch mehr für den Fall interessieren. Aber er hat sich verrechnet. Ich habe einen heißen Draht zu Kanes Leuten. Ebenso wie ich meine Drähte zu den anderen großen Bossen habe . In meiner Branche muß ich wissen, ob ein Auftrag für mich in der Luft liegt. Als ich dann hörte, daß Kane sich Ellie an die Fersen geheftet hatte, hielt ich es für besser, auch aufzukreuzen. Um ein bißchen auf Ellie zu achten .«
Der Ober kam mit den Getränken, und Pine wartete, bis er wieder verschwunden war, bevor er weiter sprach.
»Ich hätte Ellie von Anfang an sagen sollen, was ich vorhatte«, meinte er bedauernd. »Dann hätte sie sich gar nicht erst mit einem Typ wie Ihnen eingelassen! «
»Reiner Altruismus«, stellte ich fest.
»Was?« Er starrte mich verständnislos an.
»Das ist ein anderes Wort für Menschenfreundlichkeit«, erläuterte ich.
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