Schwere Schuld / Der Wächter meiner Schwester - Zwei neue Romane in einem Band
Eindringlichkeit ihrer Stimme gefiel ihm. In einem anderen Zusammenhang hatte er sie viele Male gehört. »Deine Nummer ist immer noch fest in meinem Hirn verankert, Laura. Falls ich irgendwas rausfinde, melde ich mich bei dir. Vielleicht können wir uns irgendwo treffen.«
»Am üblichen Ort?«
»Ich bin ein Gewohnheitstier, Laura.«
Davida war über ihrem Schreibtisch zusammengesackt, das Gesicht in ihre Armbeuge geschmiegt, als hätte sie in ihren letzten Momenten auf Erden ein Nickerchen gemacht. Detective Amanda Isis zog den Gedanken vor, dass der Übergang von einem zeitweiligen zu einem dauerhaften Schlaf schmerzlos gewesen war. In Davidas Nacken war ein großes Loch gerissen worden, die Schrotkugeln waren mit solcher Wucht eingeschlagen, dass das Rückenmark regelrecht zerfetzt war. Sie war so gut wie enthauptet.
Amanda war von mittlerer Größe, schlank, achtunddrei ßig, auf eine zarte Weise schön mit honigfarbenem Haar in einem kurzen Stufenschnitt und riesigen braunen Augen. Sie trug einen anthrazitfarbenen Hosenanzug, auf dem man den Dreck nicht sehen konnte. Armani Couture, aber so geschnitten, dass er wie von der Stange aussah.
Der Tatort war grausig und blutig - ein knallroter Sprühregen hatte sich flächendeckend auf dem Schreibtisch und an den Wänden verteilt. Ganz und gar nicht die Art Mord, die Amanda zu sehen gewohnt war. Wenn das Berkeley PD mit Tötungsdelikten zu tun hatte, handelte es sich normalerweise um Morde, bei denen es um Rauschgift ging und die sich auf die dunklen Gassen von West Berkeley beschränkten,
brutale, aber letzten Endes alltägliche Verbrechen, die häufig in Oakland ihren Ausgangspunkt hatten.
Amanda wandte sich wieder der Leiche zu. Jemand hatte es wirklich todernst gemeint. Als sie genauer hinsah, konnte sie Schrotkügelchen entdecken, die sich ins Fleisch eingegraben hatten. Sie wischte sich blonde Locken aus der Stirn und drehte sich zu Will um. »Das ist Übelkeit erregend.«
»Jede Menge Spritzer … und zwei partielle Schuhabdrücke.« Barnes zeigte auf mehrere Flecken. »Falls man aus der Vergangenheit irgendwelche Schlüsse auf die Zukunft ziehen kann, wirft irgendwo jemand blutige Klamotten in den Müll. Aber ihre Schuhe werden die Idioten nicht so ohne weiteres wegwerfen.«
»Wer hat den Mord gemeldet?«
»Jerome Melchior - Davidas persönlicher Assistent. Ich habe ihn in einem Streifenwagen untergebracht, wo er Kaffee trinkt und sich hoffentlich ein bisschen beruhigt. Ich würde gern mit ihm sprechen, solange sein Gedächtnis noch frisch ist, und ihn vor den Elstern in Sicherheit bringen, bevor es zu der Pressekonferenz kommt.« Barnes warf einen Blick auf die Uhr. »Wir haben nur noch ungefähr eine Stunde, Mandy. Bist du bereit, Gas zu geben?«
»Geh du dich ruhig mit ihm unterhalten, und ich übernehme hier. Während ich dann den hohen Tieren der Presse Rede und Antwort stehe, kannst du dich hier umsehen, und anschließend vergleichen wir unsere Notizen.«
»Wird gemacht.« Seine perfekt organisierte Partnerin. Nach einem Jahr waren sie gut aufeinander abgestimmt, wie eine einwandfrei funktionierende Uhr. Will war nicht begeistert darüber gewesen, dass er mit einer Frau zusammenarbeiten sollte, die einen hundert Millionen schweren Mann geheiratet hatte, hörte bereits das amateurhafte Geplapper einer Eiskönigin - wie könnte es auch anders sein, hatte er sich gefragt. Aber Amanda arbeitete genauso hart wie alle
anderen. Härter. Vielleicht erzählten einem diese Lottogewinner, die behaupteten, dass sie nie ihren normalen Job an den Nagel hängen würden, ja tatsächlich keinen Scheiß.
Sie strich sich mit behandschuhten Händen das Jackett eines dieser Designer-Hosenanzüge glatt, warf noch einen Blick auf Davida und schüttelte den Kopf. »Hattest du je mit ihr zu tun, Will?«
»Nicht beruflich.« Barnes seufzte. »Sie kommt aus Sacramento. Ich kannte sie.«
»Gut?«
Barnes schüttelte den Kopf. »Ihre ältere Schwester Glynnis war zwei Jahre jünger als ich. Sie starb, als Davida noch ein Kind war. Mein Bruder Jack kannte Davida von der Highschool. Sie verkehrten in verschiedenen Kreisen, aber ich weiß, dass es auf Jack großen Einfluss hatte, als sie sich in ihrem Abschlussjahr als Lesbierin outete.« Er drehte sich zu ihr um. »Was ist mit dir und Larry? Geht ihr mit Politikern auf dieselben Partys?«
»Gute Schlussfolgerung, Detective Barnes. Ja, ich bin ihr ein paarmal über den Weg gelaufen, aber wir haben uns nie länger
Weitere Kostenlose Bücher