Schwere Schuld / Der Wächter meiner Schwester - Zwei neue Romane in einem Band
fragte Lamar.
»Na ja, mal sehen. Hmm - oh ja, die Hälfte davon hat sie versoffen. Den Rest … äh, mal sehen. Oh ja, den hat sie verraucht. Ich nehme mal an, da musste noch mehr sein, wo das herkam. Man schuldet mir was.«
»Woher wussten Sie denn, wo Jack Jeffries zu finden war?«
»Eine Woche, bevor er hier eintreffen sollte, hab ich das Hotel angerufen und gesagt, ich hätte einen Blumenstrauß, den ich bei seiner Ankunft vorbeibringen müsste. Sie haben mir gesagt, wann ich vorbeikommen sollte.«
»Woher wussten Sie, welches Hotel?«
»Ich hab das versucht und das Loews Vanderbilt. Wo sollte er denn sonst übernachten?«
»Haben Sie versucht, ihn persönlich zu sehen?«, fragte Baker.
Gret grinste. »Ich hab’s nicht nur versucht, ich hab ihn gesehen.«
»Wie?«
»Ich bin dorthin gegangen. Hab mich ganz hübsch angezogen und im Foyer gewartet. Ich hatte einen Eistee bestellt … zehn Dollar aus meiner eigenen Tasche bezahlt, um etwas zu trinken und dort zu sitzen und reiche Leute zu beobachten. Endlich kam er raus. Dann fiel ihm irgendwas ein, und er begann zurück zu den Aufzügen zu gehen. Ich bin mit ihm hochgefahren. Ich hab auf einen Knopf von seinem Stockwerk gedrückt und so getan, als würde ich dort wohnen. Wir hatten eine nette Unterhaltung.«
»Worüber?«
»Zuerst hab ich ihm Honig ums Maul geschmiert«, sagte sie. »So Sachen wie ›Ich hab Sie sofort erkannt, Sie sehen genauso aus wie auf den CDs.‹ Was absoluter Blödsinn ist, er hat um die fünfzig Kilo zugelegt, und er ist ein alter Sack . Aber es hat ihm gefallen, diese Lügen zu hören, jeder hat seine Lieblingslügen. Da hab ich ihm erzählt, dass ich zu dem Konzert im Songbird gehen würde … Hintergrundgesang für Johnny Blackthorn. Er sagte: Kein Scherz, Johnny ist ein alter Kumpel, und dann haben wir angefangen, über Musik zu sprechen. Ich weiß alles über Musik, sie ist mein Leben.«
»All das findet im Gang statt?«, fragte Lamar.
»Vor seiner Tür. Ich wusste, ich hätte reinkommen können, aber ich wollte nicht. Er hätte versucht mich zu ficken, und das wäre eklig gewesen.«
»Eklig, weil er Ihr Vater ist.«
»Das mit Sicherheit. Aber er war auch eklig.« Sie streckte die Zunge heraus.
»Wie haben Sie ihn dann rüber zum T House bekommen?«
»Ich hab ihm erzählt, ich würde singen und außerdem als Kellnerin aushelfen, weil meinem Daddy das Lokal gehörte. Ich hab ihm gesagt, er sollte vorbeischauen und sich ein bisschen gute Musik anhören, falls er nicht zu müde wäre. Dann hab ich ihm gesagt, ich dächte daran, die Musik aufzugeben, weil dieses Leben zu hart wäre. Ich hab ihm gesagt, ich würde Zahnheilkunde im Vanderbilt studieren, vielleicht würde ich das machen.«
»Warum Zahnheilkunde?«
»Weil es sich gebildet anhörte. Jack war beeindruckt und sagte, das klinge cool. Dann sagte er: ›Aber wenn Sie wirklich gerne singen, geben Sie Ihren Traum nicht auf.‹«
»Sie haben es geschafft, ihn auf Ihre Seite zu ziehen«, sagte Baker.
»Ich wollte, dass er mich singen hört, weil es sich lohnt, mir zuzuhörem«, sagte Gret. »Aber ich wusste, dass ich dabei gleichgültig klingen musste. So muss man es mit ihnen machen.«
»Mit ihnen heißt …«
»Mit Männern. Sie sind wie Fische. Man wirft die Angel aus, wackelt ein bisschen mit dem Köder, zieht ihn richtig beiläufig hin und her. Ich hab mir gedacht, er kommt vorbei. Und das ist er auch.«
»Um welche Zeit?«
»Gegen Ende meiner letzten Nummer. Um Viertel vor.«
»Viertel vor zwölf.«
»Yeah.«
Beim ersten Mal hatte sie ihnen Viertel nach elf, halb zwölf gesagt. Gelogen um des Lügens willen.
»Was ist dann passiert?«
»Ich habe ihn begrüßt wie einen lange verlorenen Freund und ihn direkt in die erste Reihe gesetzt. Ich hab ihm sogar einen Tee und Rosinenbrötchen spendiert. Dann hab ich gesungen. Einen Song von KT Oslin und einen von Rosanne Cash. Aufgehört hab ich mit ›Piece of My Heart‹ - auf die Art von Janis, nicht was Faith Hill damit gemacht hat. Er hörte zu. Dann …« Ihre blauen Augen umwölkten sich. »Er ist einfach aufgestanden und gegangen. Ich hab dem Mistkerl einen Tee ausgegeben, und er besaß nicht mal den Anstand, sich von mir zu verabschieden.«
Genau wie er es mit Mama gemacht hat, dachte Lamar. »Also gingen Sie zur Tür und sahen …«
»Die reiche Schlampe mit dem roten Mercedes. Mein Wagen ist auch rot, es ist meine Lieblingsfarbe. Ich würde ihn nie so zum Glänzen bringen …« Sie warf ihre
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