Schwerter der Liebe
sich aber nie bändigen lassen wollte. Es war dafür der falsche Moment, zudem war es unpraktisch und sogar lasterhaft. Er war der Ansicht gewesen, sich besser unter Kontrolle zu haben.
»Ich glaube, Sie haben eine Schwester«, sagte er etwas schroffer als beabsichtigt, doch er musste unbedingt auf ein anderes Thema zu sprechen kommen.
»Ja, Paulette. Sie ist sogar meine Zwillingsschwester. Kennen Sie sie?«
»Wir wurden uns nicht vorgestellt«, entgegnete er in einem leicht zynischen Tonfall, da so behütete Pflänzchen einem Fechtmeister wie ihm nicht vorgestellt wurden, jedenfalls nicht, ohne dass das von Protest begleitet wurde. »Aber wer wohnt noch in Ihrem Haus?«
»Ich nehme an, Sie fragen nach meinen privaten Verhältnissen.« Sie schaute ihn an, und er konnte einen kurzen Blick in ihre großen braunen Augen werfen, die einen leicht grünlichen Schimmer hatten. »Natürlich haben Sie ein Recht darauf, das zu erfahren. Meine Mutter lebt noch, mein Vater ... nicht mehr. Er starb vor wenigen Jahren. Momentan ist es ein reiner Frauenhaushalt, auch wenn meine Schwester so gut wie sicher Monsieur Jean Daspit versprochen ist.«
Nicholas horchte auf, da er Daspit bei verschiedenen Anlässen begegnet war, keiner davon sonderlich bemerkenswert. »Keine Brüder, keine weiteren Schwestern?«
»Keine Geschwister, die die Kindheit überlebt haben.«
Die Bedeutung ihrer Antwort war ihm mehr als deutlich. Wie er in den zwei Jahren, die er jetzt in New Orleans lebte, herausgefunden hatte, war das hiesige Klima Kindern nicht immer wohlgesinnt. Die typischen Kinderkrankheiten konnten sich schnell so massiv verschlechtern, dass ihnen die Kinder, die zusammen in einem Zimmer untergebracht waren, innerhalb weniger Tage allesamt zum Opfer fielen. »Onkels? Cousins oder Cousinen?«
»Viele sogar.« Wieder wandte sie sich ihm zu, diesmal mit einem fragenden Ausdruck auf ihrem Gesicht.
»Ich habe mich bloß gefragt, ob es niemanden gibt, der für Sie einen Ehemann finden kann.«
»Niemand, dem es wichtig genug erschien, diese Verantwortung auf sich zu nehmen. Aber es ist ja auch gar nicht erforderlich gewesen.«
»Wie darf ich das verstehen?«
»Sie wurden mir geschickt, ohne dass jemand für mich gesucht werden musste«, antwortete sie, biss sich dann aber auf die Unterlippe und schaute zur Seite.
»Geschickt?« Als sie darauf nichts erwiderte, sprach er in einem Tonfall weiter, der mit ungläubigem Gelächter drohte. »Kommen Sie, das können Sie nicht einfach so auf sich beruhen lassen. Falls ich aus irgendeinem Zwang heraus handele, sollte ich wenigstens erfahren, um was es sich dabei handelt.«
»Sie werden mich für albern halten.«
»Falls dem so sein wird, verspreche ich Ihnen, dass ich Sie bis ans Ende unserer Tage niemals damit aufziehen werde.«
»Ich muss gestehen, ich komme mir jetzt selbst etwas töricht vor. Aber für einen Moment war ich mir ganz sicher.«
Ein seltsames Gefühl regte sich in seinem Nacken und bahnte sich den Weg über seine Schultern bis in seine Arme, auf denen er dann eine Gänsehaut bekam. »Sie hatten soeben die Kirche verlassen.«
Sie nickte.
»Und dort hatten Sie gebetet ... wofür?«
»Natürlich für einen Ehemann.«
Nicholas blieb stehen. Es gab mindestens ein halbes Dutzend mögliche Antworten, die er darauf hätte erwidern können. Sie reichten von einem spöttischen Ausruf bis hin zu der brüsken Weigerung, auch nur für einen weiteren Schritt an ihrer Seite zu bleiben. Nichts davon kam ihm über die Lippen. Stattdessen verzog er den Mund zu einem sanften Lächeln, das er nicht hätte verhindern können, auch wenn er es noch so sehr gewollt hätte. »Faszinierend«, erklärte er ehrlich erstaunt. »Noch nie bin ich die Antwort auf das Gebet einer holden Jungfrau gewesen.«
»Wenn Sie glauben, Sie sind mir in dieser Gestalt erschienen, dann tut es mir leid, Ihnen sagen zu müssen, dass Sie sich irren«, sagte sie mit besorgter Miene. »Mein Wunsch nach einem Ehemann ist völlig ...«
»Selbstlos«, führte er den Satz zu Ende, als sie abrupt innehielt. Er glaubte, dass er seinen Affront auf ihre hastige Zurückweisung hinter einem Ausdruck höflichen Interesses hatte verbergen können, auch wenn er sich dessen nicht ganz sicher war.
»Eigentlich nicht. Das hört sich nämlich so an, als würde ich erwarten, diese Ehe als Märtyrerin erdulden zu müssen. Aber das ist nicht der Fall. Die Sache ist einfach die: Ich muss verheiratet werden, da sonst ein besonderes
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