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Schwerter der Liebe

Titel: Schwerter der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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um das Familienerbe an sich zu reißen. Anstatt ihm so etwas gar nicht erst zuzutrauen oder ihn darauf anzusprechen, wollte sie sich lieber selbst davon überzeugen, dass alles noch an Ort und Stelle war.
    Was hatte sie in der Truhe bloß vorgefunden, das sie vor Schreck so erstarren ließ? Was konnte sie dazu veranlasst haben, den Deckel gleich wieder behutsam zu schließen, ohne den Inhalt der Kiste zu berühren?
    Er sah, dass sie sich zur Tür umgewandt hatte. Auf keinen Fall wollte er, dass sie ihn dort entdeckte. So leise, wie er ihr gefolgt war, schlich er zurück ins Schlafzimmer und schloss hinter sich ab. Er legte sich ein Stück Flanellstoff um, das für ihn hingelegt war, und rasierte sich schnell. Dann zog er seine klamme Hose aus und holte seine Abendkleidung. Nachdem er fertig angezogen war, griff er nach Zylinder, Cape, Handschuhen und Stock, dann kehrte er auf den Laubengang zurück.
    Aus Madame Armants Schlafzimmer waren nach wie vor Frauenstimmen zu hören, doch diesmal hörte er, dass Juliette mit ihrer Mutter sprach. Paulette war sicher inzwischen gegangen. Beim Ankleiden waren ihm die Ankunft einer Kutsche und die gemurmelte höfliche Unterhaltung nicht entgangen.
    Der Salon war nun menschenleer. Nicholas' Blick fiel auf die Truhe und verharrte dort einen Moment lang, dann ging er auf sie zu.
    Zwar war das Schloss kunstvoll verziert, aber so einfacher Bauart wie die Schlösser an Schränken und Schubladen, in denen man scharfe Messer, Tee und teure Gewürze aufbewahrte. Er griff nach der Kette seiner Taschenuhr, die vor seiner hell und dunkel gestreiften Weste hing, und zog den Schlüssel für seinen in Frankreich hergestellten Degenkoffer heraus. Es war zwar ein anderer Schlüssel, doch er würde genügen.
    Sekunden später konnte er den Deckel anheben, und fast im gleichen Augenblick kam ihm ein Ton über die Lippen, der zu gleichen Teilen von Wut und Bestürzung ausgelöst wurde.
    Weder Edelsteine noch Gold lagen in der Truhe, auch keine Banknoten oder Anteilsscheine irgendeiner Art. Es gab nicht mal ein Dokument, das bewies, wer Juliettes berühmte Vorfahrin wirklich war oder dass Valaras Urgroßmutter tatsächlich aus der Sklaverei entlassen worden war.
    Da war rein gar nichts. Die Truhe war leer.
    Sie war leer, und Juliette hatte ihn allein mit ihr im Salon ertappt. Er war der Letzte, der die Truhe berührt hatte, bevor sie sich zum Nachsehen entschied. Seine Braut für eine Nacht glaubte nun, er habe sie beraubt und ihr nicht nur ihre Unschuld, sondern auch ihr Geburtsrecht genommen.
    Lautlos klappte Nicholas den Deckel wieder zu und verschloss die Truhe, dann nahm er Hut und alles andere an sich, was er zur Seite gelegt hatte, und machte sich auf die Suche nach den Ladies, die er begleiten sollte.
    Juliette gab sich kühl und distanziert, als sie den kurzen Weg bis zum Theater zurücklegten. Die wenigen Bemerkungen, die sie machte, waren an ihre Mutter gerichtet, und ebenso hatte sie sich bei ihr untergehakt, um sie zu stützen, während Nicholas für sich allein ging. Im Theater lud sie ihn nicht ein, sich zu ihr in die Loge zu setzen, sondern ließ ihn stehen, als sei er nicht ihr rechtmäßig angetrauter Ehemann, sondern lediglich ein lästiger Verehrer.
    Nicholas weigerte sich, sie darauf anzusprechen. Stattdessen gab er sich höflich, liebenswürdig und bewusst charmant. Er lächelte, verteilte freundliche, ernst gemeinte Komplimente, verbeugte sich vor denen, an denen er vorbeiging, ebenso wie vor jenen, die ihn von der anderen Seite mit Handzeichen grüßten. Falls ihm jemand einen Seitenblick zu warf und dann seinen Platznachbarn anstieß, sah er davon nichts. Und wenn Ladies hinter ihren Fächern kicherten und tuschelten, tat er so, als würde er es nicht bemerken.
    Mit dem Rücken zur Logenwand stand er da und wachte über die Ladies, die nun seiner Obhut unterstanden. Seine Miene verriet keine Regung, doch in seinem Inneren kochte er vor Wut.
    Es war unvorstellbar, man könne ihn des Diebstahls verdächtigen. Schließlich hatte er nichts getan, was eine solche Spekulation rechtfertigen würde. Was das Ganze umso schlimmer machte, war die Tatsache, dass man ihm diesen Diebstahl nicht einmal vorgeworfen hatte. So blieb es ihm verwehrt, sich zu verteidigen und den Verdacht zu zerstreuen.
    Aber das würde er schon noch machen, ganz sicher.
    Vor ihm saß seine Braut in engelsgleichem Weiß, dem Symbol für Reinheit. Der Schein der Waltran-Kerzenhalter des Theaters ließ ihr Haar

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