Schwere Schuld / Der Wächter meiner Schwester - Zwei neue Romane in einem Band
Straße säumten, waren voller Leben. Das Ghetto, das nicht nur ein Viertel, sondern auch ein Konzept war, zeichnete sich - wie Berkeley selbst - durch eine architektonische Mischung aus, die sich weigerte, auch nur annähernd einem Standard zu entsprechen. Überladene viktorianische Häuser machten kunstgewerblichen kalifornischen Bungalows Platz, die sich ihrerseits mit Art-déco-Gebäuden und so genannten Schuhschachteln aus den fünfziger Jahren abwechselten. Es gab ein paar Bekenntnisse zum Zeitgenössischen, aber man kam nicht leicht an Baugenehmigungen ran, und Häusermakler gaben oft auf.
Obwohl sie es niemandem gegenüber zugeben würde, war Davida schon vor einiger Zeit zu der Überzeugung gelangt, dass Berkeley wie jede andere wohlhabende, kleinere Stadt ihren eigenen konservativen Kern hatte - jeder Wechsel war bedrohlich, wenn er sich nicht der Parteilinie fügte. In diesem Fall war es ihre Partei, und sie liebte die kontrollierte Vielfalt.
Mit gesenktem Kopf trottete sie die Shattuck entlang und füllte ihre Lunge mit der nebligen, salzhaltigen Luft. Sie verschwand in ihrem Büro und überprüfte die Mailbox ihres Handys. Es gab Dutzende von Nachrichten, aber die einzige, die sie interessierte, kam von Don. Vor langer, langer Zeit hatte sie seine Nummer auswendig gekannt. Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor.
Sie tippte auf die grüne Anruftaste. Seine Frau nahm ab.
»Hallo Jill, hier ist Davi-«
»Ich hole Don an den Apparat.«
»Vielen Dank.« Ihr üblicher Wortwechsel. Sechs Wörter waren für Jill Newell ein Diskurs. Die Frau kam einfach nicht über die alte Highschool-Romanze ihres Mannes
hinweg. Davida fand Jills kleinliches Verhalten nach all diesen Jahren erstaunlich. Besonders wenn man in Betracht zog, wer Davida war. Aber Logik musste man in diesem Zusammenhang vergessen; Jill konnte sie einfach nicht ausstehen.
Don meldete sich. »Kongressabgeordnete Grayson.«
»Detective Newell. Wie sieht es aus?«
»Ich habe tatsächlich einige Neuigkeiten. Wir haben ein paar Augenzeugen, die deine Eierwerfer gesehen haben. Zwei Brüder, Brent und Ray Nutterley, echte Schwachköpfe. Wir haben ihnen einen Besuch in ihrem Wohnwagen abgestattet, der praktischerweise nach Marihuana roch. Sie verbringen die Nacht im Knast, der freundlicherweise vom Police Department in Sacramento zur Verfügung gestellt wird. Wir können sie für das, was sie dir angetan haben, vielleicht für sechs Monate bis zu einem Jahr wegsperren, aber richtig schlimm wird es für sie nicht sein.«
»Sag dem Bezirksstaatsanwalt, er soll die Höchststrafe beantragen.« Davida Grayson, hör dir nur zu, auf einmal können dir die Urteile nicht hart genug sein.
»Auf jeden Fall«, sagte Don. »Jeder, vom Polizeichef angefangen, ist sauer auf sie, weil wir ihretwegen wie Trottel dastehen. Wenn man die Polizei in der Hauptstadt mit einbezieht, haben sie eindeutig keine Chance in einem Beliebtheitswettbewerb.« Er senkte die Stimme. »Davy, ich muss dir das nicht sagen, aber du weißt, dass es weitere Kandidaten gibt, die in den Kulissen warten und viel gefährlicher sind als diese beiden Arschlöcher. Denk darüber nach, dir einen Bodyguard zu besorgen.«
»Auf keinen Fall.«
»Nur so lange, bis du mit deiner Gesetzesvorlage ein wenig weitergekommen bist. Diese ganze Herumlauferei -«
»Exakt. Ich muss beweglich und zugänglich bleiben. Vielen Dank für deine Besorgnis, Don. Jetzt möchte ich dich
um noch einen Gefallen bitten. Meine Mutter sollte so in einer, anderthalb Stunden zu Hause ankommen. Sie sieht ein bisschen schwach aus und weigert sich, jemanden bei sich wohnen zu lassen. Guillermo wird sie zu Hause absetzen, aber ich möchte nicht, dass sie um diese Zeit eine Zielscheibe abgibt. Könntest du einen Streifenwagen bei ihr zu Hause vorbeischicken, nur um sicherzugehen, dass alles mit ihr in Ordnung ist?«
»Kein Problem. Wann kommst du noch mal hier vorbei? Ich hatte an einen Grillabend gedacht.«
»Das klingt toll, Don, aber du weißt, wie zugeschüttet ich mit Arbeit bin.«
»Ich weiß.«
»Grüß Jill und die Kinder von mir.«
»Ist Jill nicht ans Telefon gegangen?«
»Sie machte keinen besonders redseligen Eindruck.«
Es entstand eine Pause, bevor er antwortete: »So ist sie nun mal.«
Als das Telefon dreimal geklingelt hatte, hob Minette den Hörer ab. Sie trank gerade den letzten Schluck von ihrem Bourbon, und der rauchige Nachgeschmack hing noch an ihrem Gaumen. Genauso wie sich der Nikotingeschmack in der
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