Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
Vom Netzwerk:
nicht hier? Wo dann?«
    Der wilde Ritt mitten in der Nacht hatte mich erschöpft. Ein wenig vermisste ich mein Zimmerchen und mein warmes Bett, gar nicht zu reden von Beckys köstlichem Hammeleintopf. Aber dazu war es zu spät!
    »Im Augenblick ist an Schlafen gar nicht zu denken. Wir müssen uns die Ware noch vor dem Morgengrauen zurückholen. Danach wird es zu spät sein; dann ist die Verstärkung eingetroffen, und ich habe zu viel in dieses Geschäft investiert, um die Ladung einfach aufzugeben. Erst wenn alles gut gegangen ist, können wir uns ein paar Stunden Schlaf gönnen, vorher nicht.«
    Colin klopfte an die Tür. Kurz darauf streckte ein kleiner Mann mit einem langen, knochigen Gesicht die Nase durch den Türspalt. Colin disputierte mit ihm und wies auf den Verletzten, der auf seinem Pferd sitzen geblieben war und jetzt, das Kinn im Hemd vergraben, zu schlummern schien. Der Bauer musterte uns abwechselnd und sah dann zögernd wieder Colin an. Ich bemerkte, dass einige der Männer demonstrativ ihre Pistolen hervorgezogen hatten und taten, als wollten sie die Waffen reinigen. Der Bauer nahm diese Geste wohl als Warnung und öffnete die
Tür weit. Colin schlug Rodaidh mit der Hand auf den Oberschenkel, und der Alte brüllte auf. Nachdem er sich beruhigt hatte, stieg er von seinem Tier und folgte Colin mühsam ins Innere. Sein Plaid hatte er fest um die Taille geschlungen.
    Ich zog den Schal um meine zitternden Schultern. Die Kälte drang einem bis auf die Knochen. Entweder bemerkten diese Röcke tragenden, halb nackten Männer das überhaupt nicht, oder sie gaben keinen Pfifferling darum, wie es mir ging.
    »Können wir nicht ein wenig bleiben, um uns aufzuwärmen?«, fragte ich widerwillig.
    Liam betrachtete mich erstaunt, und dann glitt sein Blick über meine Kleidung.
    »Ist Euch kalt?«
    »Euch etwa nicht?«
    »Wartet hier auf mich. Ich werde Colin bitten, Euch ein wärmeres Kleidungsstück zu besorgen.«
    Einige Zeit später kehrte er zurück. Die Männer waren abgestiegen und hatten sich im feuchten Gras ausgestreckt, um zu warten, bis der alte Rodaidh fertig war. Liam machte sich daran, das Geschirr unserer Pferde zu überprüfen.
    Ich beobachtete ihn, während er die Sattelgurte festzurrte. Nach dem, was mir Becky, die Köchin, erzählt hatte, waren die Highlander alle Barbaren, behaarte Grobiane, schmutzig, stinkend und ungebildet, die Männern die Kehle durchschnitten, Frauen vergewaltigten und kleine Kinder fraßen. Doch diese Eigenschaften beschrieben eher Lord Dunning als diesen Mann. Dennoch konnte seine beeindruckende Größe einem eine gewisse Furcht einflößen, so dass man besser sein Verbündeter als sein Feind war ...
    »Wie ist Euer Name, Weib?«, fragte er und kam auf mich zu.
    »Caitlin«, antwortete ich, während er nun die Schnallen meines Geschirrs überprüfte. »Caitlin Dunn.«
    Er zog ein wenig zu kräftig am Spanngurt, so dass ich auf dem Sattel aus dem Gleichgewicht geriet. Instinktiv hielt ich mich an seiner Schulter fest, um nicht herunterzukippen. Er hob den Kopf und lächelte mir zu.
    »Tut mir leid, Caitlin.«

    Kurz darauf kehrte Colin zurück. Er war allein. Nach seiner Miene zu urteilen, gab es ein Problem.
    »Ich glaube nicht, dass Rodaidh in der Lage ist weiterzureiten«, verkündete er mit bedrückter Stimme.
    »Was meinst du?«, verlangte Liam zu wissen.
    »Nun ja, er hat einen scheußlichen Schwerthieb in die rechte Flanke abbekommen. Die Wunde reicht ziemlich tief.«
    »Er hat schon Schlimmeres überstanden...«
    »Dieses Mal nicht«, unterbrach ihn Colin. »Er...«
    Liams Bruder warf mir einen raschen Blick zu und schüttelte den Kopf. Dieser seufzte und ging dann selbst in die Kate.
    »Ist er schwer verletzt?«, erkundigte ich mich schüchtern.
    »Ich fürchte, er wird es nicht überleben.«
    »Oh! Hättet Ihr mich doch zu ihm gelassen...«
    Colin stieß ein ironisches Lachen aus und betrachtete mich abschätzend.
    »Wäret Ihr denn in der Lage gewesen, ihm die Hälfte seiner Gedärme zurück in den Bauch zu stopfen?«, versetzte er schließlich in schneidendem Tonfall.
    »Oh! Himmel!«
    »So ist es... Diese Sassanach -Hurensöhne kommen nicht einfach so davon. Sie werden nach unserem Gesetz dafür bezahlen.«
    Ein Schauer überlief seine Schultern. Dann, als wäre ihm das gerade wieder eingefallen, reichte er mir einen schweren grauen Umhang, den er zusammengerollt unter dem Arm getragen hatte. Sein Blick fiel auf das Blut, das mein Hemd und mein Mieder

Weitere Kostenlose Bücher