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Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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– mit Erlaubnis der Prinzessin – die Stadt verlassen, in der er seit seiner Gefangennahme vor über drei Jahren sein Dasein fristete, um sich auf die Suche nach den vermissten Karawanen des Juden zu machen, die ihre Güter auf dem Markt in Kairo zu Gold hatten machen wollen. Da die Reise zahlreiche Gefahren barg, hatte Nathan dem Tempelritter zudem einen kostbar verzierten Dolch mit auf den Weg gegeben, dessen Griff er mit zitternden Lippen geküsst hatte, bevor er ihn Curd überreicht hatte. »Gebt gut auf ihn acht«, hatte er mit einem schweren Seufzen gebeten. »Er gehört Rahel.« Ein letztes Mal glitten die rauen Fingerkuppen des Tempelritters über die fingernagelgroßen Juwelen in der Scheide der Waffe, bevor er sie mit einer energischen Bewegung in den Gürtel steckte, einen letzten Blick auf die ärmliche Einrichtung seiner Unterkunft warf und durch die schiefe Tür ins Freie trat, um noch ein wenig durch die überfüllten Gassen der Stadt zu streifen.
     
     
    Vor den Toren Messinas, Oktober 1190
     
    » Der König von Sizilien missachtete Richards Forderungen. Er übersandte ihm seine Schwester und gab ihr nur die Möbel ihres Schlafzimmers mit. Wegen ihrer königlichen Stellung gab er ihr aber eine Million kleiner Goldmünzen für ihre Auslagen.«
     
    Da er immer noch schmollte, warf Richard of Devizes den Sand achtlos auf das tintennasse Pergament und steckte den Federkiel in einen der vielen angebissenen Äpfel, die auf dem Tisch, an dem er saß, verstreut waren. Seit Johanna Plantagenets Ankunft im Lager hatte Löwenherz ihn schmählich vernachlässigt, und am vergangenen Abend den Zorn, den er dem betrügerischen Tankred gegenüber hegte, sogar an ihm ausgelassen. Nachdem er in seinen Pavillon gestürmt war, hatte Löwenherz den jungen Chronisten wütend von der breiten Bettstatt verjagt und sich – als dieser nicht sofort das Weite gesucht hatte – mit hochrotem Gesicht vor ihm aufgebaut, um ihm eine solch mächtige Ohrfeige zu versetzen, dass der Mönch nur mit Mühe und Not das Gleichgewicht hatte wahren können. Daraufhin hatte er ihn am Kragen seines leichten Gewandes gepackt, vor das Zelt gezerrt und mit einem Tritt in den Allerwertesten angebrüllt: »Geh und schreib deinen Bericht!«, hatte er getobt. »Und bleib mir aus den Augen!« Mit mürrischer Miene betastete der blonde Zisterzienserbruder seine immer noch geschwollene Lippe und rollte das Pergament zusammen, ehe er es grober als nötig in eine der ledernen Rollen rammte. Er hatte keine Lust, Heldentaten zu berichten, wo es keine gab!
    Leise vor sich hin brummend trat er in den kühlen Morgen hinaus, der von den ersten zaghaften Sonnenstrahlen grau gefärbt wurde, und zog den wollenen Mantel enger um die Schultern. Die halbe Nacht hatte er auf der harten Liege in seinem eigenen einfachen Zelt wach gelegen und sich in die beleidigte Enttäuschung über die Ungerechtigkeit seines Liebhabers hineingesteigert. Erst kurz vor Morgengrauen hatte er die dicken Kerzen entzündet, um dem Befehl des Königs nachzukommen und den Bericht über Tankreds Wortbruch fertigzustellen. In seinem Rücken schien die Hauptstadt des Königreiches Sizilien noch in tiefem Schlummer zu liegen. Vor ihm, an dem steinigen Strand östlich des Lagers, machte Richards Streitmacht sich dazu bereit, eine kleine sizilianische Insel, von deren schroffem Bergrücken ein trutziges Kloster glotzte, mit einem Überraschungsangriff zu überrennen. Dieses Kloster – den Sitz der streitbaren Griffons – wollte Löwenherz zur Warnung für Tankred überrennen. Außerdem erhoffte sich der englische König von der Eroberung des Bollwerks einen strategischen Vorteil – sollte er sich dazu entscheiden, Messina anzugreifen. Funkelnd brach sich das Licht der aufgehenden Sonne in den seichten Wellen der Brandung. Und als Richard of Devizes noch mit gerunzelter Stirn versuchte auszumachen, wo sich der prunkvolle Helm seines Herrn und Gebieters befand, setzten sich die äußeren Flügel der Armee bereits in Bewegung und rückten auf ihr Ziel vor.

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    »Los!« Während die Dämmerung die Bergkämme in rosiges Licht tauchte, wateten die englischen Soldaten durch das hüfthohe Wasser auf die dem Meer zugewandte Seite des Klosters zu. Zackig hoben sich die Türme der Festung von dem perlgrauen Himmel ab, und mehr als einmal hatte Harold of Huntingdon das Gefühl, dass sich die gefürchteten Armbrüste der wehrhaften Mönche durch die dunkel gähnenden Schießscharten schoben.

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