Schwerter der Liebe
meine Anwesenheit vonnöten ... und abgesehen davon, bin ich mir ohnehin nicht so sicher, ob ich wirklich dazu berufen war. Deshalb kann nichts gegen eine Eheschließung sprechen ... vorausgesetzt natürlich, das ist immer noch Ihr Wunsch.«
Nicholas war kein besonders frommer Mensch, hatte aber seinen Katechismus zu einer Zeit gelernt, als er kaum älter war als Gabriel heute. Ihm war dabei auch beigebracht worden, die Priester und Nonnen zu ehren, die danach strebten, namenlose Satansbrut zu retten, wie er es gewesen war. Das hatte er nicht vergessen. »Etwas Derartiges ist wohl kaum statthaft.« Seinem Lächeln, das seine Worte begleitete, haftete etwas Düsteres an. »Es wäre eine Verbindung des Heiligen mit dem Weltlichen.«
Sie sah ihn fragend an und zog die geschwungenen Brauen so sehr zusammen, dass sie sich über dem Ansatz ihrer zierlichen, geraden Nase beinahe trafen. »Ich verstehe nicht.«
»Sie sind so völlig unschuldig«, sagte er und spreizte die Hände, »und ich bin das genaue Gegenteil. Ihnen wurde Güte gelehrt, davon besitze ich kaum etwas. Sie streben danach, Leben zu beschützen, was sich allein daran zeigt, dass Sie Gabriel verstecken, während an meinen Händen Blut klebt. Ich bin kaum würdig, in Ihrem Schatten zu stehen, ganz zu schweigen davon, Sie zur Frau zu nehmen.«
Sie errötete. »Ich kann das nicht einsehen. Und ich lasse Sie ohne Umschweife und Ausflüchte wissen, dass ich all das benötige, was Sie als Makel zu betrachten scheinen. Ich brauche einen Ehemann, aber ein beliebiger Mann würde nicht genügen. Es muss einer sein, der zu mir steht ohne Rücksicht auf die Konsequenzen, der sich von einer Herausforderung nicht abwendet und vor einer Konfrontation nicht zurückschreckt.«
»Das könnte ich auch ohne das Band der Ehe tun«, schlug er ruhig vor.
Eine Fülle von Gefühlen huschte über ihr Gesicht, Erstaunen, Dankbarkeit, Sorge, und Wut. Sie schlug die Hände zusammen und erklärte auf einmal: »Sie wollen mich also eigentlich gar nicht heiraten.«
»Das ist es nicht, ich schwöre es. Meine Befürchtung ist vielmehr, Sie könnten diese Verbindung bedauern. Ich habe keinen ehrbaren Namen, den ich Ihnen geben könnte, keine familiären Beziehungen, und meine Position ist die eines Mannes, der durch pures Glück und gänzlich unverdient zu Vermögen gekommen ist. Wären Sie eine Lady vom Rand der Gesellschaft, die sich ins Privatleben zurückzieht, als die
Sie zuerst erschienen, dann könnte es genügen. Aber so ...« Er zuckte hilflos mit den Schultern.
»Wer und was ich bin, ist nicht von Bedeutung. Ich muss heiraten.«
Er legte interessiert den Kopf schräg. »Zweifellos muss es einen guten Grund für eine solche Aussage geben.«
»Den werde ich Ihnen nennen, wenn Sie mir versprechen, Ihren Antrag nicht zurückzunehmen.«
Ihre Augen waren weit geöffnet, darunter lagen dunkle Schatten, wie Nicholas bei genauerem Hinsehen bemerkte. Es war nicht zu übersehen, dass sie unter einer gewissen Anspannung stand. In ihm regte sich der Wunsch, den Grund dafür aus der Welt zu schaffen und Juliette zum Lächeln oder gar zum Lachen zu bringen.
Sie brauchte ihn, das hatte sie selbst gesagt. Für ihn war es neu, dass eine Frau so unumwunden ihre Bedürfnisse erklärte, ohne einen Funken Wollust aus ihrer Stimme herauszuhören.
Nun, er brauchte sie ebenfalls. Die jüngste Wende in seinem Leben hatte ihn aus dem Gleichgewicht gebracht, und er war im Ungewissen darüber, wie er jene stabilen Verhältnisse schaffen sollte, nach denen er sich so sehnte. Sein Instinkt sagte ihm, dass diese Frau für seine Absichten perfekt geeignet war - und bislang hatte der ihn noch nie im Stich gelassen.
»Mademoiselle Armant«, sagte er leise und legte dabei eine Hand auf sein Herz, während er den Kopf neigte. »Sie haben mein Ehrenwort, das schwöre ich Ihnen, und ich werde mein Leben lang dazu stehen.«
Zweites Kapitel
Betretenes Schweigen machte sich breit, das Nicholas wohl hätte überbrücken können. Doch seine Aufmerksamkeit war in diesem Augenblick auf eine Bewegung unter Juliette Armants Röcke gerichtet. Der hintere Rocksaum wurde hochgehoben, und einen Moment später kam ein kleiner Kopf zum Vorschein. Dann befreite sich Gabriel aus seinem Versteck inmitten der Unterröcke, sprang auf und rannte davon.
Die Lady stieß einen erstickten Schrei aus, machte einen Satz fort von ihm und bückte sich, um ihre Röcke schnell zurechtzuziehen. Nicholas bekam einen Hauch von Spitze und
Weitere Kostenlose Bücher