Schwerter der Liebe
einmal der Einfluss endet, den meine ... ich will sagen, sobald alles geregelt ist. Sie ist von Gabriel wirklich angetan.«
Nicholas stellte seinen Teller zur Seite, da er mit einem Mal keinen Hunger mehr hatte. »Er ist klein und genauso liebenswürdig wie ein junger Hund. Aber sie werden alle größer und solche Bastarde werden wie ihre Beschützer.«
»Sie sind kein Bastard«, erwiderte sie scharf.
»Aber ich bin auch nicht von edlem Blut. Sie müssen sich nicht schützend vor mich stellen«, redete er weiter, während sie stutzte und den Mund aufmachte. »Ich weiß, was ich bin, und ich werde keine Ausflüchte vorschieben. Aber ich werde nicht zulassen, dass Squirrel und die anderen das Gefühl bekommen, hier bloß geduldet zu sein.«
»Ich dachte nur, sie könnten zunächst hierbleiben, anstatt sie bis zur Hochzeit warten zu lassen, damit sie zu uns kommen können.«
»Dieser Gedanke ehrt Sie«, gab er leise zurück. »Vielleicht sogar mehr als Ihnen bewusst ist. Dennoch möchte ich sie bis zu diesem Zeitpunkt in meiner Nähe wissen, insbesondere Squirrel.«
Plötzlich grinste sie ihn an. »Nathaniel.«
»Das hat er Ihnen gesagt? Das will schon einiges heißen.«
»So ist es mir auch vorgekommen. Aber sind Sie um seine Sicherheit besorgt? «
»So könnte man es formulieren.«
Sie sah auf ihre Hände, nahm eine Serviette vom Tablett und wischte sie daran ab. Ihm war bewusst, dass sie damit versuchte, Zeit zum Nachdenken zu gewinnen. Vielleicht aber wollte sie so auch nur vermeiden, ihn anzuschauen.
»Sie haben vermutlich guten Grund dazu«, sagte sie schließlich. »Das muss ich Ihnen zugestehen. Dennoch wäre mir wohler zumute, wenn die Jungs hierbleiben könnten.«
»Fürchten Sie eine Wiederholung von Daspits Auftritt?«, gab er zurück. »Oder gilt Ihre Sorge in erster Linie dieser sagenumwobenen Truhe?«
»Sie müssen nicht so herablassend über sie reden.«
»Das war nicht meine Absicht. Ich nehme an, da ich bislang nur alles Mögliche über die Truhe gehört habe, fällt es mir schwer, ihr die gleiche Bedeutung beizumessen.«
Plötzlich stand sie auf. »Warten Sie hier.«
Er wollte protestieren und ihr klarmachen, dass dieses Erbstück für ihn nur von geringem Interesse war, doch Juliette hatte bereits das Zimmer verlassen. Einen Moment später kam sie mit der Holztruhe zurück, die im Salon auf ihrem Ehrenplatz gestanden hatte. Obwohl sie nicht groß war, schien sie doch einiges zu wiegen. Nicholas stand sofort auf, ging Juliette entgegen, um sie ihr abzunehmen und auf dem Boden abzusetzen.
»Wir können sie natürlich nicht öffnen, denn das würde den von Maman behaupteten Fluch auslösen, der über jeden kommt, der es wagt, in die Truhe zu schauen. Aber die Truhe an sich ist recht alt und hat allein deshalb schon einigen Wert.«
Nach allem, was Nicholas über derartige alte Objekte wusste, schien Juliette recht zu haben. Das Holz war gut aufeinander abgestimmt und an den Stellen poliert, an denen zwei Stücke miteinander verbunden waren. Die Schnitzereien auf der Oberfläche waren kunstvoll ausgeführt, stilisierte Blätter und Weinranken überzogen das Holz, Blütenblätter waren in Elfenbein eingelegt. Verschluss und Scharniere sahen nach ziseliertem Silber aus. Mit ihren arabesken Schnörkeln wirkte sie exotisch, ja fast sogar erotisch, und das Holz war fast sicher eine fernöstliche Art namens Palisander. Es war seiner Meinung nach kein Objekt, das man für gewöhnlich im Besitz einer Bäuerin fand - und auch nicht im Besitz der verwaisten Tochter eines Pariser Kaufmanns. Das war eine Kostbarkeit aus dem Ancien Regime, ein Stück aus dem Leben einer Lady, die es auf ihren Reisen durch die Welt nach New Orleans verschlagen hatte. Vielleicht war eine Katastrophe oder ein Todesfall in einer Adelsfamilie für sie der Grund, den Ozean zu überqueren und ins damalige Neue Frankreich zu reisen.
Möglich war aber auch, dass sie irgendeine Beziehung zu einer wohlhabenden Familie hatte, der sie diese Truhe einfach gestohlen hatte.
»Ihre Vorfahrin, der dies hier gehörte ...«, begann er.
»Marie Therese.«
»Ja, genau. Marie Therese. Was war mit ihr?«
»Ich weiß nichts über die Zeit, bevor sie herkam. Nach ihrer Reise blieb sie so wie andere Bräute bei den Ursulinen-Nonnen. Die Männer der Kolonie, die eine Ehefrau suchten, kamen zu den Schwestern, wo sie unter deren wachsamen Blicken mit ihrem Werben begannen. Die meisten Frauen brannten darauf, Herrin in ihrem eigenen Haus zu
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