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Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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in sein Bewusstsein. Neugierig wandte Salah ad-Din den Kopf und hob die Brauen. »Wie alt sagtest du ist der Bursche?« Obgleich Adil sich bemühte, seiner Stimme einen gleichgültigen Ton zu verleihen, war die Neugier, die darin mitschwang unüberhörbar. »Etwa zwanzig oder einundzwanzig, schätze ich«, erwiderte der Sultan stirnrunzelnd. Es war schwer, das Alter des reif wirkenden jungen Mannes zu schätzen, da der Krieg, mit dem er aufgewachsen war, ihn abgeklärt haben musste. »Einundzwanzig«, murmelte al-Adil versonnen und überschlug blitzschnell die Ereignisse der Vergangenheit. »Damals waren wir in Alexandria eingeschlossen«, sinnierte er und suchte den Blick des Bruders, der zustimmend nickte. Während dieser Zeit hatte Salah ad-Din auf Befehl des aus Aleppo stammenden Nur ad-Din das Ziel verfolgt, den schiitischen Kalifen in Kairo abzusetzen und Syrien mit Ägypten wiederzuvereinigen, was zwei Jahre später auch gelungen war. »Und die Franken haben gemeinsam mit den Ägyptern versucht, uns zu vertreiben«, stellte Salah ad-Din mit einem nostalgischen Leuchten in den Augen fest. Al-Adil nickte. »Ja«, beschied er nüchtern. »Und ich habe mit den Baronen verhandelt.«
    Eine Pause, in der beide ihren Gedanken nachhingen, wurde lediglich unterbrochen vom Knistern und Zischen des Feuers, in das der Saft der platzenden Kiefernholzscheite tropfte. »Balians Tochter«, murmelte al-Adil schließlich. Das dreizehnjährige Mädchen hatte ihren Vater auf der diplomatischen Mission begleitet, um einen zukünftigen Gemahl aus den vor Alexandria aufmarschierten Rittern und Edelleuten auszuwählen. Doch – soweit al-Adil wusste – war dieses Vorhaben nicht von Erfolg gekrönt gewesen. Kaum hatte sie bei den Verhandlungen mit den Baronen einen Blick auf Adil geworfen, war das Mädchen in schwärmerischer Liebe für den Fremden entbrannt, und es war dem damals kaum Zwanzigjährigen ein Leichtes gewesen, sie mehr als nur einmal aus dem Schutz der Argusaugen ihrer Anstandsdame zu locken. Mit einem amüsierten Schmunzeln dachte er an die Stunden der enthemmten Freude zurück, welche sie miteinander geteilt hatten, bevor Balian von Ibelin, ihr Vater, unvermittelt hatte abreisen müssen; was natürlich bedeutet hatte, dass auch sie abschiedslos aus seinem Leben verschwunden war. Niemals allerdings hatte er daran gedacht, dass die unbeschwerte Liebelei, die er mit dem Mädchen geteilt hatte, eine Frucht hätte tragen können. »Wie sieht er denn aus?«, fragte er nach langen Minuten des Schweigens.
     
     
    Vor den Toren Antiochias, September 1190
     
    »Ich verstehe nicht, warum wir nicht wenigstens bis Beirut der Küste entlang marschieren«, murrte Ansbert ungehalten, als er sich nach acht Wochen Ruhe und Erholung wieder in den Sattel seines unheroischen Reittieres geschwungen hatte. Arnfried von Hilgartsberg, der in der Zeit, welche die erschöpften Kreuzfahrer in der Sicherheit der stark befestigten Stadt zugebracht hatten, oft an der Seite des jungen Mönches zu finden gewesen war, schüttelte ebenfalls erzürnt den Kopf. Im Schneckentempo zuckelten die Reiter auf die Berge im Osten zu, wo sie sich im Hinterland durch die Sümpfe schlagen würden. Dieser Weg war nach langen Debatten und Diskussionen festgelegt worden, und viele der Ritter hatten hinter vorgehaltener Hand Bedenken geäußert. Missgelaunt funkelte Arnfried den Rücken des weit vor ihnen reitenden Herzogs von Österreich an. »Es ist hirnverbrannt, durch die Sümpfe zu ziehen!«, grollte er zustimmend und tätschelte seinem Schimmelhengst, der seine schlechte Laune zu spüren schien, beruhigend den Hals. »Aber seit Barbarossas Tod ist mit dem Herzog von Schwaben nichts mehr anzufangen.« Entgegen den Erwartungen des Hilgartsbergers hatte sich dieser nach der Präparierung der Gebeine des toten Kaisers in Antiochia nicht gefangen, sondern war noch tiefer in die Depression abgesunken, die ihn seit dem Abstieg aus der anatolischen Hochebene fest in ihren Klauen hatte. Dies erklärte auch, warum er die von Leopold von Österreich vorgeschlagene, im Rat beschlossene Marschroute ohne Widerrede akzeptiert hatte.
    Heute, am Tag ihres Aufbruchs aus der christlichen Enklave, ritt der Herzog von Schwaben mit feierlicher Miene hinter einem prächtig geschmückten Wagen her. Dieser sollte die – inzwischen mit Gold und Silber verzierten – Knochen Barbarossas in einem kostbaren, eigens dafür angefertigten Sarg nach Tyros bringen, wo sie als Reliquien

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