Schwerter der Liebe
ausgelöst, dass sie sich in Körpergröße, athletischer Statur und Ausstrahlung so sehr glichen, dennoch sahen die beiden sich auch vom Gesicht her verblüffend ähnlich.
Mit einem lebhaften Rascheln ihrer Röcke kam die Gastgeberin zu den beiden geeilt. »Das reicht jetzt, bitte, Gentlemen«, sagte sie mit einem gefälligen Lächeln. »Ich werde nicht zulassen, dass sich die Leute erzählen, meine Einladungen würden in Schlägereien ausarten. Zudem verbitte ich mir, dass meine neuen Möbel in irgendeiner Weise in Mitleidenschaft gezogen werden. Kommt und vertragt euch wieder, mon chers, sonst bekommt der arme Rio bis Mardi Gras bei jeder Mahlzeit Orangen und Würstchen vorgesetzt.«
Gut die Hälfte der Gäste war taktvoll genug, untereinander Gespräche zu beginnen, um die betretene Stille zu überspielen, die nach Celinas Einschreiten entstanden war. Die andere Hälfte wirkte ein wenig enttäuscht, dass sie keinen spontanen Fechtkampf zu sehen bekommen hatte, mit dessen Geschichte man mindestens für den nächsten Monat überall zu Tisch gern gesehen gewesen wäre.
Juliette befand sich in einer Zwickmühle. Sie brannte darauf, das Ausmaß von Nicholas' Verletzung zu erfahren, doch es war offensichtlich, dass er darüber nicht reden wollte. Es mochte zum Teil mit der üblichen Abneigung der Männer Zusammenhängen, irgendwelche Schwächen zuzugeben. Doch es war auch denkbar, dass eine solche Schwäche eines Fechtmeisters von so gutem Ruf eine Herausforderung durch jemanden nach sich ziehen konnte, der bei geringem Risiko seinen eigenen Ruf aufbessern wollte. Hinzu kam, dass es ihm sicherlich auch missfiel, seiner Verlobten zu schildern, wo und unter welchen Umständen er sich die Verletzung zugezogen hatte. Dass man ihn überfallen hatte, als er sich mit einer maskierten Kokette in der Dunkelheit vergnügte, würde seiner Position als zukünftiger Ehemann zweifellos schaden. Das musste auch der Grund sein, wes-
Halb er kein Wort davon gesagt hatte, als sie gestern und am heutigen Nachmittag gemeinsam ihre Zeit verbrachten. Er würde nicht ihre Neugier wecken wollen, und im Gegenzug befand sie sich in keiner besseren Position. Sprach sie ihn auf die Verletzung an, lief sie Gefahr, ihm erklären zu müssen, wieso sie überhaupt davon wusste.
Wie sehr sie sich doch wünschte, sie hätte sich niemals auf dieses dumme Täuschungsmanöver eingelassen. Dadurch war die ohnehin belastete Situation nur noch komplizierter geworden, und Juliette war gezwungen, sich vor jeder verräterischen Bemerkung zu hüten — ein Verhalten, das ihr völlig fremd war. Wenn sich das noch viel länger hinzog, würde sie nicht umhin können, ihm die Täuschung zu beichten, um ihr Gewissen zu erleichtern. Gleichzeitig ertrug sie aber nicht den Gedanken, Nicholas könnte erfahren, wie weit sie von dem reinen, edlen Bild entfernt war, das er von ihr hatte.
Es war an der Zeit, von den Speisen zu kosten, die Celina für ihre Gäste bereitgestellt hatte. Nicholas hielt die Teller für sie beide, während Juliette die Auswahl traf, dann suchten sie sich einen Platz auf einem der Sofas an der Wand. Während Nicholas noch einmal losging, um zwei Gläser Wein zu holen, saß sie mit dem Essen da und schaute ihm nach. Sie überlegte, wie sie wohl herausbekommen konnte, was sie wissen wollte, ohne ihr eigenes Geheimnis zu verraten, da wurde sie plötzlich angesprochen.
»Mademoiselle Armant?«
Sie drehte sich um und entdeckte neben sich den Amerikaner, der nach Bergen und Wäldern aussah und sich höflich verbeugte.
»Monsieur?«
»Ich hatte gedacht, Monsieur Pasquale würde mich Ihnen vorstellen. Aber da er im Moment verhindert ist und es sich um einen zwanglosen Abend handelt, werden Sie mir vielleicht gestatten, dass ich mich Ihnen persönlich vorstelle. Kerr Wallace, Mademoiselle, zu Ihren Diensten.«
»Sind Sie ein Bekannter meines Verlobten?«
»Wenn Sie meinen, ob ich ein Maitre d'armes bin, muss ich das leider verneinen. La Roche bringt mir die Kunst bei, mit der Klinge umzugehen. Oder besser gesagt, er versucht, es mir beizubringen. Ich hoffe, ich werde noch gut genug, bevor er seinen Fechtsalon schließt.«
» Enchante , Monsieur Wallace.« Sein Akzent war grässlich, sein Französisch jedoch recht fließend. Vielleicht war er doch nicht der Barbar, für den sie ihn gehalten hatte. Sie streckte ihre Hand aus, er ergriff sie lange genug, dass es wie ein Kompliment, aber nicht wie ein Affront wirkte, gleichzeitig verbeugte er sich
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