Schwerter der Liebe
konnte. Von dort war es dann nicht mehr so schwierig, deiner Fährte zu folgen.«
Nicholas sah den Mann an, der seit fast zwei Jahren sein Freund war, aber jetzt mit einem Mal so viel mehr für ihn verkörperte. Ein ironisches Lächeln umspielte seinen Mund. »Du bist ein Romantiker, mon frere.«
Gavin Blackford neigte den Kopf. »Eine unvermeidliche Schwäche, die in der Familie zu liegen scheint.«
»Und weil es eine familiäre Verbindung gibt, soll ich riskieren, dass du an meiner Stelle getötet wirst? Das sehe ich nicht so. Nicht einmal, wenn es notwendig wäre — was es aber nicht ist. Wir werden uns später darüber unterhalten, aber jetzt ...«
»Aber jetzt ist Daspit so weit. Ja, ich sehe es.« Gavin kniff den Mund zusammen, senkte den Kopf und zog ein weißes Seidentaschentuch hervor. Dann nahm er Nicholas' linken Arm und wickelte das Tuch um das Handgelenk, um die empfindlichen Arterien zu schützen. »Aber ich warne dich, weil ich dich beim Wort nehmen werde.«
Die Sonne kam über den Horizont und schob sich durch den Nebel, während der Himmel im Osten den Rosaton von Kamelien annahm. Ein Blauhäher stieß seinen Warnruf aus. Gavin und Caid begaben sich zu den anderen für den Abgleich der Waffen. Nicholas blieb allein zurück, atmete die frische Morgenluft tief ein und versuchte, zur Ruhe zu kommen.
Gavin, sein Bruder. Was hatte das zu bedeuten? Bedeutete es überhaupt etwas? Gewiss änderte sich dadurch nichts. Und doch fühlte er sich auf eine Weise anders, die er nicht verstehen konnte. So, als hätte er einen Teil von sich wiedergefunden, der ihm immer gefehlt hatte.
Er war nicht der Ansicht gewesen, es könnte etwas ausmachen, vaterlos zu sein. Schon vor langer Zeit hatte er aufgehört, darüber zu spekulieren. Nun musste er aber feststellen, dass er diese Sache lediglich verdrängt hatte, und das beunruhigte ihn. Genauso irritierte ihn, dass es ihn nicht nur seinetwegen, sondern auch wegen seiner Mutter kümmerte. Sein Vater hatte sie nicht vorsätzlich im Stich gelassen, sondern er war dazu gezwungen worden. Er wünschte, sie hätte es noch erfahren können.
Ein weiterer beunruhigender Gedanke schloss sich im nächsten Augenblick an. Was würde Juliette zu dieser neuen Entwicklung sagen? Kümmerte sie sich überhaupt um irgendetwas, das ihn betraf?
Einen Moment später war alles bereit. Caid kehrte mit der flachen Kiste aus Rosenholz zu ihm zurück, in dem sich Nicholas' Rapiere von Coulaux et Cie. befanden. Nicholas öffnete sie und hob eine der Klingen von der Samtauskleidung hoch und umschloss das Heft, woraufhin sie sich wie von selbst ins Gleichgewicht brachte, als wäre sie ein Teil von ihm. Er bewegte sein Handgelenk, bis es sich geschmeidig anfühlte, und beschrieb eine Reihe so schneller Bewegungen, dass es so wirkte, als könne der Stahl ihm kaum folgen. Mit dieser Waffe hatte er noch nie verloren. Vielleicht würde die schützende Kraft, die sie zu besitzen schien, ihm auch an diesem Morgen zur Seite stehen.
Nicholas und seine beiden Freunde bewegten sich durch kniehohe Nebelschwaden zum Kampffeld, das mit Kreidepulver gekennzeichnet worden war. Daspit kam ihm mit seinen Sekundanten entgegen, während der jeweilige Arzt zurückblieb und seine Instrumente auf einem Laken auf dem Boden ausbreitete. Die Sekundanten blieben an der Seitenlinie stehen, während die beiden Duellanten den langen, schmalen Streifen des Kampffelds betraten. Von jetzt an mussten sie sich innerhalb dieses Felds bewegen und die gekennzeichneten Endabschnitte meiden, denn wer sie betrat, über den wurde schnell getuschelt, er könne ein Feigling sein. Nichts war für einen Fechtmeister schlimmer als dieser Vorwurf. In New Orleans als Lump zu gelten war keine großartige Sache. Aber als Feigling bezeichnet zu werden, bedeutete, dass man für den Rest seines Lebens ruiniert war.
Als sie noch eine Degenlänge voneinander entfernt waren, blieb Nicholas stehen und erwiderte Daspits Geste, der seine Klinge zum Salut hob. Dann warteten sie beide ab.
Pflichtgemäß wurden die Verhaltensregeln wie im Nouveau Code du Duel von Comte du Verger de Saint-Thomas formuliert vorgelesen. Daspits erster Sekundant gewann den Münzwurf um die Position, sodass Nicholas sich so stellen musste, dass er in die erst noch aufgehende Sonne blickte. Gavin gewann den zweiten Münzwurf, womit er die Kommandos geben durfte. Er trat vor an den Rand des Feldes und sah von einem Mann zum anderen.
Es war der Moment, in dem das Duell
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