Schwert des Aufruhrs
anzufordern.
Zum Glück dauerte die Fahrt durch Jarman City nicht lange. Sie waren zum Privathaus von Lord David Faust unterwegs, um den Repräsentanten der Republik zu treffen. Dort erwarteten sie eine Klimaanlage und die besten Luftfilter, die es für Geld zu kaufen gab. Kaum hatten sich die als eine Art Luftschleuse dienenden Türen des Foyers hinter ihnen geschlossen, atmete Julian zum ersten Mal seit drei Tagen frei. Und die neuhessische Schwerkraft von neun Zehnteln Terranorm half ihm ebenfalls, sich unbeschwert zu bewegen.
Lord Faust empfing sie im Salon, wo er bereits einen dunklen Rotwein in große Kelche aus blauem Kristall schenkte. Der Verwalter von Neuhessen war so hager wie ein Windhund. Er hatte einen langen, geölten Schnurrbart, dessen Enden mit kleinen Silberperlen beschwert waren, braune Mandelaugen und ein rundes Gesicht. Ohne Zweifel asiatische Vorfahren, möglicherweise capellanisch. Julian war augenblicklich auf der Hut.
Der andere Mann im Raum brauchte keine Vorstellung. Seine Uniform sagte bereits alles. Graue Jacke, dunklere Hose, scharlachrote und goldene Litzen. Auf der linken Brust ein eingestickter Name. Raul Ortega.
Ritter der Sphäre.
Genau genommen Fahrender Ritter, denn seiner Uniform fehlte der Rangmantel eines vollen Ritters. Trotzdem ein Militär und Botschafter der Republik. Lord Faust hoffte sichtlich, die Begegnung freundschaftlich zu gestalten. Angesichts marschierender Heere und einer brüchigen Republik war dies kein Zeitpunkt, sich Feinde zu machen.
»Sir Raul.« Julian begrüßte den Krieger mit einem festen Händedruck und der gebührenden Anrede nach Art der Republik. Titel und Vorname.
Raul Ortega erwiderte den Händedruck und die Höflichkeit. »Lord Davion.«
»Sir. Hat die Republik eine Anfrage des Ersten Prinzen oder des Herzogs Sandoval erhalten, die um Ihre Anwesenheit in den Vereinigten Sonnen ersucht?«
Sogleich gefror die freundliche Atmosphäre. Raul Ortega erstarrte beim Händedruck mit dem Champion des Prinzen. Colonel Tonis verzog das Gesicht, und Lord Faust verschüttete den Wein über die rote
Damastdecke auf dem Sideboard. Nur an Julians freundlichem Lächeln änderte sich nichts.
Und er musste wieder niesen. Er spürte, wie sich die Entladung tief in der Kehle sammelte.
»Im Interesse, den Frieden an unserer gemeinsamen Grenze zu sichern, hielten wir es für angebracht...« Ortega ließ Julians Hand los und suchte erkennbar auf dem schlüpfrigen diplomatischen Parkett nach einem Weg, das Gesicht zu wahren.
»Ah, Sie haben unser Hoheitsgebiet also auf Befehl Ihres Exarchen verletzt.«
Einen derartigen diplomatischen Schnitzer ließ sich der Fahrende Ritter nicht unterschieben. »Nein«, erklärte er und übernahm selbst die Verantwortung. »Es geschah auf... meine Interpretation der Befehle hin.«
Faust stellte die staubige Flasche beiseite, gewann das Gleichgewicht zurück und kam dem Ritter zu Hilfe. Er reichte Ortega ein Glas. »Sicher lässt sich unter den gegebenen Umständen eine Ausnahme machen.«
»Vor zwei Jahren«, reagierte Julian hastig, um dem Niesen zuvorzukommen, »bevor Haus Liao die Republik überfiel, hat der Herzog unserer Mark Dra-conis angeboten, Friedenstruppen zur Sicherung der Grenze zu entsenden - soweit ich weiß. Ist Ihnen die Antwort des Exarchen geläufig?«
Ortega überraschte ihn, indem er sowohl Fausts Angebot unbeachtet ließ als auch die Antwort wusste. »Allerdings. Exarch Damien Redburn sagte nein.«
»Um genau zu sein, die Antwort fiel noch förmlicher aus. »Falls Unterstützung erforderlich werden sollte, werden wir darum ersuchen.!«
Und dann nieste er. Verdammt.
Aber Ortega nahm die Unterbrechung des Gesprächs gar nicht zur Kenntnis. »Ja, das klingt reell.« Er nickte. »Ich stamme von Achernar. Wir haben von dem Angebot und der Antwort des Exarchen gehört.«
Dann wagte sich der Ritter einen vorsichtigen Schritt vor. »Tatsächlich waren die meisten von uns selbst angesichts der ausbrechenden Kämpfe zwischen neomilitaristischen Faktionen mit seiner Entscheidung einverstanden.«
Nach diesem Friedensangebot akzeptierte Raul Ortega doch noch das Weinglas, das ihm Lord Faust noch immer entgegenstreckte. Julian nahm ebenfalls eines, trank aber nicht. Der dunkle, nach Pflaumen duftende Wein war süß und kräftig. Er füllte die Stirnhöhlen mit einem angenehm warmen Aroma, das in krassem Gegensatz zum Gestank von Pollen und verrottenden Pflanzen stand. Er wog ihn jedoch nur lässig in der
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